Nicholas Flamel Bd. 2 Der dunkle Magier
sind sie aber nicht.« Er schaute von Josh zu Sophie. »Euch geht es gut?«
Die Zwillinge blickten sich an und nickten.
»Habt ihr euch ausgeruht?«
»Sie haben den ganzen Tag und einen Großteil der Nacht geschlafen«, beantwortete Johanna die Frage.
»Gut.« Flamel nickte. »Ihr werdet alle eure Kräfte brauchen. Übrigens, mir gefällt, was ihr anhabt.« Sophie trug eine weiße Bluse aus schwerer Baumwolle und eine aufgekrempelte Jeans, unter der knöchelhohe Stiefeletten hervorschauten.
»Ich habe die Sachen von Johanna«, erklärte Sophie.
»Sie passen fast perfekt«, sagte ihre Gastgeberin. »Wir gehen bald mal meine Garderobe durch und schauen nach Sachen zum Wechseln für den Rest eurer Reise.«
Sophie lächelte dankbar.
Nicholas wandte sich an Saint-Germain. »Das Feuerwerk am Eiffelturm gestern – ausgezeichnet, Francis. Wirklich ausgezeichnet.«
Saint-Germain verneigte sich leicht. »Danke, Meister.« Er sah ausgesprochen zufrieden aus.
Johannas Lachen klang wie ein leises Schnurren. »Schon seit Monaten wartet er auf eine Gelegenheit, so etwas machen zu können. Du hättest sehen sollen, was er auf Hawaii bei unserer Hochzeit inszeniert hat. Wir haben gewartet, bis die Sonne untergegangen war, dann ließ Francis fast eine Stunde lang den Himmel leuchten. Es war wunderschön, aber danach war er eine Woche lang völlig erschöpft.«
Zwei rote Flecken erschienen auf Saint-Germains Wangen und er drückte die Hand seiner Frau. »Dein Gesichtsausdruck war alle Mühe wert.«
»Als wir uns das letzte Mal getroffen haben, hast du das Feuer noch nicht beherrscht«, bemerkte Nicholas gedehnt. »Wenn ich mich richtig erinnere, hattest du dir einiges an Fähigkeiten angeeignet, aber nichts im Vergleich zu dem, was du gestern an den Tag gelegt hast. Wer hat dich ausgebildet?«
»Ich war einige Zeit in Indien, in der verschollenen Stadt Ophir«, antwortete Saint-Germain und warf Flamel einen schnel len Blick zu. »Sie erinnern sich dort immer noch an dich. Hast du gewusst, dass sie dir und Perenelle zu Ehren auf dem Marktplatz eine Statue errichtet haben?«
»Nein, das wusste ich nicht. Aber ich habe Perenelle versprochen, eines Tages noch einmal mit ihr dorthin zurückzugehen«, sagte Nicholas wehmütig. »Nur – was hat das mit deiner meisterhaften Beherrschung des Feuers zu tun?«
»Ich habe dort jemanden getroffen … jemanden, der mich ausgebildet hat«, erwiderte Saint-Germain geheimnisvoll. »Der mir gezeigt hat, was man alles machen kann mit dem Geheim-wissen, das ich von Prometheus erfahren habe …«
»Gestohlen«, korrigierte Scathach.
»Er hatte es zuerst gestohlen«, schnaubte Saint-Germain.
Flamel schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, dass die Wasserflasche wackelte. Nur Scathach zuckte nicht zusammen. »Es reicht!«, brüllte er, und für einen Augenblick veränderte sich sein Gesicht, die Wangenknochen traten plötzlich scharf hervor und ließen den Schädel unter dem Fleisch erahnen. Die fast farblosen Augen wurden sichtlich dunkler, erst grau, dann braun und schließlich schwarz. Er stützte die Ellbogen auf den Tisch, fuhr sich mit den Handflächen ein paar Mal übers Gesicht und atmete tief ein und aus. Ein schwacher Minzegeruch lag in der Luft, aber er hatte etwas Säuerliches, Bitteres an sich. »Es tut mir leid. Das war unverzeihlich. Ich hätte die Stimme nicht erheben dürfen«, sagte er leise in die nachfolgende Stille hinein. Als er die Hände vom Gesicht nahm, huschte ein Lächeln um seinen Mund, aber es reichte nicht bis zu den Augen. Er schaute alle der Reihe nach an, wobei sein Blick auf den geschockten Gesichtern der Zwillinge länger verweilte. »Verzeiht mir. Ich bin müde, unendlich müde. Ich könnte eine ganze Woche lang schlafen. Erzähl weiter, Francis, bitte. Wer hat dich ausgebildet?«
Der Comte de Saint-Germain holte tief Luft. »Er hat gesagt … Er hat mir verboten, seinen Namen jemals laut auszusprechen«, beendete er seinen Bericht ziemlich abrupt.
Flamel, der die Ellbogen immer noch aufgestützt hatte, verschränkte die Finger ineinander und legte das Kinn darauf. Mit ausdruckslosem Gesicht schaute er seinen ehemaligen Schüler an. »Wer war es?«
»Ich habe ihm mein Wort gegeben«, sagte Saint-Germain unglücklich. »Es war eine der Bedingungen, die er gestellt hat. Er hat gesagt, dass Worte Macht hätten und dass bestimmte Namen sowohl in dieser Welt als auch in den Schattenreichen Schwingungen auslösen und unliebsame Aufmerksamkeit erregen
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