Nicht mehr tun, was andere wollen
viele Kartenspiele ich unter dem Vorwand » Ziehen Sie eine Karte, egal welche« vergewaltigt habe. Wenn man einen Kartentrick ausführt (oder auch irgendeine andere Form von Illusion ), gibt es oft ein Manöver oder einen Ablauf, der nicht akkurat so ist, wie er scheint. Vielleicht sieht es irgendwann so aus, als würde ich den Stapel bloß verschieben, doch in Wirklichkeit habe ich heimlich abgehoben, damit eine bestimmte Karte zuoberst zu liegen kommt. Manchmal sind diese Vorgänge mehr oder weniger unsichtbar (zumindest ist das die verzweifelte Hoffnung der Zauberkünstler ), doch in bestimmten Fällen ist es möglich, dass der Kartenonanist eine Bewegung ausführen muss, die ein wenig seltsam aussieht. In diesen Fällen gibt man kurz vor dem Höhepunkt (jawohl!) des Tricks eine kurze Zusammenfassung der Dinge, die zuvor geschehen sind.
Während dieser Beschreibung ändere ich jedoch ein paar Details, in der Absicht, die Erinnerung der Zuschauer an den Ablauf zu verändern. Ich habe das Spiel nur ein einziges Mal berührt, nämlich als ich abgehoben habe. Das Kunststück, eine ganz bestimmte Karte nach oben zu bringen, ist schon nicht mehr so aufregend, wenn klar ist, dass ich die Karten berührt habe. Doch wenn es mir gelungen ist, mein Manöver schön unauffällig auszuführen, kann ich einfach behaupten: » Sie haben Ihre Karte irgendwo in den Stapel gesteckt. Seitdem liegt das Spiel die ganze Zeit auf dem Tisch, und ich habe es kein einziges Mal angefasst. Bitte drehen Sie die oberste Karte um.« Solange Sie keinen Grund haben, auf meine sekundenschnelle Berührung der Karten zu reagieren (z. B. indem ich mich zu offenkundig bemühe, diese Bewegung geheim zu halten ), wird Ihre Erinnerung von meiner Beschreibung der Abläufe geprägt. Sie » erinnern« sich also, dass ich die Karten nicht angefasst habe. Der Effekt, dass Ihre ausgewählte Karte irgendwie zuoberst im Stapel gelandet ist, wird unendlich viel drastischer, jedenfalls hoffe ich das, wie alle Kartentrickser.
Ganz ähnlich lief es, als man ein paar Personen einen Film vorführte, der zeigte, wie sich ein Mann bei der Benutzung eines Hammers verletzt. Bei der einen Hälfte sprach der Kommentator des Films jedoch von einem Schraubenzieher statt von einem Hammer. Und diese Gruppe war später zum Teil überzeugt, dass der Mann tatsächlich einen Schraubenzieher benutzt hatte, während die Gruppe, bei der der Kommentator von einem Hammer gesprochen hatte, sich an einen Hammer erinnerte.
Wie sich gezeigt hat, geschehen solche Umdeutungen von Informationen zum Großteil in Fällen, in denen die Informationen nicht so wichtig für uns sind, wenn es um Bereiche geht, mit denen wir nicht so viel zu tun haben. D. h. ich kann Sie vielleicht vergessen lassen, dass ich das Kartenspiel berührt habe. Aber wenn mir mein heimliches Abhebemanöver misslungen ist, werde ich wesentlich größere Schwierigkeiten haben, Ihnen nachträglich einzureden, dass Ihre gewählte Herz Drei in Wirklichkeit der Kreuz König war, der jetzt oben liegt. Die Identität Ihrer Karte war nämlich genau die Information, auf die Sie sich wirklich konzentriert haben. Wenn ich Ihr Erleben also in Bereichen beeinflussen will, die Ihnen wirklich wichtig sind, sollte ich von Anfang an Ihre Wahrnehmung der Dinge steuern. Also behaupten, dass Sie gleich eine junge Dame sehen werden, bevor ich Ihnen das Bild zeige. Oder ich sage Ihnen kurz vor der Nahost-Friedenskonferenz, dass wir gleich ein paar absolute Vollidioten treffen werden.
Es gibt jede Menge Methoden, Sie und Ihre Wahrnehmung der Welt durch Worte zu beeinflussen. Ich habe ein paar aufgeführt, die ich für interessant halte und die auch allesamt häufig eingesetzt werden, u. a. in politischen Debatten und Reden. Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie die eine oder andere wiedererkennen:
Eine ungültige Definition anwenden
Diese Technik läuft darauf hinaus, dass Sie ein Wort verwenden, das eine alte, akzeptierte Bedeutung hat, diesem Wort dann aber eine neue, oft unbekannte Definition verpassen. Z. B. kann man Abtreibung als Mord bezeichnen. Auch der Veganerslogan » Fleisch ist Mord« gehört in diese Kategorie. In beiden Fällen wird das Wort » Mord« falsch verwendet, denn die korrekte Definition von » Mord« als juristischem Begriff lautet » aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine
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