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Nicht ganz sauber

Nicht ganz sauber

Titel: Nicht ganz sauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justyna Polanska
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geht zusammen«. Diese Sätze hört man in Polen öfter als in Deutschland. Bei uns ist es Sitte, dass immer einer das Bezahlen im Restaurant, im Café oder in einer Bar übernimmt. Und der andere ist dann beim nächsten Mal dran. In Deutschland gibt es das anscheinend nur selten.
     
    Mal ganz ehrlich: Wenn ich ein Mann wäre und würde das erste Mal mit einer schönen Frau essen oder nur einen Kaffee trinken gehen, dann würde ich doch auf jeden Fall die Rechnung übernehmen. Vielleicht ist in diesem Zusammenhang aber auch die Emanzipation in Polen noch nicht so weit fortgeschritten wie in Deutschland. Doch es würde dort nicht passieren, dass man eine Rechnung von 5,70 Euro auseinanderdividiert. Gerade nicht, wenn Er mit Ihr unterwegs ist. Außer, die Frau ist Multimillionärin und der Mann ein Bettler.
     
    In Deutschland wird grundsätzlich getrennt gezahlt. Daran musste ich mich erst gewöhnen. Ich kenne deutsche Paare, die seit Jahren zusammen, ja sogar verheiratet sind. Selbst untereinander zahlen diese Paare separat. Wenn man Tisch, Bett und das Leben teilt, hört das Miteinander dann allen Ernstes beim Milchkaffee auf?
    Die Sache mit der Arbeitsmoral
    Bei diesem Thema werde ich mir auf keinen Fall ein Urteil anmaßen, wer besser ist, Polen oder Deutsche. Denn schließlich bin ich selber eine polnische Arbeitnehmerin, die bei deutschen Arbeitgebern putzt. Und ich habe einige Deutsche erlebt, die ihre Angestellten nicht gut behandeln. Aber noch viele mehr, die faire und freundliche Chefs sind.
     
    Ich erzähle lieber kurz von Lucas …
     
    Lucas ist ein polnischer Bekannter von mir, der in Offenbach lebt und als Handwerker arbeitet. Als Mr. Chaos letztes Jahr seine Wohnung renovierte, brauchte er unter anderem jemanden, der sein Badezimmer umbaut. Und da Lucas gelernter Sanitärhandwerker ist, vermittelte ich ihn an Mr. Chaos. Sie trafen sich in der Wohnung und besprachen, was zu tun sei und wie viel die Umbauarbeiten Mr. Chaos ungefähr kosten würden. Nachdem alles abgemacht schien, kam Lucas zum vereinbarten Termin zu Mr. Chaos. Er ließ Lucas in die Wohnung und verabschiedete sich, da er für die kommenden drei Tage beruflich auf Reisen sein würde. Lucas bekam einen Ersatzschlüssel und verabschiedete Mr. Chaos.
     
    Auf halbem Wege zum Flughafen fiel Mr. Chaos auf, dass er wichtige Unterlagen zu Hause vergessen hatte. Notgedrungen kehrte er um und machte sich wieder auf den Heimweg. Als er dann ungefähr eine Stunde später wieder in seine Wohnung kam, fand er Lucas mit einem Kumpel auf dem Balkon in der Sonne sitzend vor. Beide genossen Mr. Chaos’ einhundertfünfzig Jahre alten Whiskey.
     
    Kann man daraus Schlüsse ziehen über die »Arbeitsmoral« einer Nation? Hätte dasselbe passieren können, wenn Lucas Deutscher gewesen wäre? Ich fühlte mich jedenfalls genötigt, mich für meine polnischen Landsleute zu entschuldigen. Mr. Chaos entgegnete dazu nur:
     
    »Bei diesen Dingen kommt es dann doch eher auf den Charakter an als auf die Geburtsurkunde …«

Marie aus Belgien
    H ochmut kommt vor dem Fall«,
    »Hochmut zeugt von Kurzsichtigkeit«,
    »Hochmut tut selten gut«.
     
    So lauten sie, die Weisheiten zum Hochmut.
     
    Ich habe für diese Verhaltensschwäche mein eigenes Sprichwort kreiert:
     
    Irgendwann im Leben steht auch der Hochmütigste mit dem Rücken zur Wand.
     
    Ich denke da besonders an Marie aus Belgien.
    Die, die schon in Unter deutschen Betten ein eigenes Kapitel gewidmet bekam. Die mir schlimme Zeiten bereitet hat. Die mich verachtete, weil ich in ihren Augen minderwertig war.
    Eine polnische Putze.
    In Wahrheit aber sah sie sich selbst als minderwertig an – und unverstanden. Daher brüllte sie ohne Grund. Schikanierte mich, wann und wo sie konnte.
     
    Von ihr, der Hochmütigen, gibt es Neues zu berichten:
     
    Viele Jahre sind ins Land gezogen, seit ich Marie und ihrer Familie den Rücken gekehrt habe, um mich vor ihren negativen verbalen und physischen Attacken (einmal verfehlte einer ihrer Absätze mein Auge nur um ein paar Zentimeter) zu schützen. Die achtzig Euro meines noch ausstehenden Lohnes habe ich nie bekommen. Ich hatte auch keinen Nerv mehr, das Geld einzufordern, zu froh war ich, von ihr losgekommen zu sein.
     
    Umso erstaunter war ich, als vor ein paar Monaten, ein gutes Jahrzehnt später, ein Brief von Marie bei mir eintrudelte. Auf der Rückseite des Umschlages stand nur »Marie O«. Ich wusste sofort, um wen es sich handelte. Ich war

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