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Nicht ganz sauber

Nicht ganz sauber

Titel: Nicht ganz sauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justyna Polanska
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Folgendes zur Last: Die überlangen Designervorhänge in seinem Wohn- und Schlafzimmer würden, nachdem ich den Parkettboden gewischt hatte, nicht schön drapiert auf dem Holz aufliegen. Ich sollte beim Drapieren darauf achten, »die Unterkanten einzurollen, ohne es zu gewollt erscheinen zu lassen«.
    Alleine um zu verstehen, was genau er von mir wollte, brauchte ich mehrere Minuten.
     
    Spätestens an dieser Stelle hätte ich Lothar um ein klärendes Gespräch gebeten, aber ich hatte nach wie vor Hemmungen wegen Mr. Chaos. Da ich also keinen anderen Ausweg sah und um einer mehrjährigen Gefängnisstrafe als verurteilte Ästhetikmörderin im Haushalt zu entgehen, klügelte ich ein Putzsystem für Lothar aus. Ich nannte es das Pedanten-Fünf-Schritte-System.
    Hierbei ging ich folgendermaßen vor:
     
    Schritt I
    Analyse des Bügelwäschehaufens inklusive Zeiteinschätzung
     
    Schritt II
    Hausbegehung, um festzulegen, welche Bereiche putztechnisch zu vernachlässigen sind, damit Bügelzeit kompensiert werden kann
     
    Schritt III
    Fotografieren von Badewannenarmatur und Vorhangzustand, um nach dem Putzen eins zu eins die morgendlich vorgefundene Situation nachzustellen
     
    Schritt IV
    Bügeln und Putzen
     
    Schritt V
    Anhand des Fotos auf meinem Handy Shampoo und Duschgel zurück auf den Badewannenrand stellen und die Unterkanten der Vorhänge auf dem Parkett so drapieren, wie ich sie vor dem Bodenwischen vorgefunden hatte.
     
    Mit meiner speziell auf Lothar zugeschnittenen Putzstrategie schien ich erfolgreich zu sein. Vorerst. Denn als ich nach weiteren vier Wochen die dritte Abmahnung auf dem Esstisch liegend vorfand, nahm ich mein Handy und schickte Mr. Chaos eine SMS:
     
    »Hi, Mr. Chaos, wie sehr hängst du an deinem Freund Lothar?«
     
    Mr. Chaos: »Wieso? Hast du sein Haus abgefackelt?«
     
    Ich: »Nein, aber noch eine weitere Abmahnung, und ich überlege mir das mal …«
     
    Mr. Chaos: »Abmahnung? Hä? Ruf mich heute Abend mal an. Bin gerade im Meeting.«
     
    Nachdem ich ihm abends die Situation geschildert hatte, versicherte er mir, dass ich wegen ihm nicht bei Lothar bleiben müsste. Er wäre auch kein Freund, sondern ein Geschäftskollege. Und wenn Lothar deswegen mit ihm brechen würde, könne er das auch noch verkraften …
     
    Erleichtert griff ich zu meinem Handy und rief Lothar an:
     
    »Hallo, Lothar, hier spricht Justyna. Ich habe heute die Abmahnung bekommen.«
     
    »Hallo, Justyna, ja, Mensch, das tut mir leid, aber du musst das verstehen, ich hänge an meinem Perserteppich. Und du saugst den meines Erachtens mit viel zu viel Druck. Die Staubsaugerabdrücke waren am Abend ganz klar zu erkennen. Weißt du, denk dir einfach, der Perser wäre ein Tier, das du streichelst …«
     
    »Du, Lothar, kein Problem. Ich bin sicher, du findest eine Putzfrau, die deinen Perserteppich streicheln kann. Ich denke, ich bin deinen Ansprüchen nicht gewachsen, daher höre ich lieber auf.«
     
    »Ach, das ist doch jetzt doof. Justyna, komm, jetzt sei doch nicht beleidigt …«
     
    »Bin ich nicht, Lothar, keine Sorge. Mir geht es richtig gut. Und ich habe durch deine konstruktiven Abmahnungen ’ne Menge gelernt. Also, alles Gute und ciao, ciao.«
    Wäre mein letzter Satz eine SMS gewesen, ich hätte ihm noch ein Smiley dahintergesetzt.
     
    Ich denke, es war die Unterstützung von Mr. Chaos und sein damit verbundener Freibrief, Lothar entgegenzutreten. Ich hatte in diesem Moment Rückenwind. Sonst wäre ich verbal nicht so schlagfertig gewesen.
     
    Ich war froh, meinen Fünf-Schritte-Putzplan nicht mehr anwenden zu müssen.
     
    Alles Gute, Lothar …

Justyna auf dem Bau
    A ls meine Schwester während ihres Studiums ihre Zwischenprüfungen hatte, war sie so mit Lernen beschäftigt, dass ich in dieser Zeit einige ihrer Stellen übernahm.
    So putzte ich auch für ein paar Wochen bei Otto. Otto war um die fünfzig, Single, arbeitssuchend und zeichnete sich durch drei gravierende Mängel aus: keine Klamotten, keine Unterwäsche und kein Geld.
     
    Jedes Mal, wenn ich zu ihm kam, war er mit nichts bekleidet außer einem Bademantel, der gerade mal so geschlossen war, dass die untere Hälfte seines Körpers bedeckt war. Seine spärlich behaarte Brust jedoch war zur Hälfte freigelegt, und Unterwäsche trug er definitiv auch nicht. Das sich abzeichnende Gemächt war Beweis genug. An meinem ersten Tag bei ihm war ich, nachdem er die Tür öffnete, so überrascht, dass ich ihn sofort fragte,

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