Nicht ohne Risiko (German Edition)
Jim daran denken, ihre Nummer anzurufen und den Anrufbeantworter abzuhören. Nein, nicht Glück. Mit Glück hatte das nichts zu tun. Jim war gut in dem, was er tat. Er war gründlich. Ihren Anrufbeantworter hörte er ganz sicher als Allererstes ab, wenn er begriff, dass er und Felipe abgehängt worden waren.
Der Barkeeper hatte ihr das Telefon schon bereitgestellt. „Eine Neun vorwählen, dann können Sie ein externes Gespräch führen“, erklärte er freundlich lächelnd. Er war groß und muskulös und trug die langen Haare im Nacken zusammengebunden. Irgendetwas an seiner Art, sich zu bewegen, erinnerte sie an Jim. Innerlich zog sie eine Grimasse. Es gehörte im Moment nicht viel dazu, sie an Jim zu erinnern.
Rasch wählte sie ihre Nummer. Das Telefon klingelte viermal, bevor der Anrufbeantworter sich meldete.
„Hi, Dan, ich bin es. Emily. Ich wollte dich nur informieren, dass ich später als geplant nach Hause komme. Alex und ich fahren noch mit zu Ken und Marty Bevin. Ich kennedie genaue Adresse ihres Ferienhauses nicht, aber es liegt irgendwo am Wasser, nicht weit vom Hafen.“ Sie senkte die Stimme. „Mach dir keine Sorgen. Es ist alles in Ordnung. Mir geht es gut. Bis später.“
Dann legte sie auf, atmete einmal tief durch, zwang sich zu einem Lächeln und ging zurück zu ihrem Tisch, wo Alex auf sie wartete.
„Alles klar?“, fragte er. „Können wir?“
Sie nickte. Wenn nicht jetzt, wann dann?
Verdammt, das war die Hölle auf Erden.
Zum zehnten Mal in der letzten halben Stunde legte Jim entnervt auf. Wo steckte sie? Wo zum Teufel war sie abgeblieben?
Alle Versuche, die Adresse von Ken und Marty Bevin ausfindig zu machen, waren fehlgeschlagen. Die Leute gab es einfach nicht. Sie hatten keinen Grundbesitz, es gab keine Polizeiakte, keine Vorstrafen, nicht einmal einen Strafzettel für falsches Parken. Sie hatten keinen Telefonanschluss – weder mit öffentlicher noch mit Geheimnummer. Sie zahlten keine Einkommenssteuer, ja, sie waren nicht einmal als Wähler registriert!
Jedes Mal wenn eine vielversprechende Spur sich im Nichts verlor, wurde Jim noch nervöser. Wer waren diese Leute? Der Name war offensichtlich falsch. Verdammt noch mal, es machte ihm Angst, dass Emily bei diesen Leuten war. Es machte ihm Angst, nicht zu wissen, wo sie steckte. Sie konnte buchstäblich überall sein. Ja, sie könnte sogar in einem Flugzeug sitzen, das sonst wohin düste. Sie könnte gefesselt und bewusstlos unter Deck irgendeines Schiffes liegen, das nach Südamerika unterwegs war. Sie könnte tot sein …
Mit zornigem Schnauben stemmte er sich von der Couch hoch und begann erneut auf und ab zu tigern.
Wie konnte er sie nur verlieren? Warum war er nicht auf so etwas vorbereitet gewesen? Er hätte dafür sorgen sollen, dass sie ein Mikrofon mit Peilsender bei sich trug. Er hätte berücksichtigen müssen, dass das Aquavia direkt am Wasser lag. Natürlich legten dort ständig Boote an und wieder ab. Das hätte er bedenken müssen. Er hätte ein Boot bereithalten müssen, um Emily auch auf dem Wasser folgen zu können.
Jim warf einen Blick auf seine Uhr und fluchte. Es war schon fast zwei Uhr früh. Wo zum Teufel steckte sie?
Kurz nach Mitternacht hatten er und Salazar sich getrennt. Sie waren zu Emilys Wohnung zurückgefahren, um nachzuschauen, ob sie vielleicht schon wieder zu Hause war. Dabei hatte Jim ihre andere Handtasche gefunden – die mit der Geldbörse, dem Zettel mit seiner Handynummer und ihren Schlüsseln. Großartig, einfach großartig. Jetzt musste er sich auch noch fragen, ob sie vielleicht vergebens versucht hatte, in die Wohnung zu kommen, weil sie keinen Schlüssel bei sich hatte.
Felipe war zurückgefahren zu Delmores Haus, um nach Delmore oder Emily Ausschau zu halten. Jim war in ihrer Wohnung geblieben, in der Hoffnung, sie würde noch einmal anrufen. Oder nach Hause kommen. Egal, wo sie war, er betete darum, dass sie in Sicherheit war.
Er betete. Grundgütiger, wann hatte er zuletzt ernstlich gebetet? Er konnte sich nicht daran erinnern. Aber jetzt betete er so eindringlich wie nie zuvor.
Um zehn vor zwei klingelte das Telefon.
Jim nahm ab, bevor der erste Klingelton verhallt war. Aber es war nicht Emily, sondern Frank Gale von der städtischen Polizeiwache. Er hatte eine groß angelegte Suche per Computer gestartet, um irgendwie irgendwas über Ken und Marty Bevin auszubuddeln.
„Ich hab’s“, verkündete er. „Bevin ist ein Künstlername.Martina Bevin. Erinnerst du dich?
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