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Nicholas Dane (German Edition)

Nicholas Dane (German Edition)

Titel: Nicholas Dane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melvin Burgess
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Kopf. Einer der Männer beugte sich hinunter und drückte Nicks Schultern aufs Bett. Und dann bekam er seine Lektion.
    Die Details dieses nächtlichen Tuns müssen nicht erzählt werden. Es waren drei Männer bei Nick im Raum, und es handelte sich um Vergewaltigung. Nicks Martyrium währte eine Stunde. Bevor seine Besucher die Tür hinter sich schlossen, steckte Tony Creal noch einmal kurz den Kopf herein, um eine abschließende Bemerkung zu machen.
    »Bis morgen, Nick«, flüsterte er zuversichtlich.
    Danach legte Nick sich jeden Abend zum Schlafen hin, ohne zu wissen, ob es wieder eine Nacht wie jene werden würde. So wurden seine Nächte sehr lang, unvorstellbar lang. Creal und seine Freunde hatten tatsächlich die Absicht, ihn noch einmal aufzusuchen, aber sie kamen nicht dazu. An den drei folgenden Tagen hatte immer einer von ihnen etwas anderes zu tun, und am vierten Tag bekam Mr James einen Brief von Mrs Batts.
    Sie wurde von zwei Seiten unter Druck gesetzt. Zunächst hatte ihr Michael Moberley geschrieben und sie gebeten, ihn über die Entwicklung des Jungen auf dem Laufenden zu halten. Allein durch diese Bitte half er Nick. Das Auge eines Reichen ruhte auf Nick und das genügte schon, dass die Behörde Vorsicht walten ließ. Gleichzeitig hatte Jenny wieder angefangen, Mrs Batts damit zu nerven, dass sie Nick bei sich aufnehmen wollte, und die Sozialarbeiterin fühlte sich bemüßigt, ausnahmsweise direkt bei Mr James eine Ausgangserlaubnis für Nick zu beantragen, nur um zu sehen, wie das diesmal verlaufen würde.
    Natürlich konnte Mr James in Anbetracht dessen, was geschehen war, ihrem Antrag nicht entsprechen – trotzdem beunruhigte es ihn, dass sich Leute von außerhalb für das Schicksal dieses Nicholas Dane interessierten. Er wusste zwar nichts von Mr Creals mitternächtlichem Besuch, aber dennoch, zwei Wochen Arrest und dreimal zwölf Hiebe waren in der Tat eine schwere Bestrafung … und daher entschied Mr James, dass es angebracht war, Nicks Arrest vorzeitig zu beenden.
    Es heißt, Opfer von Vergewaltigungen würden ihr Leben zweiteilen – in vorher und nachher. Vergewaltigung ist etwas, das einen Menschen in einen anderen verwandelt, ein furchtloser wird furchtsam, ein gelassener nervös und ein Held zum Opfer. Wer darüber hinwegkommen will, muss die Angst verlieren – muss aufhören, ein Opfer zu sein, und wieder er oder sie selbst sein.
    Manche empfinden Schmerz als etwas Klebriges. Sie wollen ihn abwischen, doch dann bleibt er ihnen an den Händen haften. Je mehr sie reiben und schrubben, desto mehr breitet er sich aus, als hätten sie Sirup auf der Haut. Andere kommen besser zurecht. Sie lecken sich die schmerzende Stelle, die Wunde schrumpft und heilt zu einer netten, kleinen Narbe, die nur noch dann wehtut, wenn man direkt draufdrückt.
    Wie jemand auf eine Vergewaltigung reagiert, hängt von vielen Dingen ab. Unter anderem davon, wie einen die eigene Vergangenheit gewappnet hat.
    Davey O’Brian zum Beispiel war misshandelt worden, solange er denken konnte, zunächst von seiner Mutter und seinem Vater und von seinen älteren Geschwistern, dann von diversen Erziehern, Lehrern, Polizisten und anderen Menschen, die Macht über ihn hatten. In den meisten Fällen war es körperliche Gewalt. Davey war ein hart wirkender Junge, nicht unattraktiv, er bewegte sich wie ein Terrier und hatte so viel Energie, dass man eine kleine Stadt eine Woche lang damit hätte beleuchten können, wenn man eine Möglichkeit gefunden hätte, ihn zu verkabeln. Aber er sah nicht so gut aus wie Nick, und Typen wie Tony Creal ließen ihn in Ruhe. Trotzdem hätte Davey auch zu diesem Thema die eine oder andere Geschichte zu erzählen gewusst, wenn die Jungen über derartige Erfahrungen geredet hätten.
    In einem der Heime, in denen er war, kamen die Erzieher zwei- oder dreimal in der Woche in die Schlafräume und suchten sich einen Jungen für die Nacht aus. Aber Davey war eben Davey, und er hatte schnell raus, wie er sich die Männer vom Leib halten konnte. Schon als Fünfjähriger sammelte er beim Frühstück Toastbrotkrusten, die er dann am Abend durchkaute und auf sein Kissen spuckte, so dass die Männer dachten, er hätte sich übergeben, und ihn in Ruhe ließen. Oder er zog einen Nachttopf unter einem Bett hervor und kippte ihn über seinem Laken aus.
    »Den nicht, der macht ins Bett«, sagten die Männer und gingen weiter zum nächsten Jungen.
    Davey hatte allerhand abgekriegt – aber er hatte Rückhalt in

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