Nicht ohne Beruf (German Edition)
Notapotheke.
Mutti bat schon nach kurzer Zeit: „Ach bring mich doch zu mir nach Hause, da habe ich wenigstens meine Ruhe.“
Fazit: Sentimentalität ist kein guter Ratg eber für Familienfeste.
Jetzt wird alles entzerrt. So haben Mutti und ich wirklich etwas von allen Kindern und E nkeln bzw. Urenkeln.
Tanja ist mit ihren beiden Mädchen bereits am 1. Adventssonntag bei uns. Janas Wunsch entsprechend, ist mein Geschenk für die schon sehr vernünftigen Süßen ihr erster Opernbesuch ‚ Hänsel und Gretel ‘ . Am Vormittag lesen wir das Libretto, damit die Aufführung auch Spaß macht.
Thomas kommt am zweiten Adventsonntag mit seiner 3jährigen Lara, und wir machen den Weihnachtsmarkt unsicher. Eigentlich will Thomas daheim bei mir sein, wenn ich Mali zu Bett bringe. Ich lege mich neben sie und beschließe, ihn herbeizuhexen!
„ Thomas komm! Hexhex!“, murmel ich mit geheimnisvoller Stimme. Kein Erfolg. Ich wiederhole meinen Spruch. Dann noch einmal, schon heftiger.
Grinst mich mein Engelchen an und meint: „Und wenn nun ganz viele Thomasse kommen?“
Leipzig
Oh, welch glüc klicher Augenblick, als mir in der Leipziger Frauenklinik mein Töchterchen Uta in die Arme gelegt wurde! Ein gesundes molliges Baby mit einer Haaresfülle, „Sahnrolle“.
Meine Schwester Gretel hatte ein knappes Jahr zuvor ihre Inge zur Welt gebracht. Allerdings war das freudige Ereignis überschattet. Gretel litt an einer Schwange rschaftspsychose - nach heutigem Wissen. Die psychische Störung hörte auch nach der Entbindung nicht auf und äußerte sich dadurch, dass meine Schwester ihr eigenes Tun nicht unter Kontrolle hatte. Um Gefahren zu vermeiden, kam sie nach Zschadrass in eine geschlossene Abteilung.
Zur Zeit meiner Niederkunft war sie noch dort, und ihr Mann Walter konnte sie besuchen. Später kam sie ins KZ Theresienstadt an der tschechisch-sächsischen Grenze. Ich habe sie nie wi eder gesehen.
Da auch Dorchen gerade vor einem halben Jahr ihren zweiten Buben bekommen hatte, war ich sehr froh und zufrieden, gleichgezogen zu haben und mein eigenes Kind anlächeln zu können.
Wir beide, ich und mein Baby, zogen bei Erichs Eltern ein. Seine Mutter wollte es so. Vielleicht um mich näher kennen zu lernen. Wir hatten uns ja bisher noch nie gesehen oder gesprochen. Ich nehme an, um mich zu testen, was ich kann, ob ich jemals eine „Geschäft sfrau“ für ihren Sohn abgäbe.
Das war auch aus mehreren Gesprächen zu entnehmen. Ein Ausspruch von ihr war:„Wenn man sich nicht selbst anstellen kann, wie will man später fremde Personen anstellen und führen!“
Nun ja, es war schon ein eigenartiges Gefühl bei der ersten Begegnung unter ihrem forschenden Blick. Doch ich war auch sehr überrascht, wie sie alles vorbereitet und eingerichtet hatte. Erichs Zimmer war für uns bereitgestellt. Darin stand der Stubenwagen, in dem schon Erich gelegen hatte, mit allem ausstaffiert. So konnte ich gleich mein Uta-Baby hineinlegen. Auf diesen Namen war sie schon in der Klinik getauft worden.
(Ohne mich zu fragen! Keine 48 Stunden war ich da alt! Bei unehelichen Kindern war wohl die Gefahr groß, die kleine Seele könnte der Kirche auskommen?!)
Großmutter Anna, eine untersetzte forsche Frau, erweckte den Eindruck, sie wollte nicht unbedingt geliebt, sondern respektiert und geachtet werden. Bei kleinen Leuten ist das wohl wichtig, aber auch schwierig.
In der väterlichen Gastronomie hatte sie schon als junges Mädchen, wie sie später oft und gern erzählte, die Schar der Kellner zu beaufsichtigen und die Kasse zu führen. Da musste sie wohl darauf bedacht sein, dass keiner auf die Idee käme, man könne sie über den Tisch ziehen, übers Ohr hauen, ihr auf der Nase herumtanzen.
„Mit der ist nicht gut Kirschen essen!“, meinten ihre drei in Leipzig lebenden Brüder.
Die Haare schwarz gefärbt, wirkte ihr G esicht mit dem meist zugekniffenen Mund härter. Also weit weg von einer Knuddel-Omi! Ich kann mich nicht erinnern, dass sie mich jemals auf den Schoß genommen und mir ein Lied vorgesungen oder ein Märchen erzählt hätte.
Sehr viel später, als ich bereits studierte, konnten wir mehr mite inander anfangen.
Die Eltern bewohnten in der vierten Etage ihres eigenen Hauses eine Wohnung. Eine Gaststätte im Erdgeschoss war vermietet. Das Wohnen für uns beide war nicht auf Dauer gedacht. Aber auf diese Weise hatte
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