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Nicholas Dane (German Edition)

Nicholas Dane (German Edition)

Titel: Nicholas Dane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melvin Burgess
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vorbei und dabei fiel sein Blick auf das Gesicht eines der beiden Männer. Das erschütterte ihn dermaßen, dass er eine Sekunde lang glaubte, er würde auf Watte treten, sein ganzer Körper wäre weg. Er fing sich und wandte sich schnell ab, bevor man ihn sah. Er ging zurück in die Kneipe. Auf einmal war er so nüchtern wie eine Flasche Limo.
    Im Lärm, der dort drinnen herrschte, fühlte er sich geborgen, doch da er einfach nicht glauben konnte, was seine Augen ihm eben vermittelt hatten, ging er noch einmal hinaus, gucken, auch wenn ihn jede Faser seines Körpers drängte, sich in die Erde einzubuddeln oder aus der Hintertür abzuhauen, in jedem Fall zu verschwinden. Aber er brauchte Gewissheit. Er ging hinaus und schlüpfte auf die Veranda, wo er vom Garten aus nicht gesehen werden konnte. Einen Moment lang blieb er stehen, atmete ruhig durch und guckte erst dann um die Ecke.
    Er sah die beiden Männer von der Seite. Den einen hatte er erst einmal gesehen, aber unter Umständen, die er nie vergessen würde. Der andere war Tony Creal.
    Nick entfuhr ein leises Wimmern. Hier im Garten der Kneipe saßen Tony Creal und einer der Männer, mit denen er Nick in der Arrestzelle vergewaltigt hatte.
    Nick zog sich auf die Veranda zurück und lehnte sich an die Wand, bevor er wieder den Kopf um die Ecke schob, um noch einen Blick zu wagen. Kein Zweifel. Es war Tony Creal, der da saß wie ein netter alter Onkel, schön warm angezogen in grauem Mantel und Wollhut, vor sich ein Glas Guinness, so, als müssten sich alle glücklich schätzen, dass einer wie er in dieser Welt unterwegs war. Und daneben der Junge. Und die beiden kleineren Jungen mit ihrer Mutter und ihrem Vater und dem lieben Tony Creal.
    »Puppenjungs«, flüsterte Nick vor sich hin und spürte in seinem verwundeten Herzen eine Welle von Hass aufsteigen – auf Creal und auf dessen Opfer.
    Er lehnte sich an die Wand. Gleich würde er gehen, er war ja weg, weg von dort. Er musste nur seinen Kopf klarkriegen und den richtigen Moment abwarten. Aber bevor er so weit war, ging die Tür auf und Jones kam heraus. Er trat auf die Veranda, mit seinem Glas in der Hand, und hielt nach Nick Ausschau. Dann sah er ihn der Wand kleben wie eine Krabbe, die sich versteckt.
    »Was machst du denn da?«, fragte Jones.
    »Bin hier hängengeblieben«, sagte Nick leise. Unwillkürlich guckte er an Jones vorbei, weil er sehen wollte, was Creal tat.
    »Du sollst mir Bescheid sagen, wenn du dich verkrümelst«, sagte Jones. Dabei schaute er sich instinktiv um und folgte Nicks Blicken.
    Schweigen. Dann trat Jones plötzlich, ohne ein Wort zu sagen, zurück, genau wie Nick es getan hatte, und drückte sich neben ihn flach an die Wand, genau wie Nick es getan hatte, und legte den Kopf zur Seite, um besser sehen zu können, genau wie Nick es getan hatte. Er atmete zischend aus. Es dauerte einen Augenblick oder zwei, bis Nick realisierte, was Jones sagte.
    »Creal«, flüsterte Jones vor sich hin. »Der liebe Tony. Echt wahr, der scheiß Tony Creal.«
    Jones stand einige Sekunden lang still da, bevor er sich erinnerte, dass Nick neben ihm stand. Er drehte sich abrupt um und blickte zu dem Jungen hinunter. Jones hatte seine glupschigen Augen weit aufgerissen, sie blickten so furchtsam wie vor über zwanzig Jahren, als er zum ersten Mal zu spüren bekommen hatte, wozu Tony Creal fähig war.
    Jones und Nick sahen sich in die Augen. Es gab nichts zu verstecken. Sie wussten sofort, dass sie beide Erfahrungen mit diesem Mann gemacht hatten.
    Nick wollte nicht wissen, wie Jones darauf reagieren würde. Er kannte den Hass, den Creal hervorrief. Ohne eine Sekunde zu überlegen, schoss er die Vortreppe hinunter, hielt den Kopf gesenkt, damit er nicht erkannt wurde, raste auf die Straße und rannte weg. Jones wollte ihm hinterher, doch dann bremste er sich, trat zurück und drückte sich an die Wand. Er blickte noch einmal um die Ecke, weil er sichergehen wollte, dass es wirklich und wahrhaftig Tony Creal war, der dort saß und sein Bier trank. Dann ging Jones zurück in die Kneipe.

30
  Das Herz von Jones
     
    Das war nicht gerade etwas, das man über Jones wissen wollte. Nick hätte nicht sagen können, wer ihm mehr Angst machte, Jones oder Creal. Nick ging davon aus, dass Jones ihm mit dem gleichen ungerechtfertigten Hass begegnen würde, mit dem er gerade selbst auf den armen Jungen neben Creal reagiert hatte oder den er damals vor vielen Monaten bei seiner Attacke auf Oliver gespürt hatte. Nick

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