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Nicht ganz sauber

Nicht ganz sauber

Titel: Nicht ganz sauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justyna Polanska
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niemanden schwarz für sich arbeiten lassen, daher bestand sie darauf, meine Mutter anzustellen und ihr Gehalt zu überweisen. Ich war froh, meine Mutter mehr oder weniger abgesichert zu wissen. Doch an der ganzen Sache war natürlich auch wieder ein Haken. Weder ich noch meine Mutter hatten zu diesem Zeitpunkt ein deutsches Konto. Daher hatten wir die Idee, das Gehalt meiner Mutter auf das Konto einer polnischen Kollegin überweisen zu lassen, die ich zu diesem Zeitpunkt bereits seit zwei Jahren kannte und die mir äußerst vertrauenswürdig erschien. Außerdem hatte sie von sich aus ihre Hilfe (und ihr Konto) angeboten.
     
    Oder hätte mich das schon stutzig machen sollen …?
     
    So verging der erste Monat. Und meine Mutter rief die Kollegin am Dritten des Folgemonats an, um mit ihr die Geldübergabe zu vereinbaren.
     
    »Tut mir leid. Das Geld ist noch nicht auf meinem Konto.«
     
    Meine Mutter, bescheiden und damals noch zu sehr von der neuen Umgebung eingeschüchtert, ließ es zunächst darauf beruhen. Und um mich nicht zu sehr damit zu belasten, informierte sie mich auch nicht, dass sie noch kein Geld erhalten hatte.
     
    So vergingen einige Wochen. Ich war in dem Glauben, meine Mutter hätte bereits ihr erstes Gehalt bekommen. Dann, eines Abends, telefonierte ich mit meinem Vater in Polen. Er sagte zu mir:
     
    »Weißt du, deine Mutter hat Hemmungen, sich bei der Frau mit den Treppenhäusern zu beschweren, aber die hat immer noch kein Geld überwiesen. Und dich wollte Mama damit auch nicht belästigen.«
     
    Nach dem Gespräch mit meinem Vater war ich wütend. Zum einen darüber, dass die adelige Dame meine Mutter ausnutzte. Sie war das wahrscheinlich schwächste Glied in ihrem Mitarbeiterstab. Weil sie eben »nur« bei ihr putzte und ihr Deutsch auch nicht so gut war, als dass sie ernsthaft eine Diskussion mit Frau von D. hätte beginnen können. Zum anderen war ich aber auch auf meine Mutter sauer, weil sie sich nicht zur Wehr setzte. Und mir nichts von der ganzen Geschichte erzählt hatte.
     
    Also übernahm ich die Initiative, ohne ihr etwas zu sagen, und rief bei der Dame an. Sie war sehr nett zu mir und ehrlich erstaunt, dass meine Mutter das Geld noch nicht hatte. Sie hatte es nämlich bereits drei Wochen zuvor pünktlich überwiesen. Sie könne mir auch den Kontoauszug zeigen, fügte sie hinzu. Ich bestand nicht darauf, denn ich hatte mittlerweile einen anderen Verdacht … Daher entschuldigte ich mich für die Störung, bat Frau von D., meiner Mutter nichts davon zu erzählen, und beendete das Gespräch.
     
    Wie es der Zufall wollte, wusste ich, dass die polnische Kollegin heute ihren freien Tag hatte, und da ich nicht weit von ihr entfernt war, fuhr ich zu ihr, um ihr einen Überraschungsbesuch abzustatten.
     
    Es war wie im Film.
     
    Als ich vor ihrer Haustür im Treppenhaus stand, hörte ich von drinnen ihre Stimme und eine andere, wahrscheinlich die ihres Mannes. Dann, nachdem ich geklingelt hatte, verstummten die Stimmen, und es herrschte Totenstille. Ich bildete mir ein, einen Schatten hinter dem Türspion zu sehen.
    Zuerst war es nämlich hell, dann wurde es hinter der kleinen Linse dunkel, was bedeutete, dass jemand durchspähte, um zu sehen, wer da draußen war. Nach ein paar Sekunden wurde es wieder heller hinter der Linse. Ich klingelte noch einmal. Aber nichts tat sich. Dann platzte mir der Kragen, und ich klopfte mit der Faust energisch an die Tür.
     
    »Hallo, ich bin’s, Justyna. Ich weiß, dass ihr da seid.«
     
    Nach weiteren dreißig Sekunden öffnete sich endlich die Tür einen Spaltbreit, und ich erkannte das Gesicht von Lydia. Das war übrigens ihr Name. Sie tat überrascht und lächelte mich verkrampft an.
     
    »Justyna, so eine Überraschung, ich war im Badezimmer und habe dich nicht gehört.«
     
    Ich nahm mir zunächst vor, ruhig und besonnen vorzugehen, um sie nicht zu verärgern. Schließlich hatte ich nichts gegen sie in der Hand. Es gab natürlich keinen schriftlichen Vertrag oder so etwas. Und ein Rechtsstreit wäre uns teurer gekommen als das unterschlagene Gehalt meiner Mutter. Daher lächelte ich zurück und sagte:
     
    »Hallo, Lydia, entschuldige, dass ich einfach so vorbeischaue, wo du doch heute deinen freien Tag hast.«
     
    Ihre Unsicherheit legte sich ein wenig.
     
    »Das macht nichts. Allerdings habe ich jetzt gar keine Zeit für dich. Ich kann dich nicht einmal hereinbitten, denn ich muss gleich los und mich noch schnell fertig

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