Nicht schießen, Johnny!
zusammengerollten Trage.
Als der Trainer den Mann auf dem Boden mit fachmännischem Griff abzutasten begann, kam der Platzanweiser allmählich wieder zu sich. Er richtete sich auf Hände und Knie auf, schüttelte verwirrt den Kopf und stellte sich mit Hilfe des Trainers auf die Beine.
»Sind Sie verletzt?« erkundigte sich der Mann im Straßenanzug ängstlich.
Der Platzanweiser fuhr sich mit den Händen übers Gesicht; er war sichtlich ziemlich angeschlagen; der Trainer zerbrach eine Ampulle und hielt sie ihm unter die Nase. »Ich - ich glaube nicht.«
»Was war los?«
»Ein Junge schoß auf mich.«
»Wo ist er?«
»Er rannte weg.«
»Wie kam es dazu? Reden Sie schon«, drängte der Mann im Straßenanzug.
Der beißende Geruch aus der Ampulle half dem Platzanweiser, seinen Schock zu überwinden. »Also, zuerst traf ich den Jungen oben. Er wollte hier ’runterkommen, und ich sagte ihm, das sei verboten. Als ich selbst ’runterging, tauchte er wieder auf - von dort.« Er zeigte in die Richtung.
»Weiter?«
»Also, wie gesagt, der Junge kam durch den Tunnel. Er sagte, er wolle zum Klubhaus, und dann sagte er noch was über Tom Satriano.«
Virgil biß erbittert die Zähne zusammen, er hätte sich prügeln mögen. Alles hatte er bedacht, nur nicht, daß jemand den Jungen zurückhalten könnte.
»Ich sagte ihm, ich dürfe ihn nicht durchlassen, und da wurde der Kleine eklig. Er war wie’n Cowboy angezogen. Er zog ein Schießeisen, das ich für ’ne Zündplättchenpistole hielt, und drohte mir damit. Ich ging auf ihn zu, und er drückte ab; das Schießeisen war echt, und ich verstehe nicht, wieso er mich verfehlt hat. Ich kippte aus den Pantinen, und der Junge rannte weg. Das ist alles.«
»Hat er Ihrer Meinung nach auf Sie gezielt, als der Revolver losging?« fragte Tibbs.
»Direkt auf mich. Ich verstehe, wie gesagt, nicht, wieso er mich nicht getroffen hat.«
Der Sergeant der Stadionpolizei kam, dicht gefolgt von Mike McGuire, den Korridor entlanggetrabt. »Der Junge!« rief er.
»Der Junge ist oben auf dem großen A. Die Wartekabine war offen. Er ist eingestiegen und ein ziemliches Stück ’raufgefahren. Wir können die Kabine von hier unten nicht bedienen, aber meine Männer machen das schon.«
»Nein!« warf Mike McGuire scharf ein. »Sie könnten ihm weh tun. Überlassen Sie das mir.«
Virgil Tibbs schaltete sich mit ruhiger, aber bestimmter Stimme ein. »Wenn Sie gestatten, übernehme ich das Kommando: dies ist ein ganz spezieller Fall.« Er sah den Sergeant an. »Ich weiß Ihren Namen nicht.«
»Wilson.«
»Sergeant Wilson, ich weiß, Sie sind hierfür zuständig, aber ich kenne den Jungen inzwischen recht gut, und ich glaube, ich verstehe ihn.«
»Darf ich fragen, wer Sie sind?« sagte der Mann im Straßenanzug.
»Virgil Tibbs, Polizei von Pasadena. Dieser Junge ist unser Problem, und ich bearbeite den Fall.«
»Ted Bowsfield ist mein Name; ich bin der Stadionmanager der Angels.«
Tibbs begnügte sich mit einem Nicken, um Zeit zu sparen. »Der Junge ist nicht gefährlich; der Bericht Ihres Platzanweisers ist nicht ganz korrekt. Er hat allerdings einen tüchtigen Schock abbekommen. Ich glaube, wenn Sie mir alle helfen, kann ich den Jungen herunterlocken.«
»Dann ran an die Gewehre! Wir sind dabei.«
Mehr wollte Virgil nicht hören; er flitzte die Treppe hinauf und orientierte sich mit einem raschen Blick über die Situation. Dann kehrte er zurück und besprach sich mit Wilson. »Wir haben ein bißchen Zeit«, sagte er. »Für den Moment sitzt der Junge fest - Gott sei Dank. Hoffentlich bleibt’s dabei! Also, Sergeant, bitte, sagen Sie Ihren Männern, sie möchten vorläufig in Deckung gehen, damit der Junge sie nicht mehr sieht; vielleicht beruhigt er sich dann etwas. Und stellen Sie einen Mann an den Hauptschalter für die Wartungskabine, und sorgen Sie auch dafür, daß wir ihn notfalls schnell benachrichtigen können.«
»Gut. Was sonst?«
»Der Tunnel muß gründlich durchsucht werden; vielleicht hat der Junge, während er davonlief, den Revolver weggeworfen. Ich werde mich draußen umsehen.«
Mike McGuire packte Tibbs am Arm. »Sie reden und reden, und währenddessen hängt mein Junge an dem Mast. Jemand muß ’raufklettern und ihm helfen. Ich tu’s; auf mich schießt er nicht.« Er ließ Tibbs los und setzte sich in Bewegung; nach ein paar Schritten fing er an zu rennen. Virgil rannte neben ihm her, bis sie beide in den grellen Sonnenschein hinausstürzten. Unter dem
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