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Nicht ganz sauber

Nicht ganz sauber

Titel: Nicht ganz sauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justyna Polanska
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viel zu großen und viel zu schlechten grünen Staubsauger ging, ließ Anna-Maria einfach nicht mit sich reden.
     
    Aus dieser Problematik entwickelte sich zwischen uns beiden ein regelrechter Dauerwitz. Jedes Mal, wenn ich zum Putzen kam, verteilte ich an den verschiedensten Orten in der Wohnung Prospekte und Produktbeschreibungen unterschiedlicher Staubsaugerhersteller. Als Antwort darauf setzte sie Tiger, den Staubsauger, immer in den Wohnzimmersessel und schmückte ihn mit einzelnen Schnittblumen. Um mir zu signalisieren, Tiger sei ein Teil der Familie. Der seinen eigenen Thron hat. Die Söhne betrachteten unsere Herumblödelei stets mit einem kopfschüttelnden Grinsen. Wahrscheinlich kamen wir ihnen vor wie zwei alte, verrückte Weiber. Aber auch sie genossen das Schauspiel.
     
    Es war zum Totlachen.
     
    Als ich neulich erst mit Anna-Maria simste, fragte ich sie:
     
    »Und lebt das grüne Monster immer noch?«
     
    Darauf Anna-Maria:
     
    »Ja, Tiger freut sich sehr auf dich! Aber sei lieb zu ihm, er hinkt ein bisschen …«
     
    Es war ihm ein Rad abgefallen.
     
    Oh Tiger, mein Tiger …

Die kleinen, aber feinen Unterschiede – ein deutsch-polnischer Vergleich
    Die Sache mit den Manieren
    Der Deutsche sagt, wir Polen klauen Autos, prügeln auf der Straße Leute zusammen, die eine andere Hautfarbe haben, und stürmen gewaltsam jede Schwulenparade.
    Meinungsmache vom Übelsten – wie ich finde.
    Nur weil ein paar schwarze Schafe, zwischen deren Ohren große Leere herrscht, Mist bauen, ist diese Idiotenminderheit noch lange nicht repräsentativ für die breite Bevölkerung meines Heimatlandes.
     
    Was mir bei meinen Polenbesuchen immer wieder auffällt, ist, dass die Menschen einander noch wahrnehmen und aufeinander reagieren. Sei es auf der Straße, im Geschäft oder in der Straßenbahn. Ich hatte diesen Umstand zwar schon kurz einmal in Unter deutschen Betten erwähnt, jedoch handelt es sich hier um etwas, womit ich nach wie vor tagtäglich konfrontiert werde. Daher führe ich meine Gedanken hierzu noch ein weiteres Mal aus.
     
    Wenn man nicht gerade in Warschau oder Krakau ist, sondern in einer etwas kleineren Stadt, grüßt man sich sogar noch, wenn man aneinander vorbeigeht – ohne sich jemals vorher getroffen zu haben.
     
    Wenn jemand in einem engen Supermarktgang an einem dort stehenden Menschen vorbeiwill, hört man immer noch sehr oft ein »Verzeihen Sie, darf ich mal vorbei?«.
     
    Und für den älteren Menschen, den Gehbehinderten oder die Frau im neunten Monat wird gerne der Platz frei gemacht im Bus, wenn alle anderen Sitzgelegenheiten besetzt sind.
     
    Hatte man mit einem Fremden eine nette Unterhaltung, bedankt man sich meist noch für das Gespräch, bevor man sich verabschiedet.
     
    Das empfinde ich als Achtung voreinander. Und manchmal, an meinen guten Tagen, versuche ich, es in Deutschland wieder einzuführen …
    Die Sache mit den Traditionen
    Traditionen werden natürlich auch in Deutschland gelebt. Doch meines Erachtens zu wenig gepflegt. Sie werden zweckentfremdet. Da ist es wieder, dieses Wort … Denn ich habe das Gefühl, dass hierzulande mittlerweile alles zu sehr mit Kommerz verknüpft wird. Die Vorweihnachtszeit beispielsweise, wenn man sich an den Auslagen in deutschen Supermärkten orientiert, beginnt demnach bereits im September. Spekulatius, Dominosteine und sogar Lebkuchen bei einer Außentemperatur von fünfundzwanzig Grad Celsius, das verlangt in unseren Breiten nach einer Menge abstraktem Denken. Und ab November beginnt dann die ultimative Geschenkekaufschlacht. Jeder im Handel erhältliche Artikel eignet sich dann plötzlich perfekt als Präsent unterm Weihnachtsbaum. Wanddübel, Zahnbürste und Porno-DVD liegen dann in den jeweiligen Verkaufsregalen als »Verkaufsempfehlung für die Bescherung am Heiligen Abend«.
     
    Wir Polen, ich spreche in diesem Fall von den Katholiken, scheinen da mehr an den eigentlichen Traditionen zu hängen als weniger an der betäubenden Wirkung des Kaufrausches. Sonntags ist nun mal der Tag, um in die Kirche zu gehen, also gehen wir. Wenn sich ein Feiertag jährt, der ursprünglich eingeführt wurde, um in sich zu gehen und zu reflektieren, dann reflektieren wir.
     
    Das kann man für veraltet halten. Ich halte es für beruhigend. Und ein wenig Ruhe und Abstand zu Krise, Stress und Keiferei tut uns doch allen gut, oder?
    Die Sache mit der Rechnung
    »Die Rechnung übernehme ich«, »Lass mal, ich mach das schon« oder »Das

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