Nicholas Flamel Bd. 3 Die mächtige Zauberin
legendären Zwillinge und besitzt ungeheure Kräfte. Deshalb sage mir, Josh: Was sollen wir tun?«
Josh wollte schon protestieren und sagen, dass er keine Ahnung hätte … Da wusste er die Antwort plötzlich. »Schwer zu sagen, wenn wir keine Ahnung haben, was auf uns zukommt.« Er blickte sich um. »Einerseits sind wir hinter einer clever geplanten und mit Fallen gespickten Festung sicher. Wir wissen, dass die Burg von einer Art schützendem Sperrgebiet umgeben ist und dass die Häuser dort von Wesen bewohnt werden, die dem Ritter treu ergeben sind. Ich bin sicher, Shakespeare und Palamedes haben auch noch andere Mittel zur Verteidigung. Aber wenn wir dableiben und kämpfen, sitzen wir in der Falle, und da wir hier in Dees Heimat sind, kann er rasch Verstärkung holen und uns komplett einschließen.« Er sah seine Schwester an. »Ich würde sagen, wir hauen ab. Wenn wir kämpfen, müssen wir das zu unseren Bedingungen tun.«
»Gut gesprochen.« Flamel nickte. »Ich stimme dir zu. Wir hauen jetzt ab und retten unsere Haut, damit wir ein andermal kämpfen können.«
Aus dem Dunkel tauchte Palamedes auf. Er zog Knoblauchduft hinter sich her. Seine Verwandlung in den sarazenischen Ritter, der gegen König Artus gekämpft hatte, war inzwischen komplett. Er steckte von Kopf bis Fuß in einem schwarzen Plattenpanzer, unter dem er ein ebenfalls schwarzes Kettenhemd trug. Eine Kettenhaube schützte Kopf und Hals und reichte bis über die Schultern. Darüber trug er einen metallenen Kampfhelm mit langem Nasenschutz. Ein gebogenes persisches Shamshir-Schwert hing an seiner Seite und zusätzlich hatte er sich ein riesiges Breitschwert auf den Rücken geschnallt. Die Rüstung ließ den ohnehin schon großen Mann hünenhaft erscheinen. Bevor er etwas sagen konnte, kam Shakespeare angelaufen. Fünf der rotäugigen Hunde folgten ihm lautlos.
»Wie ernst ist die Lage?«, knurrte Palamedes, an den Dichter gewandt.
»Ernst«, murmelte Shakespeare. »Vor einer Weile haben ein paar Gestalten – hauptsächlich Unsterbliche und einige Humani-Kopfjäger – die von den Larvae und Lemuren kontrollierten Straßen betreten. Sie sind nicht weit gekommen.« Shakespeares mattgelbe Aura knisterte und Limonenduft erfüllte die Luft. Über den dreckigen Mechaniker-Overall legte sich ein Schutzanzug, wie die moderne Polizei ihn trug. In der linken Hand hielt er locker eine Kette und einen Morgenstern, dessen stacheliges Ende er durch den Schmutz schleifte. Einer der Hunde leckte mit seiner gespaltenen Zunge daran. »Die Larvae und Lemuren sind unsere erste Verteidigungslinie«, fuhr er fort und sah dabei den Alchemysten und die Zwillinge an. »Sie sind auf unserer Seite, allerdings sind sie nicht besonders helle. Und sobald sie gegessen haben, schlafen sie ein. Der Feind wird vor Mitternacht vor den Mauern stehen.«
»Die Burg hält stand«, sagte Palamedes zuversichtlich.
»Keine Burg ist uneinnehmbar«, entgegnete Josh – und hielt abrupt inne, als ein großer, rotäugiger Schatten aus der Dunkelheit auftauchte. Alles drehte sich in die Richtung, in die Josh blickte. Vor ihnen stand der größte der Hunde. Sein Fell war schmutzig und verfilzt und gefährlich nah am Rückgrat hatte er eine lange Schnittwunde.
»Gabriel!«, rief Shakespeare.
In der Zeitspanne eines Herzschlages, zwischen einem Schritt und dem nächsten, verwandelte sich der Hund. Muskeln spielten, Knochen knackten und knirschten und der Hund erhob sich auf die Hinterbeine. Sein Hals wurde kürzer, sein Kiefer und die gesamte Gesichtsform veränderten sich. Aus dem Hund wurde ein fast menschlich aussehender junger Mann mit langem graubraunen Haar. Geschwungene rotblaue Tattoos zogen sich von seinen Wangen den Hals hinunter bis über seine bloße Brust. Er war barfuß und trug lediglich eine aus rauer Wolle gesponnene Hose mit rotschwarzem Karomuster. Blutrote Augen sahen unter einem langen, schlecht geschnittenen Pony hervor.
»Gabriel, du bist verletzt«, sagte der Dichter.
»Nur ein Kratzer«, antwortete der Hundemann, »mehr nicht. Und das Wesen, das ihn mir beigebracht hat, macht jetzt gar nichts mehr.« An seinem singsangähnlichen Tonfall erkannte Sophie, dass er aus Wales stammen musste.
Einer nach dem anderen nahmen die Hunde um Shakespeare herum menschliche Gestalt an.
»Seid ihr Torc Allta?«, fragte Josh, da sie ihn an die Kreaturen erinnerten, die Hekates Schattenreich bewacht hatten.
»Sie sind mit uns verwandt«, erwiderte Gabriel. »Wir sind Torc
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