Nicht ganz sauber
Pressestelle des Verlags mir mitteilte, dass verschiedene Filmschaffende sich bei ihr gemeldet hätten.
»Warum denn?«, fragte ich sie. Ich wagte nicht einmal auszusprechen, was ich dachte.
»Herzlichen Glückwunsch, Justyna. Sie haben geschafft, was nur ganz wenige Autoren schaffen. Es gibt einige Interessenten, die Ihr Buch verfilmen wollen. Die sind alle der Meinung, dass Unter deutschen Betten Stoff für ein Drehbuch wäre. Es sieht so aus, als hätten Sie nun die Qual der Wahl …«
Während sie die Angebote weiter ausführte, begann ich zur Beruhigung stumm ein polnisches Kinderlied vor mich hin zu summen. Diese Nachricht überforderte mich. Ich hörte ihre Stimme am anderen Ende der Leitung, konnte ihr aber nicht wirklich folgen. Ich spürte in diesem Augenblick Freude, Dankbarkeit und gleichzeitig Furcht. Denn ich wusste: Das, was nun auf mich zukommen würde, konnte ich nicht alleine bewältigen. Mit Journalisten am Telefon reden oder zu einer Fernsehaufzeichnung anzureisen, dazu war ich alleine imstande. Doch nun ging es um ernsthafte Verhandlungen, neue Verträge etc.
»Du brauchst unbedingt einen Manager!«
Diesen Satz hatte ich in der letzten Zeit so oft gehört. Und bis zu jenem Tag stets belächelt. Schließlich bin ich weder Mariah Carey noch Joanne K. Rowling. Nach dem Telefonat und der Liste von Nummern, die ich nun zurückrufen sollte, war mir aber klar, dass ich Hilfe brauchte.
Nach einer schlaflosen Nacht griff ich zum Handy und rief am nächsten Morgen meine Freunde und Kunden, Frau Kiste und Mr. Chaos, an. Ich fragte sie, ob sie Zeit hätten, zu mir zum Abendessen zu kommen. Ich müsste etwas mit ihnen besprechen. Frau Kiste sagte sofort zu. Mr. Chaos auch, doch wollte er bereits per SMS im Vorhinein wissen, was denn der Grund für die Einladung sei:
»Wenn das ’ne Abschiedsparty sein wird, weil du zurück nach Polen gehst, dann komm ich auf keinen Fall. Also, wage es nicht mal …«
»Keine Angst, mich scharfes Luder wirst du so schnell nicht los.«
»Na, dann bin ich ja beruhigt. Aber tisch mir ja was Essbares auf … Also nix Polnisches!«
Zwei Abende später saßen wir drei an meinem Esstisch. Mein Mann hatte Nachtschicht, aber das war mir ganz recht. Somit konnte ich in aller Ruhe mit ihnen über mein Anliegen reden. Um meine Erfolgschancen bei ihnen zu erhöhen, hatte ich sie mit einem typisch polnischen Essen »bestochen«. Ich wusste, dass ich Frau Kiste und Mr. Chaos um einen großen Gefallen bitten würde, daher legte ich mich richtig ins Zeug. Als Vorspeise gab es eine cremige Pilzsuppe, zum Hauptgang tischte ich ein Wildschweinragout mit Steinpilzen auf und rundete das Ganze mit einer weiteren polnischen Spezialität ab: Mädchenteigtaschen – kleine köstliche Quarkhörnchen aus Hefeteig.
Es schien den beiden zu schmecken. Denn es blieb fast nichts übrig. Daher wunderte es mich auch nicht, dass Mr. Chaos vor seinem leergefegten Dessertteller saß und um einen Wodka und eine Pfauenfeder bat …
Während des Essens hatte ich beiden bereits von den Plänen erzählt, mein Buch zu verfilmen. Und dass ich ihre Hilfe benötigte.
Frau Kistes rechtlichen Beistand, wenn es schließlich um den Vertrag ging, und Mr. Chaos’ rhetorisches Geschick und kaufmännische Erfahrung bei der Verhandlung und Analyse der einzelnen Angebote. Ich machte beiden auch sofort klar, dass ich keine Almosen möchte, sondern sowohl Frau Kiste als auch Mr. Chaos prozentual an diesem Projekt zu beteiligen beabsichtigte.
Beide hörten mir die ganze Zeit aufmerksam zu, ohne sich wirklich zu dem einen oder anderen Punkt zu äußern. Das beunruhigte mich ein wenig. Innerlich wurde ich ungeduldig. Denn außer Kiste und Chaos hatte ich in meinem Bekanntenkreis niemanden, der für diese Aufgaben geeignet war und dem ich gleichzeitig so vertrauen könnte.
Frau Kiste war die Erste, die das Schweigen nach dem Essen brach:
»Natürlich helfe ich dir, Justyna. Das mache ich gerne. Sobald du etwas Schriftliches vorliegen hast, gucke ich drüber! Wenn die dich über den Tisch ziehen wollen, kriegen sie es mit mir zu tun!«
Mir fiel ein Stein vom Herzen.
»Danke.« Dieses Wort kam mit tiefster Überzeugung.
Mr. Chaos schien aber immer noch unschlüssig. Das zumindest interpretierte ich aus seinem Schweigen. Er hatte ein regelrechtes Pokerface aufgesetzt und musterte mich stumm. Mir wurde ganz bang.
Dann endlich
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