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Niceville

Niceville

Titel: Niceville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Stroud
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zu arbeiten war ein bisschen so, als würde
man ein warmes Bad mit anaeroben Algen teilen, aber die Bezahlung war ziemlich
gut. Doch Zane wollte irgendwann seine eigene Charterbootgesellschaft an
Floridas Golfküste haben und hielt insgeheim Ausschau nach einer Geschäftsidee,
die ihm dies ermöglichen würde.
    Diese Geschäftsidee präsentierte sich eines Tages in Gestalt von
Charlie Danziger, einem hochgewachsenen älteren Mann mit einem langen weißen
Schnauzbart. Er lächelte gern und ein wenig schief, besaß eine heisere,
flüsternde Stimme und hatte etwas von einem Cowboy. Danziger war früher bei der
Highway Patrol gewesen und wegen eines berufsbedingten Leidens – seit einer
Verletzung, die er sich im Dienst zugezogen hatte, war er oxycodonsüchtig –
ausgeschieden. Jetzt war er Bereichsleiter bei Wells Fargo, einer an der
gesamten Ostküste vertretenen Firma für Sicherheitstransporte.
    Danziger hatte Coker bei den Marines kennengelernt – das war nun
schon so lange her, dass keiner von beiden wusste, wo das gewesen war, doch sie
glaubten sich zu erinnern, dass sie damals gemeinsam einen Anschiss bekommen
hatten. Sie waren gegen Ende ihrer Dienstzeit in Quantico, Virginia,
stationiert gewesen, und da ihnen der tiefe Süden weit besser gefiel als der
wilde Westen, waren sie schließlich bei verschiedenen Polizeidiensten in der
Nähe von Niceville gelandet.
    Danziger und Zane begegneten sich bei einer Gebrauchtwagenauktion in
Atlanta. Danziger suchte einen Shelby Cobra Mustang, und bald stellten die
beiden fest, dass sie gemeinsame Bekannte unter den Absolventen der
Gladiatorenschule in Angola hatten. Nachdem Danziger einige Nachforschungen
über Merle angestellt hatte, lud er ihn ein, sich an einer Beschlagnahme zu
Lasten der First Third Bank in einer ländlichen Gemeinde namens Gracie zu
beteiligen. Die Sache erforderte vier Leute, darunter einen guten Fahrer.
    Der vierte Mann, der nicht direkt an dem Coup beteiligt war, hatte –
anonym – eine gewisse Summe erhalten, damit er irgendwo anders im Bundesstaat
ein Ablenkungsmanöver inszenierte, ein Auftrag, den er erfüllen würde oder auch
nicht.
    Wie sich herausstellte, war sein Ablenkungsmanöver von geradezu
katastrophaler Dimension.
    In der Vorbereitungsphase jedenfalls hatte Zane Charlie Danzigers
Plan, zu dem auch sein Freund Coker und die Barrett Fifty gehörten, zwar
äußerst brutal, aber taktisch richtig gefunden, und da die Bullen in Cocodrie
und die Aufseher in Angola ihm die Vertreter der vollziehenden Gewalt nicht
sympathischer gemacht hatten, war er, für einen Anteil von dreiunddreißig
Prozent, in die Sache eingestiegen. Die gefährlichste Phase dieser Operation –
die Aufteilung der Beute – stand noch bevor.
    Und jetzt warteten die beiden Männer mit schwindender Geduld in den
feuchten und stinkenden Räumlichkeiten des Belfair Pike General Store, knapp
einen halben Kilometer südwestlich der Route 311 im tiefen, dunklen Wald. Sie
waren Kettenraucher, doch keiner wollte hinausgehen, um eine zu rauchen, und
die von einer offenen Flamme hier drinnen ausgelöste Explosion von Heustaub und
Fledermausguano hätte vermutlich unliebsame Aufmerksamkeit erregt. So saßen sie
ein paar Meter voneinander entfernt, Merle auf einer Öltonne, Danziger auf
einem wackligen dreibeinigen Schemel. Beide starrten ins Leere, während sich
das Licht draußen langsam von Grünlichgelb zu Rotorange färbte.
    Gelegentlich hörten sie das entfernte Wummern eines Hubschraubers
oder das Dopplerjaulen der Sirene eines vorbeifahrenden Polizeiwagens. Die
Jungs rasten dahin und dorthin, hin und her und, wenn sich die Gelegenheit bot,
auch seitwärts.
    In der Scheune hatte man unausgesprochen, aber in zunehmendem Maße
das Gefühl, dass der Höhepunkt der Aktivitäten vorüber war und die Suche jetzt
ausgedehnt und auf größere Teile des Countys und des Bundesstaates ausgeweitet
wurde.
    Die Einnahmen befanden sich, noch ungezählt, in vier großen,
schwarzen Seesäcken, die fürs Erste in einem betonierten Keller unter einer
Ecke des Gebäudes verstaut waren. Die Luke war unter einem Haufen alter Bretter
und Autoreifen verborgen.
    Der schwarze Magnum, gründlich von allen Spuren gesäubert und mit
einer Plane abgedeckt, stand in einem ehemaligen Pferdestall, wo er Staub
ansetzen würde.
    Zwei beinahe identische beigefarbene Limousinen, die eine ein fast
neuer Ford, die andere ein älterer Chevy, beide ausgestattet mit plausiblen
Nummernschildern und Papieren,

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