Nicht ohne Risiko (German Edition)
sich plötzlich in einer Situation befunden, in der er seiner Aufgabe nicht gerecht werden konnte. Hinzu kam der Stress, versagt zu haben. Das passierte ihm nicht oft. Er versagte normalerweise nicht – und nahm es alles andere als leicht, wenn es doch passierte.
Den Gedanken, sein Gefühlsausbruch könne auf persönlicher Ebene mit ihr zu tun haben, schob sie weit von sich. Solche Gedanken waren viel zu gefährlich.
Emily seufzte. Der ganze Abend war eine einzige Qual gewesen.
Alex hatte um ihre Hand angehalten.
Sie hatte sich schon länger davor gefürchtet, und als er schließlich die Frage tatsächlich stellte, war das einerseits angenehmer, andererseits unangenehmer gewesen, als sie gedacht hatte. Angenehmer, weil er überhaupt nicht überrascht wirkte, als sie ihm sagte, sie brauche Zeit, darüber nachzudenken. Unangenehmer, weil Alex während des gesamten Gesprächs nicht ein Mal von Liebe gesprochen hatte. Er wollte sie heiraten, aber nicht weil er sie liebte, sondern weil er der Meinung war, sie sei die vollkommene Ehefrau für ihn.
Einerseits war das gut. Einen Mann zu verraten, der sie nicht liebte, bereitete ihr wenigstens keine Schuldgefühle. Andererseits war sie seltsam niedergeschlagen. Sie wollte geliebt werden. Auch Jim hatte sie nicht geliebt, und sie begann sich zu fragen, ob ihr jemals ein Mann begegnen würde, der sie liebte.
Sie war wirklich froh gewesen, kein Mikrofon am Körper zu haben. Wenn Jim ihre Unterhaltung mit Alex hätte mitanhören können, hätte sie das kaum ertragen. Es würde ihr schon schwer genug fallen, ihm von dem lieblosen Heiratsantrag nur zu erzählen.
Sie erhob sich aus dem Bett und nahm ihre Strandtasche aus dem Schrank. Sie und Alex hatten absichtlich nicht geplant, einander vor dem nächsten Samstag wieder zu sehen. Das machte es ihr leichter. Sie benötigte eine Auszeit, und zwar dringend.
Die Dinge, die sie brauchte, waren schnell zusammengesucht: Badeanzug, Unterwäsche, eine zweite Shorts und ein T-Shirt. Hastig stopfte sie die Sachen in die Tasche und zog sich an.
Mit der Tasche in der Hand ging sie ins Bad. Sie wusch ihr Gesicht, kämmte sich, putzte sich die Zähne und packte alles Sonstige ein, was sie brauchte, um ein paar Tage wegzufahren.
Dann atmete sie tief durch, öffnete die Badezimmertür und ging hinüber ins Wohnzimmer.
Jim saß auf der Couch und starrte in seinen Kaffee. Er sah grauenvoll aus. Emily hätte darauf wetten mögen, dass er sich die ganze Nacht schlaflos hin und her gewälzt und innerlich dafür verdammt hatte, versagt zu haben, kein vollkommener Polizist zu sein. Als er aufschaute, zwang er sich jedoch zu einem Lächeln.
„Hey“, sagte er. „Guten Morgen. Auf dich wartet frisch gebrühter Kaffee.“
Emily stellte ihre Badetasche an der Tür ab und ging in die Küche, um sich einen Becher einzuschenken.
„Emily …“ Sie zuckte zusammen und schüttete sich den heißen Kaffee über die Hand.
Jim fluchte leise, stellte seinen eigenen Becher auf die Arbeitsplatte, ging zum Waschbecken und drehte das kalte Wasser auf.
„Du hast mich erschreckt“, beschwerte sie sich. „Ich habe nicht gehört, dass du mir gefolgt bist.“
„Tut mir leid.“ Jim griff nach ihrer Hand, um sie unter den kalten Wasserstrahl zu halten, aber Emily schüttelte abwehrend den Kopf.
„Es ist doch nichts passiert.“
Er nahm ihre Hand trotzdem. „Mir zuliebe.“
Das Wasser war kalt, ein seltsamer Gegensatz zu der Wärme seiner Hand. Sie schaute auf und stellte fest, dass er sie ansah. Hastig wandte sie den Blick ab. Aber er stand viel zu nah bei ihr. Seine Haare waren noch feucht. Sie konnte das Shampoo riechen, das er benutzt hatte, und das herb duftende Duschgel. Außerdem hatte er sich rasiert. Sein schmales Gesicht war glatt und wirkte seltsam verletzlich ohne die Bartstoppeln, die ihm sonst das Image des harten Kerls verliehen. Für einen Moment verspürte sie den Drang, mit der Hand seineWange zu berühren – und gab ihm nicht nach.
Als er sich vorbeugte, um den Wasserhahn wieder zuzudrehen, riskierte sie erneut einen kurzen Blick in sein Gesicht. Er wirkte gedankenverloren, schaute ins Leere, als er ihr ein Handtuch reichte.
„Ich muss dir erzählen, was letzte Nacht passiert ist“, sagte sie, während sie sich die Hände abtrocknete.
Jim reagierte sofort, schaute ihr aufmerksam in die Augen. „Nein, das musst du nicht“, sagte er leise. Dann lächelte er, gezwungen und ein wenig zittrig, aber trotzdem freundlich. In seinen
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