Nicholas Flamel Bd. 2 Der dunkle Magier
Er sah den leisen Zweifel in ihren Augen und fuhr rasch fort: »Und du weißt, dass das stimmt.«
»Die Hexe weiß es. Und ihre Erinnerungen sagen mir, dass in dem Buch auch steht, wie man die Welt vernichten kann.«
Josh schüttelte den Kopf. »Ich glaube, du siehst nur das, was sie wollen, dass du siehst.«
Sophie zeigte auf das Schwert. »Aber warum hat Flamel dir dann das Schwert und die Seiten aus dem Codex gegeben?«, fragte sie.
»Ich glaube – nein, ich weiß , dass sie uns benutzen. Ich weiß nur nicht, mit welchem Ziel. Jedenfalls noch nicht.« Er sah, dass Sophie wieder den Kopf schütteln wollte. »Jedenfalls brauchen wir deine Kräfte, damit uns beiden nichts passiert.«
Sophie drückte die Hand ihres Bruders. »Du weißt, dass ich nie zulassen würde, dass dir etwas zustößt.«
»Ja, das weiß ich«, erwiderte Josh ernst. »Wenigstens nicht bewusst. Aber was ist, wenn du benutzt wirst, so wie im Schattenreich?«
Sophie nickte. »Da hatte ich keine Kontrolle über mich«, gab sie zu. »Es war wie im Traum. Ich habe jemandem zugeschaut, der ausgesehen hat wie ich.«
»Mein Fußballtrainer sagt immer, bevor man das Spiel kontrollieren kann, muss man sich selbst unter Kontrolle haben. Wenn du lernst, wie du deine Aura kontrollieren und mit Magie umgehen kannst, kann dir so etwas nie wieder passieren, Schwesterherz. Und du wärst unglaublich mächtig. Und nehmen wir mal an, meine Kräfte werden nicht geweckt, dann kann ich immer noch lernen, wie man mit diesem Schwert umgeht.« Er versuchte, es so in der Hand zu drehen, dass die Klinge einen Kreis beschrieb, doch es kippte zur Seite und schlug eine tiefe Rille in die Wand. »Huch.«
»Josh!«
»Was ist denn? Man sieht es ja kaum.« Er rieb mit dem Ärmel über die Stelle. Farbe und Gips bröselten ab und die Mauer darunter kam zum Vorschein.
»Hör auf, du machst es nur noch schlimmer. Und wahrscheinlich fehlt jetzt auch am Schwert ein Stück.«
Doch als Josh die Waffe ans Licht hielt, war nicht der kleinste Kratzer auf der Klinge.
»Ich glaube trotzdem – ich weiß einfach, dass du dich täuschst, was Flamel und die andern betrifft.«
»Sophie, du musst mir vertrauen.«
»Ich vertraue dir ja. Aber vergiss nicht, die Hexe kennt sie alle und sie vertraut ihnen.«
»Ach, Sophie«, erwiderte Josh frustriert, »wir wissen doch gar nichts über die Hexe.«
»Im Gegenteil, ich weiß alles über sie!«, widersprach Sophie hitzig. Sie tippte sich mit dem Zeigefinger an die Schläfe. »Und ich wünschte, es wäre nicht so. Ihr ganzes Leben, Tausende von Jahren, sind hier drin.« Josh wollte etwas entgegnen, doch Sophie hob die Hand. »Ich sage dir jetzt, was ich machen werde: Ich werde mit Saint-Germain arbeiten und alles lernen, was er mir beibringen kann.«
»Aber beobachte ihn gleichzeitig. Versuche herauszufinden, was er und Flamel vorhaben.«
Sophie ignorierte ihn. »Vielleicht können wir uns das nächste Mal dann selbst verteidigen, wenn wir angegriffen werden.« Sie schaute über die Dächer von Paris. »Wenigstens sind wir hier sicher.«
»Fragt sich nur, wie lange«, sagte Josh.
K APITEL V IERUNDZWANZIG
D r. John Dee knipste das Licht aus und trat von dem riesigen Schlafzimmer auf den Balkon. Er legte die Unterarme auf das Metallgeländer und blickte über die Dächer von Paris. Es hatte geregnet, die Luft war feucht und kalt, und der modrige Geruch der Seine, vermischt mit Abgasen, stieg zu ihm auf.
Er hasste Paris.
Das war nicht immer so gewesen. Früher einmal war ihm Paris von allen Städten Europas die liebste gewesen, angefüllt mit den schönsten und außergewöhnlichsten Erinnerungen. Schließlich war er in dieser Stadt unsterblich geworden. In einem Verlies tief unter der Bastille, der Gefängnisfestung, hatte die Krähengöttin ihn zu dem Älteren gebracht, der ihm als Gegenleistung für bedingungslose Loyalität Unsterblichkeit zugesichert hatte.
Dr. John Dee hatte für die Älteren gearbeitet, für sie spioniert und viele gefährliche Missionen in zahllosen Schattenreichen erfüllt. Er hatte gegen Armeen von Toten und Untoten gekämpft, Monster durch unwirtliches Ödland verfolgt und einige der wertvollsten magischen Gegenstände gestohlen, die einem ganzen Dutzend Zivilisationen heilig waren. Mit der Zeit war er für die Dunklen des Älteren Geschlechts zum Helden geworden. Nichts war unmöglich für ihn, keine Mission zu schwierig … solange es nicht um die Flamels ging. An dem Auftrag, Nicholas und Perenelle
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