Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Niceville

Niceville

Titel: Niceville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Stroud
Vom Netzwerk:
irgendeinem Hotel. Hat die Kinder mitgenommen. Die
Hitze hat uns ganz schön fertiggemacht gestern Abend, und sie hat einen
hysterischen Anfall hingelegt, weil ihr Alter da oben in Virginia von der
Bildfläche verschwunden ist und ich nicht genug« – er hob die Hände und machte
mit gekrümmten Zeigefingern eine ironische Geste – » Mitgefühl gezeigt habe, die dämliche Kuh. Ich glaube, ich habe ihr eine gescheuert. Ich
weiß, ich weiß, aber es war eine Scheißwoche. Und zack, schnappt sie sich den
Cayenne und die Kinder und verschwindet in einer Staubwolke.«
    Holliman sah etwas in Deitz’ Gesicht.
    »Hat sie ein blaues Auge?«
    »Nichts, was eine Sonnenbrille nicht verdecken würde. Aber ihre
Schwester Kate ist mit Nick verheiratet, und der hat schon angerufen und
gesagt, dass wir uns treffen müssen.«
    »Klingt nach einer Forderung zum Duell.«
    Deitz sah in den Pool.
    »Ich hab’s auf morgen verschoben, weil ich heute noch einiges zu
erledigen habe, aber wenn wir uns treffen, werde ich ihm wohl mal sagen müssen,
was Sache ist. Ich meine, ich kann mir doch nicht von meinem verdammten
Schwager – und es ist mir scheißegal, ob er ein Kriegsheld ist oder nicht –
vorschreiben lassen, wie ich mit meiner Familie umzugehen habe. Wenn’s sein
muss, werde ich ihm eine verpassen. Und weißt du was, Phil? Ich hätte große
Lust dazu, denn ich bin’s verdammt leid, mir immer irgendeinen Quatsch anhören
zu müssen, und ich hätte nichts dagegen, bei ihm anzufangen. Du verstehst?«
    Holliman trank diplomatisch einen Schluck von seinem Gin Tonic. Wenn
Byron Deitz und Nick Kavanaugh sich in die Haare gerieten, würde er sich gut
überlegen müssen, auf wen er setzte.
    »Ich verstehe. Sag Bescheid, wenn’s so weit ist – dann komme ich und
sehe zu. Aber zurück zum Geschäft, Boss. Ich hab die Schlitzaugen angerufen, um
die Abholung des … Dings zu arrangieren. Ich kriege aber immer nur die
Mailbox.«
    »Gut«, sagte Deitz. »Kein Problem. Es ist noch früh. Die sind beim
Frühstück.«
    »Okay. Frühstück. Alle gleichzeitig. Na klar, diese Schlitzaugen
bewegen sich immer rudelweise.«
    »Tja. Aber ich verstehe, was du meinst. Bleib dran und versuch es
weiter. Ich hab hier was, das du dir mal ansehen solltest. Bin gespannt, was du
dazu sagst.«
    Er nahm den Niceville Register , legte ihn vor Holliman
auf den Tisch und strich die Seite mit der verschwitzten Handfläche glatt.
    Holliman beugte sich vor und las:
     
    Leichenfund im Wald
     
    Bei der
Durchsuchung des Waldes in der Umgebung der am vergangenen Freitag abgebrannten
historischen Sattlerei am Belfair Pike haben Polizisten wenige hundert Meter
von der Ruine entfernt den Leichnam eines Mannes gefunden. Der Mann, bei dem es
sich um einen Weißen von etwa Mitte vierzig handelt, lehnte an einem Baum.
Offenbar hatten sich Coyoten und andere Aasfresser bereits an ihm zu schaffen
gemacht. Nach vorläufigen Schätzungen ist er am Freitagnachmittag zwischen vier
und sechs Uhr gestorben. Eine Untersuchung ergab, dass ihn eine Kugel in den
Rücken getroffen und eine Arterie verletzt hat. Ein zweiter Schuss verletzte
das linke Ohr, ein dritter traf die Kehle und verursachte den wohl letztlich
tödlichen Blutverlust. Anhand der Fingerabdrücke wurde der Mann als Merle Louis
Zane identifiziert, ein ehemaliger Strafgefangener, der wegen versuchten
Totschlags im Staatsgefängnis von Louisiana in Angola inhaftiert war. Martin Coors,
Captain der State Police, bestätigte, dass man jetzt untersucht, ob es eine
Verbindung zwischen dem Toten und dem einige Stunden zuvor auf die First Third
Bank in Gracie verübten bewaffneten Raubüberfall gibt. Bei der anschließenden
Verfolgungsjagd wurden vier Polizisten erschossen.
    Die Ermittlungen dauern an.
     
    »Der dritte Mann«, sagte Holliman. »Das muss der dritte Mann gewesen sein. Sieht so
aus, als hätten sie nach dem Überfall eine kleine
Meinungsverschiedenheit gehabt.«
    »Das ist bei diesen Pennern immer so«, sagte Deitz. »Aber mit wem
hatte er die, das ist die Frage. Und jetzt sieh dir das hier an.« Er blätterte
um und strich über das Farbfoto, das die ganze obere Hälfte der Seite einnahm.
    »Das war bei dieser Geiselnahme in der Saint Innocent Orthodox.«
    Holliman studierte das Foto: ein Durcheinander von Streifenwagen,
zwei Polizisten, die einen Mann in einem grünen Hemd auf den Rücksitz eines
Wagens verfrachteten, ein paar Polizisten in Uniform und Zivil, die breit
grinsend herumstanden und sich

Weitere Kostenlose Bücher