Nicht ganz sauber
Messer und Gabel nur zu dem Zweck nutzen, deutsche Autos aufzubrechen und dann zu klauen. Zum Thema ›fehlende Manieren‹ kann ich dir noch mehr Beispiele aufzählen, wenn es dir noch nicht reicht …«
»Doch«, erwiderte er, »es reicht. Verschwinde von hier.«
»Nichts lieber als das. Ich denke, ihr solltet euch heute Abend einen neuen Babysitter suchen.«
Damit war die Geschäftsbeziehung mit den Promis beendet. Aber ich war so stolz auf mich. Ich war erleichtert und fühlte mich an diesem Abend einen halben Meter größer. Ich bin viel selbstbewusster geworden, lasse mir nicht mehr so viel bieten wie früher. Vielleicht bin ich auch einfach nur älter geworden. Ich habe jedenfalls gelernt, mich zu wehren, wenn mir Unrecht widerfährt.
Ich habe gelernt, den Mund aufzumachen.
Und den Respekt einzufordern, der mir gebührt und den ich meiner Umwelt in gleichem Maße entgegenbringe. Und ich weiß ganz sicher, dass ich deshalb keine polnische Putze bin, die keine Manieren hat.
Wann wird es endlich wieder Dienstag?
D iese Frage stelle ich mir immer schon am Mittwoch. Denn Dienstag ist ein guter Tag für mich. Obwohl ich arbeiten muss. Ich habe drei Stellen hintereinander in einem schönen Vorort von Frankfurt. Bei drei Bilderbuchfamilien. Ich denke, es ist die berühmte Chemie, die zwischen uns allen einfach stimmig ist. Ich habe es hier mit drei Dream-Teams zu tun.
Dream-Team I:
Da hätten wir zunächst Maria und Josef. Maria ist Hausfrau und Josef Handelsvertreter für einen Mobilfunkkonzern. Sie haben drei Kinder, zwei davon gehen bereits in die Schule, das dritte noch in den Kindergarten. Alle drei sind katholisch. Die gesamte Familie besteht aus Katholiken. So etwas kannte ich bis dato nur aus Polen. Die Mutter geht mit ihren Kindern jeden Tag in die Kirche. Der Vater ist leider die meiste Zeit während der Woche beruflich auf Reisen. Sie kocht jeden Tag für die Kinder, mindestens einmal. Immer sitzt man bei Maria und Josef während der Mahlzeiten gemeinsam am Tisch. Immer gibt es nette, lockere Gespräche. Die Kinder sind ungemein kommunikativ, verstecken sich nicht in ihren Zimmern hinter Gameboys, Playstations oder anderen elektronischen Ersatzfreunden. Sie gehen bei Wind und Wetter hinaus zum Spielen. Oder sie malen und töpfern. Und sie sind nie schlecht gelaunt, sondern immer höflich und aufgeschlossen. Respektieren ihre Umwelt, einschließlich meiner Wenigkeit.
Maria hat stets ein offenes Ohr für mich. Bittet mich, ihr bei Kaffee und Kuchen Gesellschaft zu leisten.
Für mich eine heile Welt, die ich so nicht kenne und nie kennengelernt hatte.
»JUSTYNA, DER KAFFEEEE IST FERTIG.«
Diesen Satz, aus Marias Mund, höre ich jeden Dienstag. Die vier Worte bedeuten mir eine Menge.
Es mag banal klingen, aber dort – in meinem Stück heiler Welt – macht mir das Putzen richtig Spaß.
Dream-Team II:
Steffi und Paul. Ein Ehepaar um die vierzig. Sie haben vier Kinder im Alter von fünf bis fünfzehn. Steffi hat ihren Beruf als Ärztin aufgegeben, um ihre Kinder großzuziehen. Paul ist niedergelassener Internist. Intelligente und herzliche Menschen. Jedes Mal, wenn die Kinder von der Schule und vom Kindergarten nach Hause kommen und ich gerade beim Putzen bin, geben sie mir die Hand, sagen »Guten Tag, Justyna«. Sie siezen mich, und das ist mir schon fast unangenehm … Auf jeden Fall ist auch diese Familie eine besondere. Denn hier wird Nächstenliebe und Großzügigkeit nicht nur gepredigt, sondern auch gelebt. Die Kinder teilen alles miteinander. Egal ob Spielzeug oder Essen. Ich habe sie noch nie miteinander streiten gehört. Wenn ich das mit meiner Kindheit vergleiche, und den damit verbundenen Kämpfen mit meiner Schwester, kommt mir das alles gleich noch unwirklicher vor.
Steffi nimmt sich stets Zeit, um mit mir zu reden. Um mich zu fragen, wie es mir geht. Und bei ihnen geht es mir immer gut …
Dream-Team III:
Conny und Ivan. Auch ein sehr nettes Paar. Sie haben zwei Mädchen, zwölf und sechzehn Jahre alt. Beide gehen aufs Gymnasium. Conny ist mittlerweile Hausfrau und trainiert eine Mädchenfußballmannschaft. Ivan ist Softwareentwickler.
Auch dort fühle ich mich sehr wohl. Da ich an jedem Dienstag immer bei ihnen anfange zu putzen, sehe ich die Kinder sehr selten. Also nur, wenn sie Schulferien haben. Ich kenne sie also nicht wirklich gut. Ivan habe ich erst nach einem Jahr kennengelernt. Er ist bereits auf dem Weg
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