Nicholas' Geheimnis (German Edition)
begann Melanie, als sie in Nicks Wagen stieg. »Liz ist wild entschlossen, mich an den Mann zu bringen, und du stehst an oberster Stelle auf ihrer Liste. Ich glaube, sie verzweifelt schon jetzt bei dem Gedanken, ich könnte einmal die altjüngferliche Tante ihrer ungeborenen Kinder sein.«
»Aphrodite.« Nick setzte sich hinter das Lenkrad und nahm Melanies Hand. »Es gibt keinen Mann auf der ganzen Welt, der sich dich als altjüngferliche Tante vorstellen kann.«
Melanie wollte sich nicht von seinem Charme einfangen lassen. Sie entzog ihm ihre Hand und schaute aus dem Fenster. »Ich habe heute Morgen deinen Cousin am Strand kennen gelernt«, wechselte sie rasch das Thema.
»Andrew? Ein netter Junge. Wie findest du ihn?«
»Er ist kein netter Junge.« Melanie drehte sich zu Nick um. »Eher ein sehr charmanter Mann.«
»Kann sein. Aber ich sehe ihn immer als Jungen, obwohl er kaum fünf Jahre jünger ist als ich. Er ist nicht unbegabt, im Gegenteil. Hast du ihn bezaubert?«
»Inspiriert. Das behauptete er jedenfalls«, antwortete Melanie etwas verärgert.
»Natürlich. Ein Romantiker inspiriert den anderen.«
»Ich bin nicht romantisch.« So eingehend hatte Melanie das Thema gar nicht diskutieren wollen. »Eher nüchtern.«
»Melanie, du bist unheilbar romantisch.« Anscheinend amüsierte ihn ihr Ärger. Er lächelte zufrieden. »Eine Frau, die im Mondschein auf den Klippen ihr Haar kämmt, weiße Kleider liebt und wertlose Andenken in Ehren hält, ist durch und durch romantisch.«
Diese Beschreibung brachte Melanie noch mehr auf. »Ich sammle auch Rabattmarken und achte auf meinen Cholesterinspiegel«, erklärte sie kühl.
»Was du nicht sagst!«
Melanie hätte fast gekichert, konnte sich aber gerade noch beherrschen. »Und du, Nicholas Gregoras, bist ein Blender allerersten Grades.«
»Stimmt. Ich bin eben auf jedem Gebiet erstklassig«, versicherte er gespielt ernsthaft.
Melanie würdigte ihn keiner Antwort. Als jedoch das Haus in Sicht kam, war alles andere vergessen.
Die Villa wirkte wie eine uneinnehmbare Festung. Das Obergeschoss ragte über das Kliff hinaus auf das Meer wie ein gebieterisch ausgestreckter Arm. Ein von Efeu und wilden Rosen umranktes Märchenschloss, dachte Melanie, hundert Jahre nach dem Stich mit der Spindel.
»Wie schön es hier ist!« Melanie wandte sich zu Nick um, als er vor dem Eingang parkte. »Märchenhaft schön. Ich habe nie etwas Beeindruckenderes gesehen. Ein fantastisches Haus!«
»Dieses strahlende Lächeln sehe ich zum ersten Mal«, sagte Nick ernst. Ein Schatten von Schwermut lag in seinen Augen. Ihm wurde plötzlich bewusst, wie sehr er sich nach diesem Lächeln gesehnt hatte. Und jetzt wusste er nicht, ob er sich darüber freuen sollte. Er stieg aus und half Melanie aus dem Wagen.
Sie schaute die Villa an und versuchte das ganze Bauwerk mit einem Blick zu erfassen. »Weißt du, wie es aussieht?« fragte sie mehr an sich selbst gerichtet. »Als hätte ein zorniger Gott einen Blitz in das Felsenkliff geschleudert und dieses Haus herausgesprengt.«
»Eine interessante Theorie.« Nick nahm ihre Hand und führte sie die Treppe hinauf. »Wenn du meinen Großvater gekannt hättest, wüsstest du, wie nahe sie der Wahrheit kommt.«
Melanie hatte sich darauf vorbereitet, Nick sofort bei der Ankunft zur Rede zu stellen. Als sie jedoch das Haus betrat, verschlug es ihr den Atem.
Die Halle war riesig, schwere dunkle Deckenbalken, rau verputztes weißes Mauerwerk, mit kostbaren Teppichen behängt. An einer Wand hingen lange gekreuzte Speere, Mordwaffen der Antike von Respekt einflößendem Alter. Eine breite geschwungene Treppe mit einem Geländer aus dunklem unpolierten Holz führte zu den oberen Stockwerken. Die Halle entsprach der äußeren Struktur des Hauses – solide, dauerhaft, für Jahrhunderte gebaut.
Melanie drehte sich im Kreis und seufzte. »Nicholas, das ist einfach fabelhaft. Sicher kommt gleich ein Zyklop die Treppe herunter. Tummeln sich Zentauren im Hof?«
»Ich führe dich herum, dann kannst du dich überzeugen.« Sie machte es Nick schwer, sich an seinen Plan zu halten. Er durfte sich nicht von ihr bezaubern lassen. Das stand nicht im Drehbuch. Dennoch behielt er ihre Hand in seiner, während er sie durch das Haus führte.
Liz’ Vergleich mit Aladins Höhle traf zu. Alle Räume waren mit Kunstschätzen angefüllt – venezianisches Glas, afrikanische Masken, indianische Skulpturen, chinesische Vasen der Ming-Dynastie – Zeugnisse der
Weitere Kostenlose Bücher