Nicht die Bohne!
Stunde untätig herum und fahren dann mit meinem Golf ebenfalls zum Hof. Die Wohnungsübergabe wird erst Dienstag stattfinden, es bleibt also noch ausreichend Zeit, um einmal den Besen zu schwingen und meine alte Bleibe hübsch zu machen.
Auf dem Hof ist die Hölle los. Man könnte zu dem Schluss kommen, dass mein Einzug ein echtes Event für alle Hofbewohner und Freunde darstellt. Über meiner Tür prangt sogar eine bunte Girlande mit den Worten »Herzlich willkommen!«, und Alina erwartet uns mit Kaffee und selbst gebackenem Kuchen. Harry hat sich für diesen Anlass extra fein gemacht und trägt heute so etwas wie eine Frisur (alle Igelstacheln sind mit mindestens fünfhundert Gramm Öko-Haargel am Kopf festgeklebt, sehr apart). Sogar meine Eltern sind angereist, um zu helfen.
Sobald der frische Zuckerkuchen restlos vertilgt ist, schleppen acht Leute den Inhalt des Transporters in meine neue Wohnung. Dementsprechend dauert es auch nur eine Stunde, bis in meinem neuen Zuhause das totale Chaos tobt.
Als sich dann auch noch mein Kleiderschrank vehement gegen einen erneuten Aufbau wehrt, indem er einfach immer wieder alle Seitenteile und Türen von sich wirft, herrscht auch in meinem Innersten Chaos. Die Bohne tritt seit Stunden gegen meine Rippen, und irgendwie fühle ich mich komisch. Undefinierbar komisch und erschöpft.
Dann mokiert Olaf sich über das Babybettchen, das von Simon höchstpersönlich geschreinert wurde, aber offenbar den neusten Hightech-Anforderungen nicht genügt, und mein Vater fährt ihn schroff an, er solle jetzt mal die Klappe halten, was Olaf natürlich nicht tut. Stattdessen höre ich ihn im Wohnzimmer aufgeregt sagen: »Hör mal, es ist auch MEIN Kind!«, und bekomme kurzfristig Schnappatmung.
Das hat mir alles noch gefehlt. Die ganze Zeit schlage ich mich alleine durch das steinige Leben einer Schwangeren, und jetzt kommt er daher und erhebt Besitzansprüche?
Ich setze mich auf mein Sofa, das aus Platzmangel noch auf der Terrasse weilt. Plötzlich möchte ich mich einfach nur noch hier und jetzt zusammenrollen und tot stellen. Dann sehe ich Mara mit hochrotem Kopf ins Wohnzimmer eilen. Sie ist offensichtlich in Kampfeslaune, es fehlt nur noch der schwarze Rauch aus den Nasenlöchern. Nicht gut. Sie wird sich einmischen. Weil sie sich immer einmischt. Ich hätte jetzt gern eine Bettdecke, die ich mir über Bauch und Ohren ziehen kann.
Da keine Decke zur Hand ist, schließe ich stattdessen ergeben die Augen, und im nächsten Moment legt GSG -Mara los: »Du hast Paula so was von hängen lassen!«
Kurze und spannungsfördernde Pause, dann: »Was okay ist, denn sie ist ohne dich sowieso besser dran!« Leicht süffisanter Unterton.
»Aber dann bleib dabei!« Bitterböses Fauchen. »Paula hat ihr Leben gut organisiert, und du kommst da nicht drin vor. ALSO HALT DICH RAUS !«
Die letzten Worte brüllt sie, und ich zucke zusammen. Super, in meinem Wohnzimmer findet gerade eine Konflikteskalation statt. So viel zum guten Chi in meiner neuen Wohnung.
»Ich musste mich vielleicht erst mal mit dieser Situation befassen? Verdammt, für mich war es auch nicht leicht!«, brüllt Olaf im nächsten Augenblick zurück.
Mara pariert knallhart: »Natürlich, du Armer! Musstest du auch monatelang kotzen? Hast du auch deinen Job verloren? Musstest du auch umziehen? Du bist doch nur semibeteiligt. Es war dein Samen, mehr nicht. Sämtliche Konsequenzen trägt Paula. Zum Glück jetzt nicht mehr alleine.«
»Okay, in die Ecken«, höre ich Simons dunkle Stimme im nächsten Moment. »Keine Schlägerei in der frisch gestrichenen Wohnung. Das hat mich wertvolle Stunden meines Lebens gekostet, ja? Blut an den Wänden kommt also nicht infrage!«
Erstaunlicherweise schweigt Mara, und auch von Olaf höre ich keinen Mucks mehr.
»Mara, ob du wohl die ganzen Badsachen für Paula einräumen könntest?«, fragt Simon sie ganz charmant, und Mara tut, wie ihr geheißen, und verschwindet ins Badezimmer. Ob er sie mit einem Chanel-Nagellack aus meiner Kollektion bestochen hat?
»Und könnten wir zwei mal eine kurze Pause machen und ein zukunftsorientiertes Gespräch über das Kind führen?«, fragt er Olaf, kurz nachdem die Badezimmertür krachend ins Schloss gefallen ist.
»Nicht hier«, knurrt Olaf.
»In meiner Werkstatt«, antwortet Simon prompt. Olaf scheint ihm kommentarlos zu folgen, denn ich höre, wie ihre Schritte leiser werden.
Eine Stunde später sind sie immer noch verschwunden, dafür hat Harry
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