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Nicht ganz sauber

Nicht ganz sauber

Titel: Nicht ganz sauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justyna Polanska
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Irrtum.
     
    Als ich sie sah, erschreckte ich mich so sehr, dass ich fast hintenübergefallen wäre. Sämtliches Blut sackte aus meinem Kopf in die untere Hälfte meines Körpers. Mir wurde schwindlig. Sie sah mich nur an. Aber ihr Kinn bebte.
     
    In Erwartung des Schlimmsten stellte ich den Staubsauger aus.
     
    »Hallo, Sie haben mich vielleicht erschreckt. Ich habe Sie gar nicht nach Hause kommen gehört.«
     
    Sie ging in keiner Weise auf meine Bemerkung ein, sondern begann mit ihrem verbalen, atomaren Erstschlag:
     
    »WAS HATTE ICH IHNEN ZU DIESEM ZIMMER GESAGT?«
     
    »Entschuldigen Sie, aber ich dachte, ich könnte …«
     
    »ANTWORTEN SIE GEFÄLLIGST. WAS HABE ICH IHNEN ZU DIESEM ZIMMER GESAGT?«
     
    Sie brüllte so laut, dass das Geräusch eines Schlagbohrers neben ihr untergegangen wäre.
     
    »Sie sagten, dass ich hier nicht putzen soll.«
     
    Ich war erstaunt, dass meine Stimme immer noch so resolut klang. Das machte mich in diesem Moment witzigerweise stolz auf mich selbst. Es überraschte mich. Und machte mir klar, wie absurd diese Situation war und dass mich niemand so blöd anreden durfte.
     
    »GENAU. DAS SAGTE ICH. WAS FÜR EINE UNVERFRORENE, DUMME PERSON SIND SIE EIGENTLICH?«
     
    Okay, das war’s dann. Solange sie die Form wahrte, war das ja alles noch irgendwie furchteinflößend. Aber spätestens, seit sie mich eine dumme Person nannte, ging mein Respekt flöten. Und vor mir stand eine alte, verbitterte Frau, die ihren Lebensfrust nun an mir auslassen wollte.
     
    Ich blieb ganz ruhig und erwiderte:
     
    »Gnädige Frau, Sie haben einen an der Klatsche. Sie hätten besser Soldatin oder Feldwebel werden sollen. Auf jeden Fall bin ich nicht eine Ihrer Schülerinnen, die Sie so anreden können. Suchen Sie sich eine neue Putzfrau. Und am besten einen Psychiater.«
     
    Ich verließ den Raum, lief quasi durch sie hindurch in den Korridor und zog meine Schuhe und Jacke an. Sie drehte sich um und sagte in einem deutlich ruhigeren, aber immer noch feindseligen Ton:
     
    »Das wird ein Nachspiel für Sie haben.«
     
    Ich konnte nur noch lachen.
     
    »Ach ja? Dann viel Spaß beim Nachspiel. Und übrigens: Die Staubsaugerbeutel können Sie behalten. Schenke ich Ihnen.«
     
    Mit diesem Satz öffnete ich die Haustür und entwich in die Freiheit.
     
    Ich denke noch oft an SK und diesen Tag, frage mich noch heute:
     
    Ging es ihr ums Prinzip, oder war in diesem Zimmer wirklich eine Leiche versteckt, die ich übersehen hatte?
    Heute denke ich: Sie ist der Typ Mensch, der sich ein Leben lang minderwertig und nicht ernst genommen fühlte. Von Familie, Freunden, Kollegen und Schülern. Und sich vermeintlich schwache Gegenspieler aussucht, um diese zu unterdrücken, gar zu brechen und dadurch Genugtuung zu erfahren. Sie sucht sich Menschen oder Tiere, um ihren Schmerz und Frust weiterzugeben. Gegenspieler wie Wotan, Siegmund, Siegfried. Und polnische Putzfrauen. Aber da hatte sie die Rechnung ohne mich gemacht. Auch wenn der finanzielle Verlust schmerzlich für mich war, ich hatte mir einmal geschworen, mir selber und meinen Prinzipien immer treu zu bleiben.
     
    Und an diesen Schwur werde ich mich immer halten …

Zwischenspiel – Justyna und der VIP
    E in weiterer Höhepunkt während meiner Tour durch die europäischen Fernsehstudios war mein Auftritt in einer sehr bekannten und beliebten Morgenshow bei einem der größten deutschen Privatsender mit Sitz in Berlin …
     
    Nicht nur, weil ich selber die Sendung sehe, wenn es meine Zeit erlaubt. Sondern auch, weil ich an diesem Morgen nicht der einzige Gast war. Einer meiner »Kollegen« an diesem Tag war ein von mir sehr geschätzter Schauspieler und Comedian. Die Presse spricht von ihm als TV- und Kinostar.
     
    Ein Star beziehungsweise ein Stern – das ist er auf jeden Fall auch für mich.
     
    Umso aufgeregter war ich, als ich erfuhr, dass wir beide zusammen unter den »prominenten Talkgästen« sein würden. Prominent nämlich fühlte ich mich weder zu diesem Zeitpunkt noch heute. Und neben ihm schon zehnmal nicht.
     
    Ich war bereits ein Fan von ihm, als ich damals nach Deutschland kam. Ich sage nur »Brisko Schneider« …
     
    Wie mochte er wohl sein im echten Leben?
    Würde er mich herzlich begrüßen oder lediglich dulden? Mich gar ignorieren?
    Ich war auf alles gefasst. Meine Neugier auf ihn verdrängte komplett meine Nervosität und das damit verbundene Lampenfieber wegen meines bevorstehenden Auftritts.
     
    Bereits in der

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