Nicholas Flamel Bd. 2 Der dunkle Magier
hat.«
»Es sieht genauso aus wie Excalibur«, sagte Josh, der plötz lich wusste, weshalb das Steinschwert ihm so bekannt vorkam. Er schaute seine Schwester an. »Dee hat mit Excalibur gekämpft. Er hat den Weltenbaum damit zerstört.«
»Excalibur ist das Eisschwert«, fuhr Flamel fort. »Das hier ist sein Gegenstück, Clarent, das Feuerschwert. Es ist die einzige Waffe, die etwas gegen Excalibur ausrichten kann.«
»Es liegt ein Fluch darauf«, sagte Scathach entschieden. »Ich rühre das Ding nicht an.«
»Ich auch nicht«, sagte Johanna rasch und Saint-Germain schloss sich mit einem Nicken an.
»Ich verlange von keinem von euch, dass ihr es mit euch herumtragt oder gar benutzt«, sagte Nicholas unwirsch. Er drehte die Waffe auf dem Tisch, bis der Griff Joshs Finger berührte. Dann schaute er von einem zum anderen. »Wir wissen, dass Dee und Machiavelli auf dem Weg hierher sind. Josh ist der Einzige von uns, der sich nicht selbst schützen kann. Bis seine Kräfte geweckt sind, braucht er eine Waffe. Ich will, dass er Clarent an sich nimmt.«
»Nicholas!«, rief Scathach entsetzt. »Wie stellst du dir das vor? Er ist ein nicht ausgebildeter Humani – «
»- mit einer rein goldenen Aura«, blaffte Flamel. »Und ich will, dass ihm nichts passiert.« Er drückte Josh das Schwert in die Hand. »Es gehört jetzt dir. Nimm es.«
Als Josh sich vorbeugte, spürte er den Stoffbeutel mit den beiden Seiten des Codex an seiner Brust. Das war schon das zweite Mal in zwei Tagen, dass der Alchemyst ihm etwas anvertraute. Ein Teil von Josh wollte die Sachen als gut gemeint annehmen, wollte Flamel vertrauen und glauben, und doch … und doch … Auch nach ihrer Unterhaltung auf der Straße konnte Josh nicht vergessen, was Dee am Brunnen in Ojai zu ihm gesagt hatte: Dass die Hälfte von allem, was Flamel sagte, gelogen sei, und die andere Hälfte auch nicht ganz der Wahrheit entspreche. Ganz bewusst schaute Josh das Schwert nicht an, sondern blickte in Flamels helle Augen. Der Alchemyst wich seinem Blick nicht aus; sein Gesicht war ausdruckslos. Was hat Flamel vor?, fragte sich Josh. Was für ein Spiel spielt er? Noch etwas von dem, was Dee gesagt hatte, kam ihm in den Sinn: »Er ist heute das, was er immer war: ein Lügner, ein Scharlatan und ein Betrüger.«
»Willst du es nicht haben?«, fragte Nicholas. »Nimm es.« Er schloss Joshs Hand um den Griff.
Fast gegen seinen Willen legten sich Joshs Finger um den glatten, lederummantelten Griff des Steinschwerts. Er hob es hoch – obwohl es nur kurz war, war es überraschend schwer – und drehte es hin und her. »Ich habe noch nie im Leben ein Schwert in der Hand gehalten«, sagte er. »Ich weiß gar nicht, wie …«
»Scathach wird dir die Grundbegriffe beibringen«, sagte Flamel, ohne die Schattenhafte anzusehen. Aber sein Ton machte aus der Äußerung einen Befehl. »Wie man es trägt, wie man einfache Hiebe und Abwehrtechniken ausführt. Und sieh zu, dass du dich nicht selbst damit verletzt«, fügte er hinzu.
Josh merkte plötzlich, dass er von einem Ohr zum anderen grinste. Er versuchte, sich wieder zu beruhigen, aber es fiel ihm schwer. Das Schwert in der Hand zu halten, war einfach ein tolles Gefühl. Er machte eine Bewegung aus dem Handgelenk und das Schwert zuckte. Dann schaute er Scatty, Francis und Johanna an und sah, dass ihre Blicke die Klinge fixierten und jeder seiner Bewegungen folgten. Da verschwand sein Lächeln. »Was stimmt nicht mit dem Schwert?«, fragte er. »Warum habt ihr solche Angst davor?«
Sophie legte ihrem Bruder die Hand auf den Arm. »Clarent«, erklärte sie, »ist etwas ganz Übles. Auf der Waffe, die manchmal auch ›die Klinge des Feiglings‹ genannt wird, liegt ein Fluch. Mit diesem Schwert hat Mordred seinen Onkel getötet: König Artus.«
K APITEL D REIUNDZWANZIG
S ophie saß in ihrem Zimmer im obersten Stock des Hauses auf dem breiten Fenstersims und schaute hinunter auf die Champs-Élysées. Die breite, von Bäumen gesäumte Allee war nass vom Regen und glänzte bernsteinfarben, rot und weiß von den Lichtern des vorbeirauschenden Verkehrs, die sich darin spiegelten. Sie schaute auf die Uhr: Es war fast zwei Uhr am Sonntagmorgen und immer noch war viel los auf der Straße. In San Francisco waren die Straßen nach Mitternacht gewöhnlich wie leer gefegt.
Der Unterschied machte ihr wieder deutlich, wie weit weg sie von zu Hause war.
Vor ein paar Jahren hatte sie eine Phase durchgemacht, in der sie sich für rundum
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