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Nicht die Bohne!

Nicht die Bohne!

Titel: Nicht die Bohne! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Steffan
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Auto zu schleppen, sondern einfach, um für mich da zu sein.
    »Vielleicht stimmt das«, sage ich vorsichtig. »Ich fühle mich zurzeit ziemlich erschöpft und so … oh, ich habe kein Wort. Offen? Verletzlich? Wusstest du, dass ich keine Nachrichten mehr gucken kann? Weil die Welt so schlecht ist! Das war sie doch vorher auch, verdammt! Aber jetzt kann ich nicht mehr damit umgehen. Ob das so bleibt?«
    »Hm, ich befürchte ja.« Als er meinen panischen Blick sieht, spricht er schnell weiter. »Also, ich glaube, dass Frauen, die ein Kind bekommen, aus gutem Grund so sensibel sind. Auch du wirst dich irgendwann wieder mit den Dramen dieser Welt befassen können. Meine Schwägerinnen sind alle irgendwann wieder normal geworden.« Er hält kurz inne und fügt dann hinzu: »Na ja, um ehrlich zu sein, waren sie alle schon vorher ziemlich bescheuert.«
    Andrea und Jutta haben mir das Gleiche erzählt. Dass sich die Seele in den Wochen vor der Geburt noch einmal verselbstständigt und hochempfindlich wird. Gestern musste ich weinen, als in einer Hundefutterwerbung kleine Welpen auftraten. Ich bin erschüttert über meine Seele.
    »Aha«, sage ich deswegen nur und lehne mich an Simons Schulter.
    »Wenn du gestattest, würde ich gern ein wenig mehr auf dich aufpassen«, murmelt Simon sehr höflich in mein Haar, und ich nicke. Denn es klingt ganz gut in meinen Ohren, dass jemand auf mich aufpassen will. Und es macht Sinn. Ich muss ja schon auf die Bohne aufpassen, da bin ich mit mir selbst gerade etwas überfordert.
    »Ich habe dann jetzt meine kleine Ansprache beendet und würde gerne mit dir schlafen«, murmelt Simon in meine Locken. »Vorausgesetzt, du fühlst dich danach. Sonst könnten wir auch ein Eis essen gehen oder einfach hier sitzen bleiben. Wie es dir beliebt. Du bist der Chef.«
    »Nö, Sex ist gut«, murmle ich zurück, und die nächsten Stunden verbringen wir im Bett. Erst lieben wir uns dreimal hintereinander (unser gegenseitiges Bedürfnis nach Nähe war offenbar noch steigerungsfähig), dann öffnen wir das Schlafzimmerfenster, lauschen den verrückten Amseln vor dem Haus und liegen einfach nur da. Simon mit einer Hand auf meinem Kopf, mit der anderen auf meinem Bauch.
    Am Nachmittag müssen wir diesen herumlungernden Zustand allerdings unterbrechen, denn ich habe einen Termin in einer Hebammenpraxis. Die Hebamme heißt Gertrude Heidbrumme, und als meine Schwester sie als die ultimative Geburtsbegleiterin anpries, konnte ich mich wegen des seltsamen Namens gar nicht auf den Bericht über ihre angeblichen Heldentaten konzentrieren. Also bitte, Gertrude Heidbrumme! Das ist doch kein Name, das grenzt doch fast schon an Körperverletzung.
    Nichtsdestotrotz werde ich sie mir anschauen. Die Zeit drängt, und ich brauche eine fähige Hebamme. Simon will unbedingt mit und die Frau mit dem seltsamen Namen persönlich kennenlernen, aber ich parke ihn in einer Eisdiele in der Nähe der Praxis.
    »Du schließt mich aus deinem Leben aus«, sagt er düster, nachdem er sich ein Spaghetti-Spezial bestellt hat, und ich nicke fröhlich.
    »Nur aus diesem Teil, Simon. Da muss ich alleine durch. Oder besser: mit qualifiziertem Fachpersonal.«
    Diese Entscheidung steht schon lange fest, wurde aber durch das Studium von Seite achtundneunzig bis einhundertzwölf in meinem Schwangerschaftsratgeber noch mal untermauert. Vierzehn Seiten voller Spannung, beängstigender Informationen und dem eindeutigen Hinweis: Männer könnten bei einer Geburt eventuell überflüssig sein. Das mag natürlich mit einem liebevollen Kindsvater an der Seite etwas anders geartet sein, aber ich habe nur einen Kindsvater (zwar zahlungswillig, aber alles andere als liebevoll) und einen liebevollen Freund.
    Das Ganze bleibt also ein »Frauending«, wie Jutta es verschwörerisch nennt. Und für dieses »Frauending« brauchen wir jetzt noch eine dritte im Bunde; eine, die sich am richtigen Ende auskennt. Mit Verlaub, Jutta und auch Andrea waren bei ihren eigenen Geburten am anderen Ende beschäftigt.
    Die Hebammenpraxis befindet sich in einem schicken Altbau eine Straße von der Eisdiele entfernt. Ich erklimme den ersten Stock und klingle an der reich verzierten Holztür. Kurz darauf höre ich das Klackern von hohen Absätzen, und die Tür wird energisch aufgerissen. Mein freundliches »Hallo« bleibt mir fast im Halse stecken, als mein Blick auf Gertrude Heidbrumme fällt. Irgendjemand hat da bei der Namensvergabe nicht aufgepasst. Warum hat man die Eltern von

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