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Nicht schießen, Johnny!

Nicht schießen, Johnny!

Titel: Nicht schießen, Johnny! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ball
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Geduld am Ende. Er war schließlich nicht dazu da, um sich von diesem lästigen Bengel auf der Nase herumtanzen zu lassen. Wenn vernünftiges Zureden nichts half, würde er eben handgreiflich werden müssen. Er ging ruhig auf Johnny zu, um ihn am Kragen zu packen und fortzujagen. In Johnnys Augen war das das Kampfsignal. Er dachte nicht mehr an Tom Satriano, sondern nur noch an den Gegner, den er um jeden Preis besiegen mußte. Er haßte diesen Menschen von ganzem Herzen - erinnerte sich aber dennoch des Negerjungen. Er zögerte - der Mann kam immer näher - da durchzuckte ihn wie ein Blitz die rettende Antwort: er zielte mit dem Revolver über den Kopf seines Gegners und drückte ab.
    Die Detonation war in dem engen Tunnel gewaltig. Einen Moment lang glaubte Johnny, ihm wäre das Trommelfell geplatzt. Dann sah er zu seiner äußersten Bestürzung, wie der Mann platt auf den Bauch fiel. Er sank nicht allmählich zu Boden wie der Negerjunge, sondern kippte um wie ein Stück Holz. Johnny verlor den Verstand; mit einem hysterischen Schrei machte er kehrt und raste davon.
    Im Klubhaus dicht dabei hörte Tom Satriano den Schuß und sprang auf. Die Unterhaltung in dem großen Raum verstummte, denn alle Spieler waren inzwischen über Johnny McGuire im Bilde und warteten auf sein Erscheinen.
    Oben an der Treppe hörte auch Virgil Tibbs den Schuß. Er machte einen Satz und rannte die Stufen hinunter.
    Johnny raste den Korridor entlang, mit gezücktem Revolver und fest entschlossen, ihn zu benutzen, wenn es sein mußte. Sein neuer Hut flog ihm vom Kopf, und er merkte es nicht einmal. Er war nur noch ein von wilder Panik erfülltes, gehetztes, in die Enge getriebenes Tier, das alle Kräfte anspannt, um irgendeinen Zufluchtsort zu erreichen.
    Keuchend, mit schmerzenden Lungen stürmte er aus dem dämmrigen Tunnel ins grelle Sonnenlicht. Er mußte einen Moment stehenbleiben, um Atem zu schöpfen und sich zu orientieren. Das gigantische, jetzt menschenleere Stadion ragte um ihn auf wie eine überdimensionale Falle. Er überblickte das Spielfeld, die Tribünen auf der anderen Seite. Es hatte keinen Zweck; das würde er nie schaffen.
    Das Tor zur Box für die Reservespieler stand offen; er holte tief Luft und flitzte hindurch. Doch durch das Tor auf der anderen Seite sah er nur eine öde Ebene und die betonierten Ufer eines ausgetrockneten Flusses, wo es nicht das kleinste Versteck für ihn gab. Dann fiel ihm das A-förmige Gerüst ins Auge und am Fuß der Gleitschiene die kleine Wartungskabine, in der der Mechaniker bis zur Anzeigetafel und noch höher hinauf bis zum Heiligenschein, dem Symbol des Teams und des Stadions, fahren konnte.
    Blindlings rannte Johnny hinüber und sprang in die Kabine. Er klappte die Tür zu, was ihm ein gewisses Gefühl der Sicherheit gewährte, und studierte einige Sekunden lang den einfachen Steuerungsmechanismus. Dann blickte er sich um und erspähte zwei uniformierte Polizeibeamte, die gerade um den Rand der Tribüne bogen und auf ihn zurasten. Sie waren bereits gefährlich nahe, und bewaffnet waren sie auch. Er zauderte nicht länger, drückte auf den Hebel und spürte, wie die Kabine sich vom Boden abhob. Sie bewegte sich nicht besonders schnell aufwärts, aber er konnte beobachten, wie die Erde unter ihm zurückwich, und er wußte, daß er einen Zufluchtsort gefunden hatte, wo er vor seinen Feinden sicher war.
    Er kam an der riesigen Anzeigetafel vorbei, sah sie versinken, während er höher hinaufschwebte. Dann schaute er über den Rand der Kabine und wurde von heftigem Schwindel gepackt. Die Tiefe schien ihn anzusaugen. Er kniff die Augen zu, blickte dann nach oben und merkte, daß der Heiligenschein viel näher war als vorher. Er raffte all seinen Mut zusammen, schob den Hebel in die Ausgangsposition, und die Kabine stoppte. Zwischen Himmel und Erde hing er nun. Ihn schauderte, seine Knie schlotterten, und es wurde ihm schwarz vor den Augen.

14. Kapitel

    Im Laufschritt versuchte Virgil Tibbs, dem Geräusch des Schusses zu folgen, aber zwischen den Betonwänden und im Labyrinth der Tunnels pflanzte sich das Echo fort und hallte aus den verschiedensten Richtungen wider. Leute liefen herbei, Spieler im Baseballdreß, ein Mann im Straßenanzug, zwei besorgte Polizisten. Sie trafen an der Stelle zusammen, wo der Platzanweiser noch immer platt auf dem Bauch lag. Der Trainer der Angels, ganz in Weiß, kam mit einem Erste-Hilfe-Kasten angaloppiert. In seinem Kielwasser folgten zwei Männer mit einer

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