Nicholas Flamel Bd. 3 Die mächtige Zauberin
einmal ein Kamerastativ gesteckt hatte.
»Um die kümmere ich mich auch.« Saint-Germain grinste. »Ihr bleibt im Wagen, bis ihr mich mit den Polizisten reden seht, dann geht ihr los. Und egal was geschieht, bleibt nicht stehen, bis ihr den Nullpunkt erreicht habt. Da wartet ihr.«
»Was passiert dann?«, wollte Scathach wissen. Sie hasste Kraftlinien. Ihr wurde immer schlecht, wenn sie welche benutzte.
Der Graf zuckte mit den Schultern. »Wenn alles nach Plan läuft, seid ihr in null Komma nichts an der Westküste Amerikas.«
»Und wenn nicht?«, fragte sie alarmiert, als Saint-Germain aus dem Wagen steigen wollte. »Was passiert, wenn nicht alles nach Plan läuft? Wo kommen wir dann heraus?«
»Woher soll ich das wissen?« Saint-Germain hob ratlos die Hände. »Die Linien werden entweder von der Sonnen- oder von der Mondenergie gespeist, je nachdem in welche Richtung sie laufen. Wenn etwas schiefgeht, besteht wahrscheinlich immer die Möglichkeit, dass ihr im Mittelpunkt der Sonne oder auf der dunklen Seite des Mondes herauskommt. Diese Linie verläuft von Osten nach Westen, es ist also eine Sonnenlinie.« Er lächelte. »Es wird schon nichts passieren.« Dann zog er Johanna an sich, hielt sie einen Augenblick fest, küsste sie leicht auf beide Wangen und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Danach drehte er sich zu der Kriegerprinzessin um. »Passt auf euch auf. Befreit Perenelle von der Insel und gebt mir Bescheid. Ich komme dann und hole euch.« Damit stieg er aus, vergrub beide Hände in den Taschen seines langen schwarzen Ledermantels und schlenderte zu dem am nächsten stehenden Polizisten hinüber.
Johanna drehte sich zu ihrer Freundin um. »Du hast wieder diesen gewissen Ausdruck«, sagte sie.
»Welchen Ausdruck?«, fragte Scatty unschuldig. Ihre grünen Augen zwinkerten.
»Ich nenne es auch dein Kampfgesicht. Zum ersten Mal ist es mir aufgefallen, als du mich vor dem Scheiterhaufen gerettet hast. Irgendetwas passiert dann mit deinem Gesicht. Es wird … spitzer.« Sie legte den Arm über die Rücklehne und strich Scathach mit dem Finger über die Wange. Es war, als sei das Fleisch über den Knochen fester geworden und modellierte den Schädel deutlich nach. Ihre Sommersprossen zeichneten sich wie Blutstropfen auf der hellen Haut ab.
»Das hat etwas mit meinen Vampir-Genen zu tun.« Scatty lächelte und zeigte dabei ihre gefährlich aussehenden Zähne. »Das ist bei unserem Clan so, wenn wir aufgeregt sind und uns freuen. Bei den Blutsaugern haben bestimmte Spezies die Veränderung nicht unter Kontrolle. Sie verwandeln sich dann vollständig und werden zu Monstern.«
»Du freust dich, weil ein Kampf bevorsteht?«, fragte Johanna leise.
Scatty nickte vergnügt. »Ich freue mich, weil ich unsere liebste Freundin retten kann.«
»Es wird nicht einfach werden. Sie sitzt auf einer Insel voller Monster fest.«
»Na und? Du bist Johanna von Orléans und ich bin die Schattenhafte. Was hat gegen uns eine Chance?«
»Eine Sphinx vielleicht?«
»So gute Kämpfer sind die gar nicht«, erwiderte Scatty unbekümmert. »Ich habe schon einmal gegen die Sphinx und ihre grässliche Mutter gekämpft.«
»Und gewonnen?«, fragte Johanna und verkniff sich ein Lächeln.
»Was denn sonst?«, antwortete Scatty. Dann korrigierte sie sich: »Wenn ich ehrlich sein soll, bin ich abgehauen …«
K APITEL S IEBENUNDFÜNFZIG
D ie Zwillinge saßen in der Scheune auf dem Boden, den Rücken an die Wand gelehnt und die Beine lang ausgestreckt. Sie beobachteten Flamel und Gilgamesch, die draußen ihre Meinungsverschiedenheiten austrugen. Der Alchemyst hörte gerade schweigend und ohne eine Regung zu, während der König wild gestikulierte.
»Welche Sprache sprechen sie?«, fragte Josh. »Kommt mir irgendwie bekannt vor.«
»Hebräisch«, antwortete Sophie, ohne nachzudenken.
Josh setzte sich bequemer hin. »Ich habe eigentlich gedacht …«, begann er gedehnt. Er war vollkommen erschöpft und suchte nach den richtigen Worten. »Ich habe gedacht, es wäre … na ja, spektakulärer oder so.«
»Du hast dasselbe gesehen wie ich«, erwiderte Sophie mit einem müden Lächeln. »Und das nennst du nicht spektakulär?«
Er zuckte mit den Schultern. »Es war interessant. Aber ich fühle mich kein bisschen anders. Ich habe gedacht … Ich weiß auch nicht, dass ich mich vielleicht … stärker fühlen würde, wenn ich einen Zweig der Magie beherrsche. Und wie wenden wir diese Wassermagie überhaupt an?« Er streckte beide Arme vor sich
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