Nicholas Flamel Bd. 2 Der dunkle Magier
Millionen von Pariser Bürgern und einem anderen …«
»Der Schlafende Gott«, sagte Sophie mit brüchiger Stimme. Das war einer aus dem Älteren Geschlecht, den die Hexe hasste und gleichzeitig bemitleidete.
Saint-Germain und Johanna waren schockiert über Sophies Wissen. Selbst Flamel schien erschrocken.
Sophie begann zu zittern. Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper, und es kostete sie Mühe, aufrecht stehen zu bleiben, während ihr dunkle Gedanken durch den Kopf schossen.
Der Schlafende Gott war einmal ein Älterer gewesen …
… Ein einzelner Krieger stand in einer Rüstung aus Metall und Leder auf einem brennenden Schlachtfeld. Er schwang ein Schwert, das fast so groß war wie er selbst, und wehrte damit Kreaturen ab, die aus der Zeit der Dinosaurier stammen mussten.
… Der Krieger in seiner Rüstung aus Metall und Leder stand an einem Stadttor und kämpfte allein gegen eine Horde affenähnlicher Tiermenschen, während eine ganze Kolonne von Flüchtlingen durch ein anderes Tor entkam.
… Der Krieger verteidigte auf den Stufen einer unwahrscheinlich hohen Pyramide eine Frau und ein Kind gegen Geschöpfe, die eine Kreuzung aus Vogel und Schlange waren.
»Sophie …«
Sie zitterte, ihr war inzwischen eiskalt und sie klapperte mit den Zähnen. Neue Bilder tauchten auf. Die glänzende Rüstung des Kriegers war jetzt dreckverkrustet und fleckig. Auch der Krieger hatte sich verändert.
… Der Krieger rannte durch ein urzeitliches Dorf, das unter Eis und Schnee begraben war. Er brüllte wie ein Tier und in Fell gewickelte Menschen flohen vor ihm oder versteckten sich voller Angst.
… Der Krieger ritt an der Spitze einer großen Armee. Die Soldaten sahen aus wie eine Kreuzung aus Mensch und Tier. Sie ritten gegen eine glitzernde Stadt inmitten einer Wüste.
… Der Krieger stand mitten in einer riesigen Bibliothek vol ler Karten, Schriftrollen und Bücher aus Metall, Tuch und Rinde. Die Bibliothek brannte lichterloh, und es war so heiß, dass die in Metall gebundenen Bücher schmolzen. Er fuhr mit seinem Schwert durch etliche Regale und fegte weitere Bücher in die Flammen.
»Sophie!«
Die Aura des Mädchens flackerte und knisterte wie Cellophan, als Flamel sie bei den Schultern packte und fest drückte.
»Sophie!«
Flamels Stimme riss Sophie aus ihrer Trance. »Ich habe … Ich habe gesehen …«, begann sie heiser. Ihr Hals fühlte sich wund an, und sie hatte sich so fest auf die Innenseite der Wange gebissen, dass sie jetzt den ekelhaften metallischen Geschmack von Blut im Mund hatte.
»Ich kann mir nicht einmal vorstellen, was du gesehen hast«, sagte Flamel leise. »Aber ich glaube, ich weiß, wen du gesehen hast.«
»Wer war das?«, fragte sie atemlos. »Wer war der Krieger in der Rüstung aus Metall und Leder?« Sie wusste, dass sie sei nen Namen in den Erinnerungen der Hexe finden würde, wenn sie sich darauf konzentrierte, aber das hieße, sich wieder hineinziehen zu lassen in die grausame Welt des Kriegers, und das wollte sie nicht.
»Der Ältere Mars Ultor.«
»Der Kriegsgott«, fügte Johanna bitter hinzu.
Ohne hinzuschauen oder den Kopf zu drehen, zeigte Sophie einen schmalen Gang hinunter. »Er ist da hinten«, sagte sie leise.
»Woher weißt du das?«, wollte Saint-Germain wissen.
»Ich spüre ihn«, antwortete sie schaudernd. Sie rieb heftig über ihre Arme. »Es ist, als würde mir etwas Kaltes und Klebriges über die Haut laufen. Und es kommt von dort.«
»Der Gang führt uns ins innerste Herz der Katakomben«, sagte Saint-Germain, »in die frühere römische Stadt Lutetia.« Er rieb kurz die Hände aneinander und ein Funkenregen fiel auf den Boden. Dann ging er den Gang hinunter. Johanna folgte ihm und Sophie wollte ebenfalls hinterhergehen, da fiel ihr etwas ein und sie drehte sich zu Flamel um. »Was ist mit Mars passiert? Bei den ersten Bildern, die ich gesehen habe, kam er mir vor wie der Beschützer der Menschheit. Was hat ihn umgekrempelt?«
Nicholas schüttelte den Kopf. »Niemand weiß es. Vielleicht findest du die Antwort darauf im Gedächtnis der Hexe. Sie müssen sich gekannt haben.«
Sophie wehrte ab. »Ich will nicht mehr an ihn denken …«, begann sie, aber es war zu spät. Der Alchemyst hatte seine Frage noch nicht ganz zu Ende gestellt, da flirrte schon eine ganze Reihe schrecklicher Bilder durch Sophies Kopf. Sie sah einen großen, gut aussehenden Mann allein ganz oben auf einer schwindelerregend hohen Stufenpyramide stehen, die Arme zum Himmel
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