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Nicht die Bohne!

Nicht die Bohne!

Titel: Nicht die Bohne! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Steffan
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nicht reagiert, sondern mich nur anguckt wie das achte Weltwunder, sage ich schließlich hoheitsvoll: »Nimm’s mir nicht übel, aber ich finde, du hast diesbezüglich eine etwas monoperspektivische Sichtweise.«
    Verblüfft hebt Simon die Augenbrauen. »Ich habe was?«
    »Traust du mir nicht zu, mit so etwas umzugehen?«, frage ich zurück. Ich verschränke die Arme und kneife die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. »Mann, du Idiot. Ich bin verliebt in dich. Es kann doch nicht sein, dass du das einfach so ignorierst, weil du ein appes Bein hast!«
    Spätestens jetzt wäre wohl der Zeitpunkt, mein Gehirn wieder einzuschalten und in den Vernunftmodus umzuschwenken. Leider bin ich aber so in Fahrt, dass die ganzen Gefühle der vergangenen Stunden aus mir heraussprudeln. »Was kannst du denn nicht? Verrate es mir endlich, damit wir die Sache ein für alle Mal klären können! Du bist in der Lage, Wohnungen zu renovieren, Türen zu tischlern und ganze Küchen zu bauen. Was verdammt noch mal kannst du nicht?«, fauche ich, warte die Antwort aber nicht ab, sondern stampfe erbost mit der Ferse auf den Fußboden.
    »Aua!«, zische ich empört und eröffne übergangslos die zweite Runde meiner Verbalattacke. »Es ist mir so scheißegal, ob du ein oder zwei Beine hast. Du … du … Arsch!«
    Super, Paula. Eine verbale Meisterleistung. Entweder wird er mir jetzt sagen, ich soll zur Hölle fahren, oder mir einen guten Therapeuten empfehlen. Die Atmosphäre ist auf jeden Fall sehr weit weg vom Zustand der Entspannung.
    Erst mal passiert jedoch nichts. Simon schweigt, und da sein Gesicht nach wie vor wie versteinert ist, schiebe ich ein wenig leiser nach: »Es tut mir leid, dass ich gestern einfach so in deine Wohnung geplatzt bin. Die Situation war beschissen. Aber ich will nicht, dass es vorbei ist. Nicht wegen einer Beinprothese. Es gibt wirkliche Gründe, eine Beziehung zu beenden. Also, vorausgesetzt, wir hätten eine Beziehung. Ein Ersatzbein gehört nicht zu diesen Gründen, finde ich. Und ich finde auch, dass ich die Chance bekommen sollte, mich damit zu befassen. Denn nein, Simon, ich weiß nicht, was das bedeutet. Ich weiß nur, dass es meine Gefühle für dich nicht verändert hat.« Erschöpft schweige ich, falte die Hände vor meinem Bauch, starre auf den Boden und warte auf eine Reaktion.
    Die lässt allerdings auf sich warten. Nach gefühlten acht Minuten sagt er schließlich leise: »Es tut mir sehr leid, was ich gestern Abend gesagt habe.«
    Ich hebe den Blick. Simon steht verloren hinter seiner Werkbank, die Hände in den Hosentaschen. Sein Blick wandert von der Werkstattdecke zu mir und wieder zurück. »Kann ich dich heute Abend auf eine Nicht-Öko-Pizza einladen? Nachdem ich diesen Bericht geschrieben habe?« Seine Stimme klingt fest, und endlich sieht er mich direkt an.
    »Um sieben?«, frage ich zurück, und er nickt.
    »Danke«, sagt er heiser.
    »Wofür?«, gebe ich vorsichtig zurück.
    »Dass du so hartnäckig bist.« Vor Erleichterung fällt mir nichts mehr ein, und ich lächle ihn stattdessen ein wenig blöd an. Zügig laufe ich zurück in mein Büro und bemühe mich, die Zeit bis zu unserer Verabredung irgendwie totzuschlagen. Im Endeffekt verläuft der restliche Nachmittag so ähnlich wie der erste Teil des Tages: Ich starre auf den Computerbildschirm, während in meinem Kopf die Gedanken rasen. Mit dem Unterschied, dass sich seit meiner Rückkehr aus der Tischlerei immer wieder ein hoffnungsvolles Grinsen in mein Gesicht schleicht.
    Pünktlich um sieben klopfe ich so heftig an Simons Wohnungstür, dass auf der anderen Seite vermutlich der Putz von den Wänden rieselt. Soll ja keiner sagen, dass ich nicht lernfähig bin. Ich warte vor der verschlossenen Tür, bis Simon sie aufreißt.
    »Hallo«, sagt er atemlos. »Komm rein.« Er klingt ein wenig formell.
    »Hätte ich Blumen mitbringen sollen?«, erkundige ich mich und stelle mich auf die Zehenspitzen, um ihm einen verhaltenen Kuss auf die Wange zu drücken. Ich kann seine Anspannung förmlich spüren. Aber er hat mir eine Thunfischpizza in den Ofen geschoben, grünen Wackelpudding kalt gestellt und den Tisch sehr hübsch gedeckt. Es gibt sogar Stoffservietten, und mein Apelsap wird mir in einem stilvollen Weinglas serviert.
    Während ich die völlig überflüssigen Zwiebeln von meiner Pizza herunterpule, beginnt Simon mir seine Geschichte zu erzählen. Womit ich die Zwiebeln, den Thunfisch und auch alles andere um mich herum umgehend vergesse.

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