Nicht gekauft hat er schon
Verkaufstrainer eingekauft und sollte den Leuten Einwandbehandlung, Abschlusstechniken, das volle Programm beibringen. Das war das offizielle Programm. Und dann diese Bemerkung. Nein, Limbeck, dachte ich, es kommt darauf an, dass du als Verkäufer rausfindest, was deine Kunden EIGENTLICH wollen, hinter dem, was sie vordergründig wollen. Ich bin eigentlich kein Freund des Wörtchens »eigentlich«, das ist meistens ein Streichkandidat, aber hier passt es. Was die Frau EIGENTLICH wollte: Den Stil ihrer Verkaufstruppe um einen Level steigern. Den Stil, nicht die Skills.
Wenn die Teilnehmer also am Ende aus dem Training rauslaufen würden und eine Liga besser bei den Fragetechniken wären, aber noch genauso rumlaufen würden wie vorher, wäre meine Kundin nicht zufrieden. Das Outfit der Vertriebsleute war ganz offensichtlich der momentane »Kittelbrennfaktor« meiner Kundin, wie mein geschätzter Kollege Edgar K. Geffroy das immer so schön ausdrückt. Dafür kam sie extra zum Seminarraum runter und passte mich ab, um mir das so nebenbei einzuflüstern. Dafür hatte sie mich eingekauft. Das war mein Job.
Feierabend beim Verkäufer
Das ist immer mein Job. Das ist immer Ihr Job. Das ist der Job jedes Verkäufers: Etwas lösen, was der Kunde nicht lösen kann oder will. Es geht hier also nicht um die Ziele des Verkäufers (Auto, Haus, Boot), sondern um die Ziele des Kunden! Es ist nicht die Aufgabe des Verkäufers, ein perfektes Verkaufsgespräch abzuspulen – das wahre, sinnvolle, nachhaltige Ziel eines richtig guten Verkäufers ist es, zu erkennen, was der Kunde wirklich will.
Das muss aber nicht zwangsläufig das sein, was der Kunde sagt, was er angeblich will. So einfach ist es nicht. Es steht auch nicht in seinem Auftrag, es ist nicht unter seinem Logo getextet, auf seiner Website gepostet oder auf seine Stirn tätowiert. Wenn Sie richtig gut sind, finden Sie es trotzdem heraus.
Die Voraussetzung dafür, dass Sie es herausfinden, ist, dass Sie einen ganz bestimmten Kanal geöffnet haben: Wenn Sie dafür angetreten sind, dass die Situation Ihres Kunden nach Ihrem Geschäft besser ist als vorher, wenn Sie Ihrem Kunden helfen wollen, das Beste aus seinen Möglichkeiten zu machen, wenn Sie dazu beitragen wollen, dass Ihr Kunde durch Sie seinen Hoffnungen, Träumen und Wünschen, seinem Glauben, seiner Liebe, seinen Vorstellungen und seinen Interessen einen sichtbaren Schritt näher kommt. Wenn Sie diese Einstellung mitbringen, dann haben Sie eine ehrliche Chance, herauszufinden, was Ihr Kunde EIGENTLICH von Ihnen will. Und dann wissen Sie, was Ihr Job ist.
Oooh, ich kann mir genau vorstellen, wie manche, die gerade diese Zeilen lesen, grinsen und mitleidig den Kopf schütteln über die ach so wankelmütigen und chaotischen Kunden. Ist ja auch richtig, die Grande Dame war eine Ausnahme. Die wusste genau, was sie wollte, sie konnte es so sagen, dass ich es kapierte. Aber das gilt eben nur für die besten. Der allergrößte Teil der Menschen, mit denen Sie es zu tun haben, kann das nicht. Das ist natürlich eine hervorragende Ausrede für Sie, stimmt’s? Klar, wie hätten Sie auch einen guten Job machen können, wenn der Kunde zu doof ist zu sagen, was er von Ihnen will! Richtig?
Falsch!
Es ist IHRE Ausgabe herauszufinden, was der Kunde will. Viel mehr als der Kunde selbst, müssen Sie das wissen. Denn Sie sind der Spezialist dafür, nicht der Kunde. Nur: Dafür müssen Sie schon Ihrem inneren Fuzzi einen Tritt geben, sonst kann es Ihnen so ergehen wie diesem Autoverkäufer:
Ich war noch ein wenig jünger als jetzt, vor wenigen Wochen war mein Sohn auf die Welt gekommen, in Kürze war ein neues Auto fällig und ich hatte einen Plan.
Ich fuhr also zum größten Mercedes-Händler der Stadt. Als ich reinkam, sah ich aus, wie junge Väter im Hochsommer an einem Samstagmittag eben so aussehen: bequeme Mokassins, modisch zerrissene Jeans und T-Shirt. Den Kinderwagen schob ich vor mir her. Neben mir trottete unser Mischlingshund Gizmo.
Der Verkäufer mit Kurzarmhemd und Krawättchen sah ebenfalls so aus, wie es zu erwarten war. Allerdings schien er keine Anstalten zu machen, sich von seinem Schreibtisch zu erheben. Ich war von außen betrachtet offensichtlich nicht Teil seines Beuteschemas. Sah ich aus wie einer, der sich keinen Mercedes leisten kann? Zu jung? Zu lässig? Zu junger Vater? Vielleicht dachte er aber auch nur zu angestrengt an seinen Feierabend, denn in einer halben Stunde würde Geschäftsschluss
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