Nicholas Flame Bd. 1 Der Unsterbliche Alchemyst
zu fühlen, doch Josh stieß seine Hand weg.
Sie zuckten zusammen, als draußen auf dem Korridor ein schmerzerfülltes Katzenkreischen ertönte, gefolgt von Scattys Stimme: »Wir sollten wirklich gehen. Und gerade jetzt wäre ein guter Moment dafür.«
Der Geruch von brennendem Holz wurde starker und graue Rauchfahnen schlängelten sich in die Kammer.
»Wir müssen weg hier. Lass uns später über alles reden«, sagte Flamel mit fester Stimme zu Josh.
»Das werden wir, verlass dich drauf«, erwiderte Josh.
»Komm, wir tragen sie zusammen«, bot Flamel an.
»Das kann ich allein.« Josh hob seine Schwester vom Boden, und seine Gesten machten klar, dass er sie niemand anderem mehr anvertrauen würde. Sophie war überraschend leicht, aber trotzdem war Josh froh, dass das monatelange Fußballtraining ihn stärker gemacht hatte, als er aussah.
Flamel nahm den kurzen Stab, den er an die Wand gelehnt hatte, und warf ihn vor sich in die Luft. Die Spitze leuchtete grün und schwache, smaragdgrüne Rauchkringel stiegen von ihr auf. »Bist du so weit?«, fragte Flamel.
Josh nickte.
»Egal, was passiert, egal, was du siehst – du bleibst nicht stehen, kehrst nicht um! So ziemlich alles, was hinter dieser Tür ist, wird versuchen, dich umzubringen.«
Josh trat hinter Flamel hinaus auf den Korridor – und blieb sofort wie festgefroren stehen. Scatty stand in der Mitte des schmalen Flurs und ließ ihre kurzen Schwerter so schnell durch die Luft wirbeln, dass sie nur noch verschwommen zu erkennen waren. Hinter ihr war der ganze Flur voller Kreaturen – so furchterregend, wie er sie nie gesehen hatte und wie er sie sich in seinen schlimmsten Träumen nicht hätte ausmalen können. Kreaturen, die weder Tier noch Mensch waren, sondern irgendetwas dazwischen. Menschen mit Katzenköpfen fauchten Scatty an und schlugen nach ihr; Scattys Schwerter sprühten Funken, wenn die Klauen daran entlangratschten. Andere Gestalten mit menschlichem Körper und gewaltigem Rabenschädel stießen mit dem Schnabel nach ihr.
»Scatty – runter!«, brüllte Flamel.
Ohne zu warten, ob sie ihn überhaupt gehört hatte, streckte der Alchemyst den Arm mit dem kurzen Stab aus. Seine Aura flammte auf und verströmte ihren Minzeduft. Eine smaragdfarbene Kugel aus sich drehendem Licht erschien an der Stabspitze und schoss dann mit einem hörbaren Klicken heraus. Scatty konnte sich gerade noch ducken, bevor die Kugel durch die Luft zischte und an der Decke fast direkt über ihrem Kopf zerschellte. Zurück blieb ein leuchtender Fleck, von dem klebriges grünes Licht tropfte.
Der narbenübersäte Kopf einer getigerten Katze schoss direkt vor Josh hervor. Sie hatte das Maul aufgerissen und ihre Fangzähne gebleckt. Als sie Scatty sah, holte sie aus – und ein Tropfen zähflüssiges Licht spritzte auf ihren Katzenkopf. Die Wirkung war beeindruckend: Der Katzenmensch spielte sofort verrückt. Er taumelte zurück in den Flur und griff alle Verbündeten an, die ihm in den Weg kamen. Als Nächstes bekam ein Vogelmensch etliche Tropfen von dem flüssigen grünen Licht ab. In seinen schwarzen Flügeln zeigten sich plötzlich Löcher und Risse und er fiel mit einem hässlichen Krächzen nach hinten um.
Josh bemerkte kurz, dass das grüne, honigzähe Licht zwar den Tiermenschen Schaden zufügte, dem Holz aber nicht. Dann wandte er sich wieder seiner Schwester zu. Sie atmete schnell und die Augen hinter den geschlossenen Lidern bewegten sich rasch hin und her.
Scatty rappelte sich auf und sprintete zu Flamel und Josh zurück. »Sehr eindrucksvoll«, murmelte sie. »Ich wusste nicht, dass du das kannst.«
Flamel ließ den Stab wirbeln. »Der bündelt meine Kräfte.«
Scatty blickte sich um. »Sieht so aus, als säßen wir in der Falle.«
»Hekate ging hier durch«, sagte Nicholas und zeigte auf eine undurchdringlich scheinende Wand aus Wurzelgeflecht. »Ich habe sie aus der Kammer laufen und direkt hier durchgehen sehen.« Er trat an die Wand und streckte den Arm aus – der bis zum Ellbogen darin verschwand.
»Ich gehe zuerst«, sagte Scatty. Josh fiel auf, dass sie, obwohl sie gegen die Übermacht aus Vögeln und Katzen gekämpft hatte, keine einzige Schramme abbekommen hatte. Sie atmete nicht einmal schwer.
Scatty sprintete los und stürzte sich, die Schwerter vor der Brust gekreuzt, ohne innezuhalten in die Wurzelwand. Flamel und Josh schauten sich kurz an – und schon tauchte Scattys Kopf wieder aus dem Wurzelgeflecht auf. »Alles klar.«
»Ich
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