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Nicholas Dane (German Edition)

Nicholas Dane (German Edition)

Titel: Nicholas Dane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melvin Burgess
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wusste, dass es so war, selbst wenn er nicht wusste, warum.
    Er rannte, bis er außer Atem war und sicher sein konnte, dass ihm niemand folgte. Dann verlangsamte er seine Schritte und sah sich um. Er war am Rand eines Parks mit vielen Bäumen. Er ging in den Park und hatte das Gefühl, er wäre dort schon einmal gewesen. Tatsächlich befand er sich ganz in der Nähe der Palatine Road, die für Davey und ihn bei ihrer Flucht aus Meadow Hill der Weg in die Freiheit gewesen war.
    Er lief herum, bis er die Hauptstraße fand, und nahm den nächsten Bus Richtung Stadtmitte. Er setzte sich, zitterte und bibberte und brabbelte vor sich hin, bis sie im Zentrum waren. Dort stieg er um und fuhr zu Jenny. Inzwischen war es vier Uhr nachmittags, aber es war niemand zu Hause – Jenny hatte an dem Tag Spätschicht und Grace und Joe waren im Hort. Doch Nick hatte von Jenny einen Schlüssel bekommen, so dass er ins Haus konnte. Er ging die Treppe hoch in ihr Zimmer, zog die Vorhänge zu, legte sich in ihr Bett und fiel in einen unruhigen Schlaf. Bilder überfielen ihn, die er seit Monaten nicht mehr vor Augen gehabt hatte – er sah Tony Creal, die Gesichter der anderen beiden Männer in der Arrestzelle … und Oliver, Oliver, Oliver …
    Jones ging in den Pub zurück und setzte sich zu Manley und Stella.
    »Haste ihn gefunden?«
    »Hat die Flocke gemacht.«
    »Wieso das?«
    »Rate mal, wer da draußen sitzt und Bier trinkt«, sagte Jones und deutete mit dem Kopf nach hinten.
    Manley blickte misstrauisch Richtung Tür.
    »Niemand anders als Creal.«
    »Creal«, sagte Manley.
    »Du kennst Creal.«
    Manley nahm einen Schluck Bier. »Ich weiß, wen du meinst«, sagte er. »Was macht der hier?«
    »Na, Bier trinken.«
    Stella sah die beiden an. »Wer ist Creal?«, fragte sie. »Was ist denn los, Ben?«
    Jones reagierte nicht auf sie. Er saß da und klopfte mit dem Finger auf den Tisch.
    »Wer ist Creal?«, wiederholte Stella, aber Jones guckte sie so scharf an, dass sie sich entschied zu schweigen.
    »Willst du noch ’n Bier?«, fragte Manley einen Augenblick später.
    »Du?«
    Manley überlegte. »Ob der sich an uns erinnert?«
    »Glaub schon, du nich?«
    »Aber ob der uns erkennt?«
    »Lange her, nich?«
    »Ja.«
    Wieder Schweigen. »Weißt du was«, sagte Manley. »Meadow Hill is gar nich so weit weg von hier.«
    »Stimmt«, sagte Jones. Die beiden hingen eine Weile dem Gedanken nach, wie merkwürdig es war, dass ein Heim wie Meadow Hill und ein Pub, in dem man feierte und sich des Lebens freute, so nah beieinanderlagen.
    »Dann is er immer noch da«, sagte Manley.
    »Er hat ’n Jungen bei sich«, sagte Jones. Er überlegte einen Moment und fügte dann hinzu: »Immer noch.«
    Wieder kurzes Schweigen. Dann traf Manley eine Entscheidung.
    »Ich hab genug«, sagte er. »Fahren wir zurück.«
    Ohne ein Wort zu sagen, standen die beiden Männer auf und gingen zur Tür. Stella, die überhaupt nichts verstand, folgte ihnen. An der Tür schickte Jones Stella zum Auto, dann stellte er sich auf die Veranda, Manley hielt sich dicht hinter ihm.
    Jones zeigte zu der Bank, auf der Creal saß.
    »Ja, das isser«, sagte Manley.
    »Guck ihn dir an«, sagte Jones sanft, »sitzt da und trinkt sein Bier, als könnt er kein Wässerchen trüben.«
    »Zum Bierholen isser doch bestimmt reingekommen, meinste nich?«
    »Und wenn er uns gesehen hat?«
    »Tja.«
    Jones überlegte. »Würde er dann noch hier sitzen?«
    »Wahrscheinlich nich.«
    »Hoffentlich. Und wenn – kann uns doch egal sein, ob der uns gesehen hat«, herrschte Jones plötzlich Manley an. »Wir haben doch nix getan. Der muss doch Schiss haben.«
    »Wovor denn?«, spottete Manley. »Vor der Polizei? Du weißt doch genau wie ich, dass der vor gar nichts Schiss hat.«
    Sie blickten noch einmal um die Ecke zu Creal und dessen Freund hinüber und dachten darüber nach, wie ungerecht es war, dass Creal unbehelligt da sitzen konnte, obwohl er so Schreckliches getan hatte.
    »Dieser Scheißkinderficker«, sagte Jones. »Dieser miese, beschissene Kinderficker. Guck dir den Jungen an. Das könnte dein Sohn sein oder meiner. Dieser miese, beschissene Kinderficker.«
    »Für den ist die Todesstrafe noch zu wenig«, stimmte Manley zu. Sie blieben noch einen Moment, dann richteten sie sich auf und schlugen einen Bogen, um zu ihrem Auto zu gelangen. Sie wollten auf jeden Fall vermeiden, dass Creal ihre Gesichter sah. Selbst jetzt, Jahre später, fürchteten sie sich vor ihm, obwohl er ihnen nichts

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