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Nicht schießen, Johnny!

Nicht schießen, Johnny!

Titel: Nicht schießen, Johnny! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ball
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eigentlich - für uns oder gegen uns?«
    Ein Bleistift zerbrach zwischen Virgils Fingern. »Das hat nichts damit zu tun, und du bist alt genug, um das zu wissen. Wenn du unbedingt auf einer bestimmten Farbe bestehst, mal mich blau - ich bin nämlich Polizeibeamter.«
    »Soll das heißen, daß Sie den weißen Jungen laufenlassen?« Luellas Stimme hob sich am Ende des Satzes.
    »Nein, selbstverständlich nicht. Keiner, der hier bei uns einen abknallt, kommt damit durch. Aber ein Mordfall ist erst dann abgeschlossen, wenn er geklärt ist, und was das betrifft ...« Ein Schatten huschte über sein dunkles Gesicht, und das, was er hatte sagen wollen, blieb unausgesprochen. Statt dessen fügte er ruhig hinzu: »Ein solches Ansinnen dürft ihr mir - dürft ihr keinem Polizeibeamten stellen. Ich muß mich über euch wundern.«
    »Schauen Sie«, sagte Sport, »ich bin in unserem Viertel der Boß, fragen Sie, wen Sie wollen. Schnappen Sie sich den Kleinen, und ich kann viel für Sie tun - für die Cops, meine ich. Ich will nicht, daß noch jemand draufgeht. Vielleicht kann ich Ihnen helfen, huh?«
    »Fein«, antwortete Tibbs, »das ist ein Wort. Du kannst gleich damit anfangen. Sag deinen Leuten, falls einer von ihnen den Jungen ausfindig macht, soll er gar nicht erst versuchen, ihn zu überwältigen, sondern mich anrufen. Ich werde dafür sorgen, daß du den ganzen Ruhm dafür einstreichst, aber deine Leute sind zu wertvoll, um erschossen zu werden, okay?«
    Dempsey grinste breit. »Abgemacht.«
    Sobald er mit seiner Freundin abgezogen war und die Bürotür hinter sich zugemacht hatte, sagte Bob Nakamura kopfschüttelnd: »Virg, der Schmonzes, daß seine Leute zu wertvoll seien, um erschossen zu werden, war klassisch.«
    »Es war Schwulst, stimmt aber trotzdem.«
    »Freilich, und es ist ihm eingegangen wie Honig. Übrigens glaub ich nicht, daß er so dämlich ist, wie er tut.«
    »Bestimmt nicht.« Tibbs griff nach dem Telefonhörer, verlangte das Archiv und bat, falls vorhanden, um Unterlagen über Charles Dempsey, achtzehn Jahre, Neger und selbsternannter Führer einer Jugendgruppe. Dann rief er in der MTA- Buszentrale an und erkundigte sich nach dem Fahrplan der Linie, die in der Nähe des Hotchkiss-Hauses verkehrte. Die Auskunft bestätigte seine Vermutung; etwa zum Zeitpunkt des Schusses war ein Bus durchgefahren. Der nächste Bus folgte im Abstand von einer Stunde.
    Wenig später erhielt er den gewünschten Auszug aus der Strafkartei. Charles Dempsey hatte sechsmal gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen, hatte sich zwei Vorladungen widersetzt und war vor vierzehn Monaten unter dem Verdacht des schweren Raubes festgenommen worden. Im letzteren Fall hatte er ein Alibi geliefert, das sich als stichhaltig erwiesen hatte. Beim Verhör hatte er sich auf die notwendigsten Angaben zur eigenen Person und für sein Alibi beschränkt und ansonsten die Aussage verweigert.
    Tibbs machte im Geiste einen Überschlag. Verkehrsvergehen, Widerstand gegen eine Vorladung waren nur zu verbreitete Delikte - sie kamen in den besten Familien vor. Kein Mensch mag Strafzettel. Da sich das Alibi als zutreffend erwiesen hatte, fiel die Anschuldigung des bewaffneten Raubs flach. Das Ganze lief auf sechs kostenpflichtige Verwarnungen hinaus, von denen zwei ihn auf die Palme gebracht hatten. Alles in allem ein durchaus befriedigendes Ergebnis bei einem Jugendlichen, der aus einer sozial benachteiligten Umgebung stammte.
    Das Telefon läutete. »Mr. Tibbs, bitte«, sagte eine männliche Stimme.
    »Am Apparat.«
    »Berth Furthman, Mr. Tibbs. Sie bearbeiten doch den Fall des Jungen mit dem Revolver?«
    »Ja.«
    »Dann habe ich vielleicht was für Sie. Ich bin Busfahrer bei der MTA. Gestern abend gegen halb zehn nahm ich einen Jungen mit. Er kam angerannt und erwischte den Bus gerade noch rechtzeitig. Es konnte der Junge gewesen sein, den Sie suchen. Ich habe nämlich eben im Radio gehört, daß der Junge mit dem Revolver eine abgetragene rote Jacke anhat, und genau so eine Jacke hatte der Kleine von gestern abend an. Ich habe mich gewundert, weil er noch so spät und ganz allein unterwegs war, aber ich dachte, er führe nach Hause.«
    »Natürlich. Wissen Sie noch, wo er ausgestiegen ist?«
    »Kurz vor der Endstation - ungefähr einen halben Block von der Stelle entfernt, wo der farbige Junge getötet wurde.«
    »Vielen Dank, Mr. Furthman«, sagte Virgil. »Ihre Angaben sind mir eine große Hilfe.« Er notierte sich Adresse und Telefonnummer des

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