Nicht ohne Risiko (German Edition)
kurzen Blick zu. „Du brauchst mehr Hintergrundinformationen für deine Arbeit?“
Er schwieg einen Moment und betrachtete die noblen Villen, die die Ocean Avenue säumten. „Ja“, sagte er schließlich. „Ich muss mehr über dich wissen. Aber das war nicht der Grund, warum ich gefragt habe.“ Er deutete auf den öffentlichen Parkplatz am Strand. „Stell den Wagen dort ab. Von hier aus können wir zu Fuß bis zu dem Imbiss gehen.“
Emily setzte den rechten Blinker und wechselte vorsichtig die Fahrspur. Mindestens genauso vorsichtig sagte sie: „Mir wäre es lieber, du würdest mich genauso befragen wie bisher, wenn es um Informationen über mein Privatleben geht. Ich fühle mich nicht wohl dabei, wenn wir so tun, als wären wir alte Freunde, die sich nach sieben Jahren eine Menge zu erzählen haben.“
Sie bog auf den Parkplatz ein und machte sich auf die Suche nach einer Parklücke.
„Mit anderen Worten: Wenn ich alle Informationen habe, die ich für meinen Undercovereinsatz als dein Bruder brauche, möchtest du nicht weiter mit mir reden. Habe ich das richtig verstanden?“
Emily musterte ihn kurz. Er hatte die Lippen fest zusammengepresst, und mit der Linken strich er sich das Haar aus dem Gesicht. Noch schmollte er nicht, aber vermutlich konnte sie ihn dazu bringen. Und sie fand erwachsene Männer, die schmollten, äußerst unattraktiv …
„Ja“, sagte sie also. „Genau das wollte ich damit sagen.“
Vor ihr wurde gerade ein Parkplatz frei, und sie parkte rasch ein. Dann schaltete sie den Motor aus, zog den Zündschlüssel ab und wandte sich Jim zu.
Verblüfft stellte sie fest, dass er keineswegs schmollte. Stattdessen lag ehrliches Bedauern in seinem Blick, und resignierte Traurigkeit.
„Es tut mir leid, Emily“, sagte er leise. „Ich gebe mein Bestes, deinen Wunsch zu respektieren.“
Dann lächelte er, schwach nur und bittersüß. Emily hätte schwören können, dass sie Tränen in seinen Augen aufsteigen sah, aber er wandte sich ab, bevor sie genauer hinschauen konnte. Er öffnete die Wagentür und quälte sich aus dem winzigen Auto heraus.
Emily folgte ihm zu der Imbissbude, und als sie ihre Bestellung aufgegeben hatten, warteten sie schweigend auf ihre Sandwiches.
Er hätte schmollen sollen. Warum zum Teufel hatte er nicht geschmollt wie ein kleines Kind oder war grob geworden oder … Egal was, jede Reaktion wäre für sie so viel leichter erträglich gewesen als dieses aufrichtige, demütige Bedauern, das sie in seinen Augen gesehen hatte.
„Suchen wir uns einen Picknicktisch im Schatten“, schlug Jim vor und ging voran Richtung Strand.
Die Luft über dem feinen weißen Sand und selbst über dem blaugrünen Wasser des Golfs flimmerte in der Hitze. An einem Picknicktisch aus Holz, das von Sonne, Wind und salzhaltiger Luft silbergrau gebleicht war, ließen Emily und Jim sich nieder.
Hunger hatte Emily immer noch nicht, aber sie wickelte trotzdem das Hühnchensandwich aus, das Jim ihr gekauft hatte, und biss hinein.
„Schmeckt großartig, nicht wahr?“, fragte er.
Emily nickte überrascht. Ja, das schmeckte wirklich großartig.
„Okay, darf ich weiterfragen?“ Er kramte seinen Notizblock hervor und gab der Unterhaltung damit wieder einenoffiziellen Anstrich.
Er trug jetzt eine Sonnenbrille, und sie konnte seine Augen nicht sehen. Sie nickte noch einmal. „Schieß los.“
„Das Wichtigste ist mir weitestgehend bekannt. Du weißt schon: Geburtsjahr, dein zweiter Vorname, dein Geburtstag …“
„Du weißt noch, wann ich Geburtstag habe?“, fragte Emily verdutzt. „Und du kennst meinen zweiten Vornamen?“
„17. Oktober und Sara.“ Jim lächelte. „Großer Gott, weißt du, ich erinnere mich sogar an den Namen deiner Lieblingslehrerin auf der Grundschule. Mrs Reiner. Du hattest sie in der vierten Klasse. Du hast unglaublich viel von ihr geschwärmt.“
Emily schaute ihn an, das Sandwich in ihrer Hand schien sie vorübergehend vergessen zu haben. Ungläubig runzelte sie die Stirn, ihr sonst so klarer Blick war von Unsicherheit verschleiert.
Zum ersten Mal schaute sie ihn wirklich an und zeigte dabei Gefühle. Damit erhaschte er endlich einen winzigen Einblick hinter ihre coole, betont gelassene Fassade. Erst jetzt wurde ihm klar, dass es sich wirklich nur um eine Fassade handelte. Denn wenn es keine Fassade wäre, hätte er kaum dahinterschauen können. Oder?
„Wie ist es möglich, dass du dich nach so langer Zeit noch daran erinnerst?“ Ihr Ton verriet
Weitere Kostenlose Bücher