Nicholas Flamel Bd. 2 Der dunkle Magier
schmales schwarzes Handy aus der Tasche. Er klappte es auf und drückte auf eine Taste im Kurzwahlspeicher, dann sprach er in rasantem Tempo auf Französisch hinein.
»Hast du um Hilfe gerufen?«, fragte Sophie, nachdem er es wieder zugeklappt hatte.
Saint-Germain schüttelte den Kopf. »Ich habe Frühstück bestellt. Ich bin am Verhungern.« Er wies mit dem Daumen zum Eiffelturm hinter sich, von dem immer noch Raketen aufstiegen. »So etwas zu veranstalten, verbrennt – wenn ihr mir das Wortspiel erlaubt – eine Menge Kalorien.«
Sophie nickte. Jetzt verstand sie, weshalb ihr Magen knurrte, seit sie den Nebel herbeigerufen hatte.
Scathach hatte die Zwillinge eingeholt und ging jetzt neben Sophie rasch an der Amerikanischen Kathedrale vorbei. »Ich glaube, wir werden nicht verfolgt«, sagte sie und es klang überrascht. »Ich hätte erwartet, dass uns Machiavelli jemanden hinterherschickt.« Sie rieb mit dem Daumen über ihre Unterlippe und kaute dann an dem angeknabberten Fingernagel herum.
Automatisch schlug Sophie Scatty leicht auf die Hand. »Du sollst nicht an den Nägeln kauen.«
Scathach blinzelte sie überrascht an und nahm dann verlegen die Hand vom Mund. »Eine alte Angewohnheit«, murmelte sie. »Eine sehr alte Angewohnheit.«
»Was passiert jetzt?«, wollte Josh wissen.
»Wir sehen zu, dass wir von der Straße kommen, und ruhen uns aus«, antwortete Scathach grimmig. »Ist es noch weit?«, rief sie Saint-Germain zu, der immer noch vorneweg lief.
»Ein paar Minuten«, sagte er, ohne sich umzudrehen. »Eines meiner kleineren Stadthäuser ist hier in der Nähe.«
Scathach nickte. »Sobald wir dort sind, halten wir uns bedeckt, bis Nicholas zurückkommt. Wir ruhen uns aus und ziehen uns was anderes an.« Sie kräuselte die Nase in Joshs Richtung. »Und duschen«, fügte sie bedeutungsvoll hinzu.
Josh wurde rot. »Willst du damit sagen, dass ich stinke?«, fragte er verlegen und wütend zugleich.
Sophie legte ihrem Bruder die Hand auf den Arm, bevor die Kriegerin etwas erwidern konnte. »Nur ein bisschen«, beschwichtigte sie ihn. »Aber das tun wir wahrscheinlich alle.«
Josh wandte sich wütend ab, drehte sich dann aber wieder zu Scathach um. »Du stinkst nicht, nehme ich an.«
»Nein. Ich hab keine Schweißdrüsen. Vampire sind eine wesentlich höher entwickelte Spezies als die Humani.«
Sie gingen schweigend weiter, bis die Rue Pierre Charron in die breite Champs-Élysées mündete, die Prachtstraße von Paris. Linker Hand sahen sie den Arc de Triomphe. Der Verkehr war in beiden Richtungen zum Erliegen gekommen; Fahrer standen neben ihren Wagen, unterhielten sich angeregt und gestikulierten wild. Alle Augen waren auf den Eiffelturm gerichtet und auf das Feuerwerk, das dort immer noch in vollem Gang war.
»Was sie dazu wohl in den Nachrichten sagen?«, überlegte Josh laut. »Dass am Eiffelturm plötzlich ein Feuerwerk abgebrannt wird?«
Saint-Germain schaute über die Schulter. »So ungewöhnlich ist das, um ehrlich zu sein, gar nicht. Das kommt hier öfter vor – zu Silvester und am 15. Juli, dem Tag der Bastille zum Beispiel. Ich könnte mir vorstellen, sie sagen, dass das Bastille-Feuerwerk von nächstem Monat vorzeitig losgegangen ist.« Er blieb stehen und schaute sich um, da jemand seinen Namen gerufen hatte.
»Nicht hinschauen …«, begann Scathach, aber es war zu spät. Die Zwillinge und Saint-Germain hatten sich in die Richtung gewandt, aus der die Rufe kamen.
»Germain …«
»Hey, Germain …«
Zwei junge Männer, die neben ihrem Wagen standen, zeigten auf Saint-Germain und winkten.
Beide trugen Jeans und T-Shirt und sahen sich mit dem zurückgegelten Haar und den übergroßen Sonnenbrillen sehr ähnlich. Sie ließen ihr Auto mitten auf der Straße im Stich und schlängelten sich zu Fuß durch den stehenden Verkehr. Josh glaubte, in ihren Händen etwas zu erkennen, das aussah wie eine schmale, lange Klinge.
»Francis«, warnte Scatty eindringlich und ballte die Hände zu Fäusten. Sie machte im selben Augenblick einen Schritt nach vorn, als der erste der Männer Saint-Germain erreichte. »Lass mich das …«
»Meine Herren.« Saint-Germain wandte sich den Männern mit strahlendem Lächeln zu, aber die Zwillinge, die hinter ihm standen, sahen, dass gelblich blaue Flammen zwischen seinen Fingerspitzen hin und her züngelten.
»Das war ein super Konzert gestern Abend«, sagte der Mann atemlos. Er sprach Englisch mit starkem deutschen Akzent. Er schob seine Sonnenbrille
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