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Nicht die Bohne!

Nicht die Bohne!

Titel: Nicht die Bohne! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Steffan
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tatsächlich eine Handynummer benutzt hat, schließen wir, dass er in sehr schlechter Stimmung sein muss und unsere sofortige Betreuung braucht. Vorsorglich nehmen wir noch etwas Eis mit. Fett und Zucker helfen ja bekanntlich bei schlechten Stimmungen.
    Edgar hockt in meinem zukünftigen Schlafzimmer und sieht aus, als hätte eine Horde Tauben ihn bekackt.
    »Was ist das für eine Scheißfarbe!?«, fragt er empört, als wir uns durch das Chaos aus Malerrollen und offenen Farbeimern geschlängelt haben.
    » Biooo! «, antworten Simon und ich gleichzeitig.
    »Die deckt nicht nur nicht, die fängt jetzt auch noch an abzubröckeln!« Edgar ist richtig sauer auf die Farbe, und ich reiche ihm schnell das kleine Päckchen mit dem Eis.
    »Danke, aber da ist nur ein Plastiklöffel dabei. Das ist nicht so gut«, sagt er, während er den kleinen rosafarbenen Gegenstand in die Höhe hält.
    »Undankbarer Mensch!«, knurrt Simon, und ich knurre: »Iss jetzt!«
    Ergeben schaufelt Edgar sich mit dem schlimmen Plastiklöffel Nusseis in den Mund und scheint vorerst besänftigt. Derweil wandere ich durch die Räume und verspüre das erste Mal echte Vorfreude. In den vergangenen Wochen war ich so beschäftigt, dass ich immer nur ganz schnell durch die Wohnung gehuscht bin. Aber jetzt ist sie wirklich so gut wie fertig und sieht trotz der bröckelnden Biofarbe einfach traumhaft aus.
    Der honigfarbene Holzfußboden ist noch versteckt unter einem Malervlies, aber an einigen Stellen kann ich den goldenen Farbton hervorblitzen sehen. Die Wände sind weiß (nun ja, größtenteils), und die hohen Holzfenster und -türen sind in einem zarten Cremeton lackiert. Im Badezimmer gibt es ebenfalls cremefarbene Fliesen an den Wänden, und der Boden ist mit dunklem Steinzeug belegt, unter dem – tata! – eine Fußbodenheizung auf ihren ersten Einsatz wartet.
    »Ich freue mich so!«, rufe ich laut, und sowohl Edgar als auch Simon gucken um die Ecke ins Bad.
    »Sie freut sich«, seufzt Edgar zufrieden, und Simon grinst mich an.

Kapitel 30
    So erfreulich geht es in den kommenden Wochen allerdings nicht weiter. Ich entwickle eine erschreckende Form der Schwangerschaftsdemenz. Simon hat mir sogar schon ein Schild gebastelt, auf dem steht:
    Ich bin Paula. Bitte bringen Sie mich zu Simon. Schnell, ich bin verwirrt.
    Er überreicht es mir mit einem Band daran bei unserem gemeinschaftlichen Hofessen zur Mittagszeit und hat die Lacher auf seiner Seite. Ich bin not amused , aber vermutlich werde ich das zehn Minuten später schon wieder vergessen haben. Selbst wenn alle Mütter, die ich kenne, mir attestieren, dass Schwangerschaftsdemenz eine übliche Begleiterscheinung der Brutphase ist, finde ich es unglaublich. Mein Leben wird nur noch durch mein piependes Handy und gelbe Post-it-Zettel strukturiert. Da mein Hirn nicht mehr zuverlässig funktioniert, habe ich es outgesourct. Sogar auf dem Klo wurden schon gelbe Klebezettel von mir gesichtet.
    Am Tag zuvor erst stand ich vor der Tür zur Tischlerei und wusste, dass ich etwas von Simon wollte. Etwas Dringendes. Aber ich hatte es VERGESSEN ! Simon beschriftete daraufhin ein weiteres Post-it mit den Worten »Simon, Freund«, den er sich auf die Stirn klebte.
    Als ich Gertrude Heidbrumme mein Leid klage, erklärt sie mir trocken, dass sie ihre vorkindliche Hirnleistung niemals wieder voll erreicht hat. Auf die Schwangerschaftsdemenz folgt unweigerlich die Stilldemenz, und danach tritt frau in einen Zustand der mütterlichen Grundverwirrtheit ein, welcher offenbar niemals mehr ganz weggeht. Tolle Aussichten.
    Und ganz neue Dinge passieren plötzlich in meinem Leben. Ich hoffe zumindest, sie sind wirklich neu und nicht der Gesamtlöschung meiner internen Festplatte zum Opfer gefallen.
    Zum Beispiel sind wir seit vier Wochen jeden Sonntag bei meinen Eltern zum Essen eingeladen. Totaler Klassiker, wie ich finde. Und meine Eltern beabsichtigen auch, dies die nächsten Jahre in dieser Form weiterzuführen. Das habe ich in ihrem Wandkalender nachgelesen, dort ist jeder Sonntag gelb markiert und mit den Worten » KINDER « versehen. (Meine Eltern sind vermutlich die einzigen Menschen, die über einen Kalender für die nächsten zehn Jahre verfügen.)
    Mit »Kinder« ist alles gemeint, was Schmidt’sche Gene im Blut hat oder mit einem solchen Genträger in eheähnlicher Gemeinschaft lebt. Das schließt seit Neustem sowohl Simon als auch Nummer dreiundsiebzig mit ein. Ja, Toms Herz ist geheilt. Wobei wir versuchen, uns

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