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Nicholas Dane (German Edition)

Nicholas Dane (German Edition)

Titel: Nicholas Dane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melvin Burgess
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immer, sich einzureden, dass alles so sein Gutes hatte. Jenny Hayes war einfach nicht die Richtige für Nick – das hatte Mrs Batts ja selbst gesagt. Und was den Pastetenmann betrifft, mit seinen Drogengeschichten und seinem Geld, der hätte den Jungen nur gefährdet. Geld und Drogen waren für jemanden wie Nick eine tödliche Kombination; den Jungen so einem Menschen zu überlassen wäre einem Missbrauch gleichgekommen. Und in einem Internat wäre der Junge wie ein Fisch an Land gewesen. Das hätte gar nichts gebracht …
    Meadow Hill war natürlich nicht perfekt; aber abgesehen von Toms und den Aufsichtsschülern und so weiter gab es auch Leute, die ein Herz hatten – wie er, Tony Creal, eben, der sich um die Jungen kümmerte, sie in Schutz nahm, ihnen Nähe bot. Der ihnen half. Egal, wie alt jemand war, etwas Besseres als eine gute, liebevolle Beziehung zu einem anderen Menschen gab es nicht, um jemanden auf den rechten Weg zurückzubringen. Und wenn die Gesellschaft Creals Auffassung von der Natur dieser Liebe nicht teilte – tja, dann irrte die Gesellschaft eben. Er hatte unzähligen Jungen geholfen. Dass er sich mit ihnen gemeingemacht hatte – man konnte sagen, sich ihnen hingegeben hatte –, mochte im engeren Sinn nicht sehr professionell sein, aber es gab überhaupt keine Beweise dafür, dass er ihnen in irgendeiner Weise geschadet hätte – jedenfalls hatte er nichts dergleichen feststellen können. Im Gegenteil, er war der festen Überzeugung, dass die Jungen, denen er am meisten gab, auch am meisten davon profitierten.
    Nun hatte er so viel für diesen Nick Dane getan. Und was war der Dank? Der Junge hatte sich gegen ihn gewandt. Creal hatte ihm geholfen, ihm Trost gespendet, sich angreifbar gemacht. Ihm vertraut. Und das wurde ihm mit Verrat vergolten.
    »Was will der?«, murmelte er vor sich hin. »Meine ganze verdammte Seele?«
    Im Laufe des Tages wuchs sein Ärger, später jedoch kam Mitleid dazu und ein gewisses Maß an Verständnis. Der Junge war durcheinander – das war nachvollziehbar. Natürlich war es nicht akzeptabel, dass er seinen Schmerz durch solche Gewalt zum Ausdruck brachte oder dass er jemanden verriet, der ihm nur helfen, ihn nur lieben wollte. Nick war älter gewesen als die meisten Jungen, als er ins Heim kam. Die Erkenntnis, dass er für immer hier bleiben musste, hatte ihn offenbar stärker erschüttert, als Creal es erwartet hatte.
    »Ich hätte es langsamer angehen sollen«, dachte er. Immerhin hatte der Junge gerade seine Mutter verloren und ihm war das Herz noch schwer. Creal hätte etwas vorsichtiger sein müssen, als er seine Nähe suchte.
    Er musste Nick Dane einen kleinen Besuch abstatten und herausfinden, was zu retten war.
    Die Schläge sollte Nick von Mr Toms bekommen. Nick hätte es besser treffen können oder auch schlechter. Wenigstens war es nicht der Schimpanse. Drei Abende, dreimal Prügel. Selbst Mr Toms zögerte am zweiten Tag, Nick noch einmal zwölf Hiebe zu verpassen, und am dritten Tag schlug er nur achtmal zu. Das Schlimmste für Nick war, dass an jedem dieser drei Tage weiter nichts geschah. Es gab nichts, woran Nick sonst hätte denken können. Als der Zeitpunkt der Schläge näher rückte, war Nick schon beinahe so weit, dass er darum bettelte.
    Mr Creal wartete mit seinem Besuch, bis die Prügelstrafe abgegolten war. Er wollte Nick zeigen, dass er immer noch sein Freund sein konnte, trotz allem. Er tat alles, um den Jungen zur Vernunft zu bringen – er warf ihm wirklich alles vor die Füße, was er zu bieten hatte. Er argumentierte, weinte und bettelte. Er öffnete sein Herz, doch das Einzige, was er auslöste, war Widerwillen.
    Er hatte bereits eine ganze Stunde bei Nick verbracht, aber Nick hatte ihm stets nur eines versichert:
    »Irgendwann komme ich hier raus«, sagte er. »Und dann gehe ich zur Polizei.«
    Mr Creal wartete noch ein paar Tage, bevor er Nick einen zweiten Besuch abstattete. Liebe hin oder her, nur ein Trottel sieht einfach zu, wie sein Leben zerstört wird. Um seine Botschaft deutlich zu machen, nahm er zwei Kollegen mit. Der eine, Mr Jameson, war Mathelehrer im Heim. Den anderen hatte Nick noch nie gesehen, aber Mr Creal erklärte Nick, bevor sie gingen, dass es sich um einen Polizisten handelte.
    Sie kamen im Dunkel der Nacht. Eine Taschenlampe leuchtete auf, und als Nick erwachte, standen drei Männer um sein Bett herum.
    »Was erzählst du nur für Märchen, Nick?«, tadelte Mr Creal lächelnd und schüttelte den

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