Nicholas Flamel Bd. 2 Der dunkle Magier
…«, begann er.
Flamel machte einen Schritt auf ihn zu. »Sonst was?«
»Sonst wird keiner von euch die Katakomben lebend verlassen«, brüllte Mars. »Ich werde es nicht erlauben. Und ich bin Mars Ultor!« Seine Augen hinter dem Visier glühten blutrot, er schwang das gewaltige Schwert und trat ebenfalls einen Schritt vor. »Wer bist du, dass du es wagst, mich herauszufordern?«
»Ich bin Nicholas Flamel. Und du bist ein Älterer, der den Fehler begangen hat zu glauben, er sei ein Gott.« Flamel schnippte mit den Fingern und glitzernde Körnchen Smaragdstaub schwebten hinunter auf den glatt polierten Knochenboden, flitzten darauf hin und her und hinterließen winzige grüne, fadengleiche Spuren in der gelblichen Oberfläche. »Ich bin der Alchemyst … Und ich werde dir jetzt das größte Geheimnis der Alchemie offenbaren: Transmutation.« Damit drehte er sich um, schritt durch die Tür und verschwand auf dem dunklen Gang.
»Nein!« Mars wollte ihm folgen und versank sofort bis zu den Knöcheln im Boden, der plötzlich weich geworden war wie Gelatine. Der Gott machte noch einen unsicheren Schritt und verlor dann das Gleichgewicht, da alles unter ihm nachgab. Er stürzte, und als er auf dem Boden aufschlug, spritzte gallertartige Knochenmasse an die Wände. Sein Schwert schlug an der Stelle, an der vor wenigen Augenblicken noch Flamel gestanden hatte, ein großes Knochenstück aus der Wand. Mars versuchte, sich wieder aufzurappeln, doch der Boden glich einem Sumpf aus klebriger, halb flüssiger Knochenmasse. Er schaffte es, sich auf Hände und Knie zu hieven, und schaute wütend hinüber zu Dee, der durch die zähe Flüssigkeit langsam zur Tür kroch. »Das ist alles deine Schuld, Magier!«, brüllte er und die ganze Kammer vibrierte von seinem Zorn. Knochenstaub und kleine Steinbrocken regneten von der Decke. »Dafür ziehe ich dich zur Verantwortung!«
Dee kam schwankend auf die Füße und lehnte sich an den Türrahmen. Er schüttelte klebrige Gelatine von seinen Händen und versuchte, sie von seiner ruinierten Hose zu wischen.
»Bring mir das Mädchen und den Jungen«, fauchte Mars, »dann verzeihe ich dir vielleicht noch einmal. Bring mir die Zwillinge, sonst – «
»Sonst – was?«, fragte Dee leise.
»Sonst vernichte ich dich und nicht einmal dein Meister wird dich vor meinem Zorn retten können.«
»Wage es nicht, mir zu drohen!«, zischte Dee. »Und um mich zu beschützen, brauche ich meinen Meister nicht.«
»Fürchte mich, Magier, denn du hast mich zu deinem Feind gemacht.«
»Weißt du, was ich mit denen mache, die versuchen, mich einzuschüchtern?«, fragte Dee und richtete sich auf. »Ich vernichte sie!« Plötzlich füllte sich die Kammer mit beißendem Schwefelgeruch und die Wände begannen zu schmelzen wie Softeis. »Flamel ist nicht der einzige Alchemyst, der das Geheimnis der Transmutation kennt«, sagte er, als auch die Decke weich und flüssig wurde und lange, klebrige Fäden auf Mars heruntertropften. Dann begann es, Knochen zu regnen wie riesige gelbe Tropfen.
»Vernichtet ihn!«, brüllte Mars. Die großen Augen starr auf Dee gerichtet, sprangen Phobos und Deimos dem Gott mit ausgestreckten Krallen und gebleckten Zähnen vom Podest aus auf den Rücken.
Der Magier sprach nur ein einziges Zauberwort und schnippte mit den Fingern – und die flüssige Knochenmasse wurde augenblicklich hart.
Niccolò Machiavelli erschien im Türrahmen. Er verschränkte die Arme und schaute in die Kammer. Mittendrin kauerte mit den beiden Satyrn auf dem Rücken Mars Ultor, bei dem Versuch, sich aufzurichten, bis in alle Ewigkeit in Knochenmasse ein gebacken.
»Dann sind die Katakomben von Paris jetzt also um eine weitere geheimnisvolle Knochenstatue reicher«, sagte der Italiener im Plauderton. Dee wandte sich ab, doch Machiavelli fuhr fort: »Zuerst hast du Hekate getötet und jetzt Mars. Und ich dachte immer, du wärst auf unserer Seite.« Da Dee nicht stehen blieb, rief er hinter ihm her: »Dir ist doch klar, dass wir beide so gut wie tot sind. Wir haben weder Flamel noch die Zwillinge in unsere Gewalt gebracht. Das werden unsere Meister uns nicht verzeihen.«
»Noch haben wir nicht völlig versagt«, rief Dee zurück. Er war fast schon am Ende des Ganges angelangt. »Ich weiß, wo dieser Tunnel endet. Ich weiß, wie wir sie fangen können.« Er blieb stehen und drehte sich um, und als er weitersprach, kamen die Worte zögerlich, fast widerstrebend aus seinem Mund. »Aber … Niccolò … dazu
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