Nicholas Flamel Bd. 5 Der schwarze Hexenmeister
Ritter. »Bei Francis war es genauso.« Er schwang sich in die Öffnung. Die Schattenhafte sah durch die Kristallhaut des Fahrzeugs seine verzerrten Umrisse. Sie wartete, bis Johanna und nach ihr Saint-Germain im Inneren des Vimanas verschwunden waren. Erst dann hielt sie sich am Rand der Öffnung fest und schwang sich hinein.
»Dann war das eine Rettungsaktion«, sagte sie. »Und ich war sicher, dass wir umgebracht werden sollten.«
Eine Gestalt bewegte sich in dem Rukma. »Wenn sie euch einfach nur umbringen wollten, warum hätte sie dann einen Kampfvimana schicken sollen?«, fragte eine tiefe Stimme.
»Wahrscheinlich weil sie wussten, mit wem sie es zu tun haben«, antwortete Scatty und drehte sich in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. »Ich bin Scathach die Kriegerin, die Schattenhafte, die Dämonenschlächterin, die Königsmacherin, die –«
»Nie von dir gehört.« Ein hünenhafter rothaariger Krieger in einer glänzenden roten Rüstung trat unter die Öffnung und strich mit dem Finger am Rand entlang. Mit leisem Zischen schloss sich eine gläserne Kuppel.
»Onkel!« Mit einem Freudenschrei warf Scathach sich auf den rothaarigen Mann.
Doch der fing sie auf, bevor sie sich ihm an die Brust werfen konnte, und hielt sie auf Armeslänge von sich. Ihre Füße baumelten über dem Boden. »Ich bin Prometheus und ich habe keine Nichte. Ich habe dich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen und habe keine Ahnung, wer du bist.« Er stellte sie vorsichtig ab und trat einen Schritt zurück.
Johanna musste lachen, als sie Scathachs Gesichtsausdruck sah. Dann ergriff sie ihre Hand und nahm sie zur Seite. »Du musst meiner Freundin verzeihen. Sie vergisst, wo sie ist … und wann sie wo ist«, fügte sie vielsagend hinzu und blickte die Schattenhafte dabei an.
Scathach nickte. Die Verblüffung stand ihr ins Gesicht geschrieben. »Du hast mich an jemanden erinnert«, erklärte sie Prometheus. »An jemanden, der mir sehr lieb ist.«
Der rothaarige Ältere nickte nur und wandte sich dann ab. Die anderen folgten ihm einen langen Flur hinunter in einen abgesenkten runden Bereich in der Mitte des Rukma. Er setzte sich in einen körpergerecht geformten Stuhl und legte die Arme auf die Lehnen. Im selben Moment wurde die gesamte Kristallwand vor ihm hell und bewegliche Textzeilen und Zeichen überlagerten sich auf dem Glas. Auf der linken Seite der Wand tanzten rote Punkte.
Prometheus zeigte mit dem Finger darauf. »Das ist nicht gut. Wir müssen schnell hier raus. Wie es aussieht, ist die gesamte Vimana-Flotte auf dem Weg hierher.«
»Wohin bringst du uns?«, wollte Saint-Germain wissen.
»Ich bringe euch –«
Eine Stimme, klar und deutlich und unheimlich ruhig, schallte durch den runden Kontrollraum. »Prometheus, mein Freund, ich brauche dich auf der Stelle. Der Turm wird angegriffen.« Im Hintergrund waren deutlich ein paar schwere, dumpfe Explosionen zu hören.
»Bin schon unterwegs«, sagte Prometheus in den Raum hinein.
»Und unsere Freunde?«, fragte die Stimme. »Sind sie in Sicherheit?«
»Ja. Sie waren genau dort, wo du vermutet hast, in den Zellen des Huracan. Jetzt sind sie bei mir.«
»Gut. Dann beeile dich jetzt, alter Freund. Beeile dich.«
»Wer war das?«, fragte Scathach, obwohl sie sich, wie die anderen auch, die Antwort schon denken konnte.
»Das war euer Retter. Abraham der Weise.«
KAPITEL SECHSUNDVIERZIG
S ophie Newman schlenderte durch den leeren Garten hinter dem Haus. Alle anderen waren gegangen. Die Flamels, Prometheus und Niten waren unterwegs zum Embarcadero und Black Hawk fuhr Mars, Odin und Hel zum Jachthafen.
Die Mischung der unterschiedlichen Auradüfte, der sie ausgesetzt war, schlug ihr auf den Magen, und ihr Kopf begann zu dröhnen. Sie brauchte Zeit zum Nachdenken, musste erst richtig begreifen, was sie gerade erfahren hatte. Alles war ständiger Veränderung unterworfen, und langsam wurde es wieder schwierig, ihre eigenen Gedanken von den Erinnerungen der Hexe zu unterscheiden. Die Hexe hatte alle gekannt, die bei ihrer Tante Agnes – Tsagaglalal – zusammengekommen waren, und hatte sich über jeden eine Meinung gebildet. Sympathisch war ihr keiner. Doch Sophie stellte fest, dass sie anderer Ansicht war.
So langsam hatte sie das Gefühl, die Hexe kennenzulernen. Über ihre Erinnerungen, die ständig in ihrem Kopf herumgeisterten, kannte sie sie wahrscheinlich schon jetzt besser als jeder andere lebende Zeitgenosse.
Und sie mochte sie nicht.
Die Hexe von
Weitere Kostenlose Bücher