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Nicht menschlich Inc.

Nicht menschlich Inc.

Titel: Nicht menschlich Inc. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Linnhe
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Ob sich hinter jeder eine arme Menschenfrau befand, die sich verzweifelt fragte, was mit ihr geschehen würde? Womöglich war Kirsten auch hier. Wir probierten den Schlüssel, doch er passte in kein anderes Schloss. Irgendwo vor uns blinzelte uns Helligkeit entgegen. Ich lauschte und schnüffelte. Doch da war nichts bis auf mein pochendes Herz und den Geruch von zu lange nicht gesaugtem Teppich. Der spielte allerdings gegen seine Besitzer, weil er unsere Schritte vollständig verschluckte.
    Wir schlichen bis zur Biegung unter einem schmalen, bodentiefen Fenster. Das Glas war von Metallstreben durchsetzt. Im oberen Drittel schimmerte es farbig, ein buntes Mosaik vermittelte den Eindruck, sich in einer Kirche zu befinden. Carsten gab mir einen Wink, und ich presste mich so eng wie möglich mit dem Rücken an die Wand und spähte um die Ecke.
    Eine Treppe führte in die Tiefe und war in schummriges Licht getaucht. Unterteufel mochten es wohl nicht allzu hell. Ich war froh, dass Carsten bei mir war, weil ich mich sonst zu Tode gefürchtet hätte. Zwar vertraute ich nicht übermäßig auf seinen Bizeps, den er mir so stolz präsentiert hatte, aber allein seine Anwesenheit half. Trotzdem zitterten meine Hände, und auch meine Beine kamen mir nicht so verlässlich vor wie sonst. Ich dachte an Desmond und versuchte, mir einzureden, dass ich die Heldin in dieser Geschichte war, an deren Ende er auf mich wartete. Schritt für Schritt zwang ich mich weiter, stand kurz darauf am Treppenabsatz und starrte hinab. Noch immer hörte ich nichts und warf, durch Erfahrung klug, regelmäßig einen Blick hinter mich. Und wieder nach vorn.
    Carsten berührte mich an der Schulter, legte einen Finger auf die Lippen und deutete erst auf die Treppe, dann auf sich und mich. Ich verstand und war darüber begeistert. Er machte die Vorhut, und ich klebte eng an seinem Rücken. Schritt um Schritt ging es in die Tiefe, zweiundzwanzig Stufen voller Anspannung. Als ich unten ankam, fühlte ich mich, als hätte ich einen Marathonlauf hinter mir. Schwer atmend lehnte ich mich gegen die schützende Wand, doch Carsten zwang mich weiter. Er trug seinen Gesichtsausdruck nicht umsonst.
    Zu beiden Seiten zweigte ein Gang ab, der jeweils nach wenigen Metern abknickte. Ich versuchte, mich zu orientieren. Wo befand sich die Eingangshalle? Meine spärlichen Erinnerungen hatten sich mit dem Schlag auf den Kopf endgültig verabschiedet.
    Carsten trat nah an mich heran und legte eine Hand an meinen Hals. Ich wollte ihm ausweichen. Es war ja schmeichelhaft, dass mir gleich zwei Männer verfielen, aber ich wusste nicht mal, ob er mir überhaupt sympathisch war.
    Er brachte seine Lippen an mein Ohr. »Wir sollten uns aufteilen, wenn wir Kirsten finden wollen.«
    Ich war einerseits erleichtert, ihm keinen Korb geben zu müssen, andererseits hatte ich ihm gesagt, dass ich den Konvent schnell verlassen wollte. Hier an der Treppe mit ihm zu diskutieren, traute ich mich aber nicht, also nickte ich. Carsten hob einen Daumen, verschwand im rechten Gang und klaute mir ein Stück Sicherheitsgefühl. Mir blieb nichts anderes übrig, als nach links zu gehen.
    Ich hatte die Biegung beinahe erreicht, als ich ein Geräusch hörte. Zum ersten Mal begriff ich die Redewendung »ihr gefror das Blut in den Adern«, denn plötzlich fiel es mir so schwer, mich zu bewegen, als würde ich gegen eine starke Strömung anschwimmen. Das Geräusch wiederholte sich. Es war eine Stimme, eindeutig weiblich.
    Mein Herz vollführte einen zaghaften Sprung. Kirsten? Oder Stacey? Das wäre gar nicht gut. Schon wollte ich die Flucht antreten, als ich stutzte. Etwas kam mir bekannt vor. Wider besseres Wissen ließ ich mich von meiner Neugierde leiten und trieb wie ein Magnet auf die Stimme zu, die irgendwo hinter geschlossenen Türen ihren Ursprung hatte. Fast hätte ich aufgeschrien, als meine Hände ins Leere tasteten, doch ich konnte mich gerade noch fangen. Ich würde mich nicht von allem und jedem in diesem Haus zum Stolpern bringen lassen!
    Ich stand vor einer Ausbuchtung in der Wand, in der eine Tür eingelassen war. Sie war leicht zu übersehen und so niedrig, dass ich mich bücken müsste, wenn ich hindurchschlüpfen wollte. Unschlüssig legte ich eine Hand auf die Klinke und drückte sie hinab. Zu meinem Entsetzen schwang sie auf. Ich hatte damit gerechnet, dass dieser Durchgang verschlossen war, wenn sich schon jemand so viel Mühe gab, ihn zu verbergen.
    Vor mir zeichnete sich eine weitere

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