Nicholas Flamel Bd. 2 Der dunkle Magier
gebunden, an die Mondphasen.«
»Wie ein Kalender?«, fragte Josh.
Flamel nickte. »Genau wie ein Kalender. Nachdem wir von dieser Codex-Sequenz wussten, konnten wir endlich wieder nach Paris zurückkehren. Wir wussten, dass wir ein Leben lang brauchen würden – sogar mehrere Leben –, um das Buch zu verstehen und in eine lesbare Sprache zu übersetzen, aber wenigstens wussten wir jetzt, wo wir anfangen mussten. Also habe ich ein paar Steine in Diamanten verwandelt und einige Schieferplättchen in Gold, damit wir die lange Reise zurück nach Paris antreten konnten. Zu diesem Zeitpunkt waren wir natürlich den Dunklen Älteren aufgefallen, und Bacon, Dees heimtückischer Vorgänger, war uns dicht auf den Fersen. Statt den direkten Weg nach Frankreich zu nehmen, machten wir Umwege und mieden die üblichen Pässe über die Gebirge, da wir wussten, dass die überwacht wurden. Aber der Winter kam früh in diesem Jahr – ich bin überzeugt, dass die Dunklen Älteren etwas damit zu tun hatten – und wir saßen irgendwo in Andorra fest. Und dort habe ich dann dies hier gefunden …« Er legte die Hand auf den Gegenstand.
Josh schaute seine Schwester fragend an. Andorra? , formten seine Lippen. Sophie war viel besser in Geografie als er.
»Eines der kleinsten Länder der Erde«, erklärte sie ihm leise. »Es liegt in den Pyrenäen zwischen Spanien und Frankreich.«
Flamel entfernte eine weitere Lage Zeitungspapier. »Bevor ich ›starb‹, habe ich das hier in einem Stein über dem Fenster im Haus in der Rue du Montmorency versteckt. Auch von diesem Gegenstand hätte ich nie gedacht, dass ich ihn jemals wieder brauche.«
» In einem Stein?«, fragte Josh irritiert. »Hast du gesagt, du hast das Teil in einem Stein versteckt?«
»Genau, innen drin. Ich habe die Molekülstruktur des Granits verändert, das hier in den Fenstersturz gedrückt und den länglichen Steinblock dann wieder in seine feste Struktur zurückverwandelt. Ganz einfache Transmutation. Im Grunde nichts anderes, als wenn du eine Nuss in einen Becher Eis drückst.« Die letzte Lage Zeitungspapier riss, als er sie entfernte.
»Ein Schwert«, flüsterte Josh ehrfürchtig und betrachtete die kurze, schmale Waffe zwischen dem zerknüllten Papier. Er schätzte ihre Länge auf etwa zwanzig Zentimeter. Der einfache, kreuzförmige Griff war mit dunklen, fleckigen Lederstreifen umwickelt und die Klinge schien aus einem glänzenden grauen Metall gemacht zu sein. Nein, nicht aus Metall. »Ein Steinschwert«, entfuhr es ihm. Er runzelte die Stirn. Es erinnerte ihn an irgendetwas. Fast so als hätte er es schon einmal gesehen.
Doch noch während er sprach, standen Johanna und Saint-Germain hastig auf und wichen vom Tisch zurück. Johannas Stuhl fiel um, so eilig hatte sie es, wegzukommen. Scathach, die hinter Flamel stand, fauchte wie eine Katze. Sie öffnete den Mund und entblößte kurz ihre Zähne, und als sie sprach – mit einem starken, rauen Akzent –, zitterte ihre Stimme. Sie klang fast wütend – oder aber voller Angst. »Nicholas«, begann sie sehr langsam, »was hast du mit diesem Drecksding vor?«
Flamel ignorierte sie. Er schaute Josh und Sophie an, die auf ihren Stühlen sitzen geblieben waren, so geschockt von der Reaktion der anderen, dass sie sich nicht rühren konnten. Was passierte da gerade?
»Es gibt vier berühmte Kraftschwerter«, erklärte Flamel eindringlich. »Und jedes ist einem Element zugeordnet: Erde, Luft, Feuer und Wasser. Es heißt, dass diese vier Schwerter sogar noch älter sind als die ältesten Erstgewesenen. Sie hatten viele verschiedene Namen im Lauf der Zeit: Excalibur und Joyeuse, Mistelteinn und Curtana, Durendal und Tyrfing. Das letzte Mal, dass eines davon in der Menschenwelt beim Kampf eingesetzt wurde, war, als Karl der Große, Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, mit Joyeuse in die Schlacht zog.«
»Das ist Joyeuse?«, flüsterte Josh. Seine Schwester war vielleicht besser in Geografie, aber in Geschichte kannte er sich aus, und Karl der Große hatte ihn schon immer fasziniert.
Scathachs Lachen war ein hässliches Fauchen. »Joyeuse ist etwas Wunderschönes. Das hier … ist eine Abscheulichkeit.«
Flamel berührte den Griff des Schwertes und die winzigen Kristalle im Stein glitzerten in einem grünen Licht. »Das ist nicht Joyeuse, auch wenn es tatsächlich einmal Karl dem Großen gehört hat. Ich glaube auch, dass der Kaiser selbst diese Waffe irgendwann im 9. Jahrhundert in Andorra versteckt
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