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Nicht menschlich Inc.

Nicht menschlich Inc.

Titel: Nicht menschlich Inc. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Linnhe
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Gegend zu scheuchen.
    Der Unterteufel bog erneut ab und würdigte mich auch jetzt keines Blickes, um sicherzugehen, ob ich ihm folgte. Er konnte sich diese Sorglosigkeit leisten, denn selbst wenn ich über einen Fluchtversuch nachdachte, würde ich mich lediglich rettungslos verirren. Oder stolpern. Die Wahrscheinlichkeit war hoch, denn meine Beine zitterten mit den Händen um die Wette.
    Als hätte er meine Gedanken gelesen, führte mich mein Kidnapper in einen Raum, der nur die Eingangshalle sein konnte. Da war er, der Ausgang. Keine zwei Meter von mir entfernt und so mit Stuck überladen, dass er harmlos und einladend wirkte. Mit angehaltenem Atem starrte ich auf die Tür, den ziemlich träge herabhängenden Teufelsschwanz direkt vor mir, erneut auf die Tür – und dann auf einen wirklich dicken Bauch.
    Er gehörte nicht dem Teufel, dem ich durch das halbe Haus gefolgt war. Dieser war noch eine Handbreit größer und schätzte mich unter halb geschlossenen Lidern ab. Nun wusste ich, wie sich Insekten fühlen mussten, wenn eine Lupe über ihnen schwebte. Voller Gleichgültigkeit tastete sich sein Blick über meine staubige Kleidung und den Dreck in meinen blonden Locken, dann über mein Gesicht. Seine Lider hoben sich, als er mir in die Augen sah. Er wirkte fast erstaunt. Ich stand starr und ließ seine Neugier über mich ergehen in der Angst, dass mir jeden Moment etwas passieren konnte.
    Der andere wandte sich dem Neuankömmling zu, dessen Silhouette die Sonne wieder aussperrte. »Ich bringe sie in die Bibliothek«, teilte er ihm mit tiefer Stimme mit, klang aber freundlicher als zuvor. Ich fragte mich, wie sehr sie mich in die Mangel nehmen würden, als ein herrischer Wink mir bedeutete, weiterzugehen. Dieses Mal gehorchte ich auf der Stelle und versuchte, mir Worte zurechtzulegen. Bei jedem Schritt purzelten meine Gedanken durcheinander.
    Mein Begleiter blieb vor einer weiteren Tür stehen und gab einen Zahlencode in ein kleines Feld ein, das auf Kopfhöhe an der Seitenleiste angebracht war. Ich traute mich nicht, den Hals zu recken, um den Code herauszufinden. Eine Bibliothek, die von einem Alarmsystem geschützt wurde? Wofür brauchten diese Kreaturen den Raum wirklich? Zum Lesen kamen sie sicher nicht hierher.
    Als das Holz zur Seite glitt, eröffnete sich mir der Blick auf einen Kamin, Regale voller schwerer Buchrücken und zwei kuschelige Ohrensessel. Der Teufel drehte sich um und packte mich, ohne eine Miene zu verziehen.
    »Nein!« Ich hämmerte gegen seine Arme, dann gegen seine Brust, doch es fühlte sich an wie der Stein, auf dem ich aufgewacht war. Er ignorierte meine Bemühungen und schleifte mich in den Raum. Bücher zogen an mir vorbei, ihre Farben verschwammen zu einem Sammelsurium aus Brauntönen. Ich setzte die Füße ein und trat zu, und endlich stieß er mich von sich weg.
    Ich landete auf weichem Untergrund, er hatte mich in einen der Sessel gedrückt. Ein Verhör also. Als Alessias Tochter und gewissenhafte Thrillerzuschauerin erkannte ich ein solches, wenn ich ihm ausgesetzt war. Zwar fehlten Fesseln und Knebel, aber das musste meinen Geiselnehmern keine Sorgen bereiten. Meine Glieder waren auch so steif genug und meine Zunge kam kaum vom Gaumen los. Ich fühlte mich verraten von meinem eigenen Körper, der komplett gegen mich arbeitete. Während Muskeln und Glieder nicht mehr zu funktionieren schienen, spielten meine Sinne verrückt. Ich schmeckte Dinge, die ich sicherlich nicht gegessen hatte, hörte ein dumpfes Dröhnen und nicht zuletzt fühlte sich alles einfach wahnsinnig kalt an.
    Die Tür öffnete sich ein weiteres Mal und der Mann trat ein, den ich soeben in der Halle getroffen hatte. »Guten Tag, junge Dame.«
    So sehr ich mich bemühte, aus seinem Tonfall Hinweise auf mein weiteres Schicksal herauszuhören – es funktionierte nicht. Seine Stimme war dunkel und rau zugleich, doch er klang weitgehend neutral. Höchstens wachsam. Ich wusste nicht, was das bei einem Unterteufel zu sagen hatte, also starrte ich ihn lediglich an. Trotzdem erwachte ein Stimmchen in meinem Hinterkopf und rief mir zu, es zu versuchen. Rennen, so schnell ich konnte. Mit viel Glück kam ich sogar bis zur Tür. Und dann? In diesem Haus mitten im Wald würde mich niemand schreien hören.
    Ich versuchte, mich zusammenzureißen, doch mein Kinn zitterte.
    Er musterte mich interessiert und runzelte flüchtig die Stirn, als er mir in die Augen sah. Fast kam es mir vor, als hätte er dort etwas entdeckt, das

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