Nicholas Flamel Bd. 2 Der dunkle Magier
Unergründliche ergründet.« Johanna blickte zuerst Josh und dann Flamel an. »Während Sophie geschlafen hat, habe ich direkt mit ihrem Unterbewusstsein gesprochen. Ich habe ihr gezeigt, wie sie die Erinnerungen der Hexe unter Kontrolle halten, die Stimmen ignorieren und die Bilder ausblenden kann. Ich habe ihr gezeigt, wie sie sich selbst schützen kann.«
Sophie hob langsam den Kopf und sah sich mit großen Augen überrascht um. »Jetzt weiß ich, was anders ist!«, sagte sie erstaunt und geradezu schockiert. »Ich höre keine Stimmen mehr.« Sie schaute ihren Bruder an. »Es hat angefangen, als die Hexe mir ihr Wissen übertragen hat. Ich habe Tausende von Stim men gehört, laut und leise, und sie haben in Sprachen geredet, die ich fast verstand. Jetzt sind sie still.«
»Sie sind immer noch da«, erklärte Johanna, »und werden immer dableiben. Aber jetzt kannst du sie rufen, wenn du sie brauchst, wenn du ihr Wissen brauchst. Ich habe dir auch die ersten Schritte gezeigt, wie du deine Aura kontrollieren kannst.«
»Aber wie war das alles möglich?« Josh ließ nicht locker. »Sie hat doch geschlafen.«
»Nur das Bewusstsein schläft. Das Unterbewusstsein ist immer wach.«
»Was meinst du mit ›meine Aura kontrollieren‹?«, wollte Sophie wissen. Auch sie war verwirrt. »Ich dachte, sie ist nur das silberfarbene elektrische Feld um meinen Körper.«
Johanna zuckte mit den Schultern, eine kleine, elegante Bewegung. »Deine Aura ist so mächtig wie deine Fantasie. Du kannst sie formen und verändern und nach deinem Willen gestalten.« Sie streckte die linke Hand aus. »Bei mir geht das so.« Ein zu einer Rüstung gehörender Metallhandschuh legte sich um ihre Hand. Jede Niete war perfekt geformt und auf den Fingergliedern waren sogar Rostflecken. »Versuch es doch auch einmal«, schlug sie vor.
Sophie streckte die Hand aus und schaute angestrengt darauf.
»Visualisiere den Handschuh«, sagte Johanna. »Nimm deine Fantasie zu Hilfe, stell ihn dir vor.«
Ein kleiner silberner Fingerhut erschien an Sophies kleinem Finger und verschwand wieder.
»Na ja, vielleicht brauchst du noch etwas Übung«, gab Johanna zu. Sie schaute Saint-Germain von der Seite an und wandte sich dann Flamel zu. »Lass mich noch ein paar Stunden mit Sophie arbeiten, damit ich ihr ein bisschen mehr zu ihrer Aura sagen kann, bevor Francis anfängt, sie in Feuermagie zu unterrichten.«
»Diese Feuermagie – ist sie gefährlich?«, fragte Josh und schaute in die Runde. Nur zu gut erinnerte er sich, wie es gewesen war, als Hekate die Kräfte seiner Schwester geweckt hatte. Sophie hätte dabei sterben können. Und seit er mehr über die Hexe von Endor wusste, war ihm klar, dass Sophie auch während der Unterweisung in Luftmagie hätte sterben können. Als ihm keiner antwortete, wandte er sich direkt an Saint-Germain. »Ist es gefährlich?«
»Ja«, antwortete der ohne Umschweife. »Sehr.«
Josh schüttelte den Kopf. »Dann will ich nicht – «
Sophie drückte seinen Arm. Er schaute auf ihre Hand. Sie steckte in einem Kettenhandschuh. »Josh, ich muss es tun.«
»Nein, musst du nicht.«
»Doch.«
Josh sah seine Schwester an. Sie hatte diese sture Miene aufgesetzt, die er nur zu gut kannte. Schließlich wandte er sich ab, ohne etwas gesagt zu haben. Er wollte nicht, dass seine Schwester noch weiter in Magie unterrichtet wurde. Nicht nur weil es gefährlich war. Es würde den Abstand zwischen ihnen auch noch größer machen.
Johanna wandte sich an Flamel. »Und du musst dich jetzt ausruhen, Nicholas.«
Der Alchemyst nickte. »Das werde ich auch.«
»Wir haben dich schon viel früher zurückerwartet«, warf Scathach ein. »Ich dachte schon, ich muss dich suchen gehen.«
»Der Schmetterling hat mich schon vor Stunden hierhergeführt«, berichtete Nicholas müde. Die Erschöpfung veränderte selbst seine Stimme. »Aber sobald ich wusste, wo ihr seid, wollte ich warten, bis es ganz dunkel ist, bevor ich hereinkomme, falls das Haus unter Beobachtung steht.«
»Machiavelli weiß nicht einmal, dass das Haus existiert«, entgegnete Saint-Germain überzeugt.
»Perenelle hat mir vor langer Zeit einmal einen einfachen Verhüllungszauber gezeigt, der allerdings nur funktioniert, wenn es regnet. Es braucht Wassertropfen, um das Licht um den Körper herum zu brechen«, erklärte Flamel. »Da wollte ich lieber warten, bis es dunkel ist, um meine Chancen, ungesehen ins Haus zu gelangen, zu vergrößern.«
»Was hast du den ganzen Tag über
Weitere Kostenlose Bücher