Nicht ganz sauber
Er zeigte mir den Stapel E-Mails, den er alleine von diesen drei Interessenten im Laufe der letzten Woche erhalten hatte. Es war unglaublich. Mehrmals hatten sie ihr Angebot nach oben korrigiert.
Nebenbei dachte ich daran, wie viele Stunden Arbeit Mr. Chaos mittlerweile schon durch mich gehabt hatte. Das war mir unangenehm. Er ist in seinem Beruf als Unternehmensberater ohnehin schon sehr eingespannt. Und dann opferte er zudem noch seine Freizeit, um mir zu helfen. Eines war mir klar: Ich würde mich auf jeden Fall revanchieren. Was sollte ich ihm anbieten? Ich denke, um das Ganze auf professioneller Ebene abzuwickeln, wäre Geld nach wie vor das einzig Richtige. Auch wenn er sich momentan noch sträubte, eine Beteiligung zu akzeptieren, so dachte ich, würde ich ihn nach einer geraumen Zeit so weichgekocht haben, dass er doch noch eine finanzielle Kompensation von mir annimmt. Das Gleiche gälte dann aber auch für Frau Kiste.
»Ich sagte: Hast du noch Fragen zu den ersten drei Interessenten?«
Seine etwas lauter gewordene Stimme riss mich aus meinen Gedanken.
»Äh, nein, nein. Ich habe alles verstanden«, entgegnete ich.
»Gut, dann kommen wir nun zu den letzten beiden …«
Der vierte Interessent war ein sehr bekannter Regisseur. Ich fand es ja bereits erstaunlich, dass so große und erfolgreiche Firmen um mein Buch buhlten. Aber nun auch noch er? Das imponierte mir. Und machte mich stolz. Mr. Chaos erzählte mir: Am Telefon hätte der Regisseur mehrmals betont, wie faszinierend er den Stoff fände und dass er ihn liebend gerne verwenden würde. Der Preis, den er bot, lag aber etwas unter dem der höchstbietenden Produktionsfirma. Mehr könne er nicht zahlen, da er mit seinen Privatmitteln in Vorleistung gehen müsste.
Ich hielt mich während der gesamten Präsentation bedeckt, denn ich wollte mir zunächst einmal in Ruhe anhören, was Mr. Chaos zu sagen hatte.
Der fünfte Interessent war eine Interessentin. Als ich hörte, wer sich dahinter verbarg, wäre ich fast von der Couch gerutscht. Ich traute meinen Ohren nicht und fragte ungläubig:
»Warte, ist das wirklich die …?«
Mr. Chaos grinste mich an wie ein Honigkuchenpferd.
»Ja, Justyna, das ist sie. Toll, was?«
Toll traf es nicht mal annähernd. Ich war komplett aus dem Häuschen. Eine meiner Lieblingsschauspielerinnen hatte Interesse an Unter deutschen Betten. Sie ist so vielseitig und wunderbar. Am liebsten hätte ich Mr. Chaos um ein Glas Wodka gebeten, aber ich war ja bemüht, einen klaren Kopf zu bewahren und die Dinge »cooler« anzugehen. Daher unterdrückte ich meinen Impuls und hörte ihm weiter zu.
»Wir hatten ein tolles Gespräch miteinander. Sie ist unheimlich nett.«
Damit beantwortete Mr. Chaos gleich zwei Fragen, die ich ihm in dieser Sekunde stellen wollte. Er hatte also wirklich persönlich mit ihr geredet, und sie scheint auch im echten Leben so sympathisch, wie ich sie mir immer vorgestellt hatte.
»Sie klang so glaubhaft in dem, was sie sagte, Justyna. Als wir uns am Telefon unterhielten, konnte ich ihre Begeisterung für das Buch förmlich spüren. Sie scheint die Geschichte wirklich zu lieben. Und …«, er hielt inne.
»Und was???«, platzte es aus mir heraus …
»Nur keine Eile, junge Dame, nur keine Eile …«, er begann zu lachen.
Mr. Chaos schien diesen Augenblick zu genießen. Er spannte mich bewusst auf die Folter. Ich begann, nervös auf der Couch hin und her zu rutschen.
»Mr. Chaos, rede mit mir!!!!!«
»Nicht nur, dass sie die Rechte kaufen will, um es zu produzieren, sie möchte auch unheimlich gerne die Justyna spielen. Also dich!!!«
Im Bruchteil einer Sekunde war ich von der Couch aufgesprungen und hüpfte im Wohnzimmer auf und ab. Das kleine Mädchen in mir hatte in diesem Augenblick gewonnen und die smarte Geschäftsfrau zur Seite gestoßen. Ich war außer mir vor Freude. Mr. Chaos kam auf mich zu und nahm mich in den Arm.
Nach ein paar Runden Freudentanz signalisierte er mir aber mit einer seiner typischen Handbewegungen, dass wir uns nun wieder beruhigen sollten. Es gäbe schließlich noch eine Menge zu tun. Also verfrachtete ich das kleine kichernde Mädchen wieder in mein Inneres zurück und nahm auf der Couch Platz.
»Nun liegt es an dir, Justyna. Alle fünf Angebote erscheinen mir seriös. Aber die Entscheidung, wer den Zuschlag bekommen soll, die liegt alleine bei dir.«
»Was
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