Nicht ganz sauber
enttäuscht.
Zwei weitere Wochen zogen ins Land, die Sommerferien in Hessen waren fast vorbei, da bekam ich am Sonntag eine SMS:
»Hallo, Justyna, kannst du am Dienstag bitte pünktlich um acht Uhr hier sein? Danke, Conny.«
Instinktiv tippte ich folgende Antwort:
»Hallo, Conny, das schaffe ich leider nicht. Ich finde es übrigens nicht in Ordnung, dass du mir nicht Bescheid gegeben hattest, dass ihr nun doch in den Urlaub gefahren seid. Ich stand vergeblich vor eurer Tür. Zweimal. Meine Anrufe und meine SMS hast du auch nicht beantwortet …«
Ich dachte, nun würde eine Entschuldigung folgen oder eine kurze Erklärung. Immerhin zog ich nach wie vor die Möglichkeit in Betracht, dass das alles ein großes Missverständnis war. Damit wäre die Angelegenheit auch bereinigt gewesen. Doch ich wurde eines Besseren belehrt:
»Dann musst du am Dienstag gar nicht mehr kommen.«
Autsch. Das saß. Wie eine Ohrfeige. Damit war die Sache für mich also gegessen. Und die gute Stelle gestrichen.
Da Conny und Ivan mir aber noch zwei Monate Lohn schuldeten, schrieb ich sie eine Woche später erneut per SMS an.
»Hallo, Conny, mir ist aufgefallen, dass ich noch Geld von euch bekomme. Den Lohn für acht Wochen. Bitte hinterlasse ihn doch bei Maria. Danke und Gruß, J.«
Es vergingen keine zwei Minuten, bis ich ihre Antwort erhielt:
»Hallo, Justyna, du solltest das Geld schon selber abholen. Dann kannst du mir ja auch gleich mal erklären, warum du es nicht mehr für nötig erachtest, zur Arbeit zu erscheinen.«
Es vergingen keine neunzig Sekunden, bis ich folgende SMS zurücksendete:
»Conny, ich kann es mir einfach nicht leisten, dass du wegfährst und mir nicht mal Bescheid gibst. Ich komme zu dir, stehe vor der Tür, und keiner macht auf. Ich habe auf deinem Handy angerufen, und mehrere Wochen warst du nicht in der Lage, mich zurückzurufen. Ich kam damals auch vom Urlaub zurück und hatte eine Menge Arbeit vor mir. Also, anstatt vor deiner Tür zu stehen, hätte ich woanders Geld verdienen können.«
Kurze Zeit später piepste mein Handy:
»Das kannst du mir ja persönlich sagen. Das wäre deutlich höflicher.«
Nun platzte mir der Kragen. Eine SMS zu schreiben ist immer noch besser, als sich gar nicht zu melden.
»Soll ich meine Beschwerde vielleicht gleich schriftlich einreichen? Per Einschreiben?«
Conny beendete daraufhin unsere SMS-Debatte mit folgendem Satz:
»Das hier ist einfach nicht mein Niveau, Justyna. Leb wohl.«
Zum Schluss kam ich mir vor wie das kleine, dumme Mädchen, das etwas ausgefressen hatte. Dabei hätte ich mir doch nur eine Entschuldigung gewünscht. Aber manche Menschen begegnen Kritik mit Arroganz und Überheblichkeit und eröffnen gerne mal Nebenschauplätze, um von den eigentlichen Dingen abzulenken. So auch Conny. Ihr passte es nicht, dass ich, die Putzfrau, ihr einen Vorwurf gemacht hatte. Vielleicht dachte sie auch, dass Leute wie ich generell kein Recht haben, sich zu äußern, wenn ihnen etwas missfällt.
Schade, denn es war ansonsten eine tolle Zeit bei ihnen. Bis auf das unschöne Ende und die Tatsache, dass Conny in der Nachbarschaft rumerzählt, sie hätte mich »rausgeworfen«.
Aber dadurch lasse ich mir meinen Dienstag nicht vermiesen. Schließlich habe ich immer noch zwei tolle Stellen an meinem Lieblingsputztag.
Mein Geld habe ich übrigens bis heute nicht bekommen …
Die Klofrau und das Muttersöhnchen
E s ist schon ein paar Jahre her, da putzte ich bei einem netten älteren Ehepaar, den Bodowskis. Sie hatten eine sehr schöne Jugendstilvilla in Frankfurt-Niederrad. Sie waren beide pensioniert, also in ihren frühen Siebzigern. Hinter ihrer Villa breitete sich ein wunderbarer, parkähnlicher Garten aus, an dessen hinterem Ende ein weiteres, kleineres und um einiges bescheideneres Häuschen stand. Ich denke, es wurde ursprünglich zu dem Zweck errichtet, das Personal unterzubringen. Heute wohnt dort Kai-Uwe Bodowski. Der Sohn. Einige würden auch sagen: das Muttersöhnchen. Jedenfalls erfüllte er alle Kriterien, um diese Bezeichnung zu verdienen. Er war bereits Anfang vierzig und lebte dort mit seiner Frau Phuong-Anh, die ursprünglich aus Thailand kam. Ich habe nie erfahren, wie er sie kennengelernt hatte. Es interessierte mich auch nicht wirklich. Denn er war mir alles andere als sympathisch. Er hatte so gar nichts von seinen Eltern, die trotz Reichtum und einer
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