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Nicht schießen, Johnny!

Nicht schießen, Johnny!

Titel: Nicht schießen, Johnny! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ball
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Eine neue Rampe tauchte auf, und sie rollten zum dritten Rang empor.
    Ganz oben war die Aussicht durch eine solide Betonmauer versperrt. Sie fuhren etwa dreißig Meter an ihr entlang, und dann stoppte Bowsfield den Karren. Er schloß eine Tür am Ende der Mauer auf und ging, ohne sich mit Förmlicheiten aufzuhalten, als erster hindurch. Tibbs folgte ihm und stellte fest, daß sie sich nun, hoch oben über dem Spielfeld, auf den für Funktionäre und leitende Angestellte reservierten Plätzen befanden. Eine Anzahl von Leuten hatte sich hier versammelt; alle beobachteten schweigend das Drama, das sich vor ihren Augen abspielte. Ein Blick hinüber zum stählernen Gerüst und der Wartungskabine sagte Virgil, daß sich in den letzten fünf Minuten dort nichts verändert hatte.
    Bowsfield berührte ihn an der Schulter; er drehte sich um und sah sich einem stämmigen Mann gegenüber, den er sofort erkannte. »Das ist Virgil Tibbs«, sagte Ted rasch und fügte hinzu: »Gene Autry.«
    Sobald die zwei Männer sich die Hand geschüttelt hatten, ergriff Tibbs das Wort. »Mr. Autry, Sie haben vor einiger Zeit, bei einem persönlichen Auftritt, mit dem kleinen McGuire kurz gesprochen. Seitdem sind Sie sein Held, und er vertraut Ihnen restlos. Wollen Sie uns helfen?«
    »Gern. Was kann ich tun?«
    »Sir, haben Sie zufällig Ihre Cowboyausstattung hier im Stadion? Oder wenigstens einen Zehn-Gallonen-Hut?«
    Der Vorstandsvorsitzende der Angels musterte ihn forschend. »Ich habe seit Jahren keinen Film mehr gedreht.«
    »Sie vergessen das Fernsehen, Sir. Johnny McGuire, der Junge da oben, hat Sie öfters auf dem Bildschirm gesehen. Für ihn sind Sie der größte Cowboy aller Zeiten.« Virgil holte tief Luft. »Das gilt übrigens für uns beide.«
    Gene Autry verstand; er ging zum Telefon, das in einer Wandnische untergebracht war und hob den Hörer ab. »Verbinden Sie mich mit Disneyland«, sagte er.
    Tibbs wartete stumm neben Ted Bowsfield, während die Verbindung mit dem Verwaltungsbüro des Vergnügungsparks hergestellt wurde.
    »Gene Autry, ich spreche aus dem Stadion. Ich brauche etwas, und ich brauche es schnell. Schickt mir ein Pferd ’rüber, gezäumt und gesattelt; wenn’s geht, einen Fuchs mit weißer Blesse, der für Champion gehalten werden könnte.«
    Er lauschte einen Moment lang.
    »Ganz recht, es ist mir egal, wem Sie’s wegnehmen - es handelt sich um einen Notfall, und es eilt. Bitte, schickt mir das Pferd so schnell wie möglich ’rüber, und zwar zum Haupteingang. Die Kosten spielen keine Rolle.«
    Er legte auf. »Das geht in Ordnung«, sagte er und sah dann Tibbs an. »Glauben Sie, daß es was nützt?«
    »Bei Ihrer Begegnung mit dem Jungen nannten Sie ihn Ihren Kumpel«, antwortete Virgil. »Er hat so gut wie gar keine Freunde; für ihn war das fast wie die Stimme Gottes.«
    »Ich habe früher immer ein Lied gesungen, das ganz gut hier herpassen würde«, sagte Autry und ging voran, zwischen den Bänken hindurch, auf den Bürotrakt zu.
    »Back in the Saddle Again« , zitierte Tibbs.
    Autry blickte sich zu ihm um. »Sie erinnern sich daran?«
    »Ich war ja auch mal ein Junge, Sir, und es ist noch gar nicht so lange her. Ein Negerjunge im tiefen Süden, aber das machte keinen Unterschied.«
    Der Vorstandsvorsitzende der Angels führte sie in sein Büro. Er zog sein Jackett aus und warf es über einen Stuhl. Dann öffnete er eine Schranktür. »Vor Jahren - es war in Boston, glaube ich - wollte mich ein Junge, der im Krankenhaus lag, sehen. Ich besuchte ihn - im Straßenanzug. Er warf einen Blick auf mich und fing an zu weinen. Dann sagte er, ich sei nicht Gene Autry, denn Gene Autry sei doch ein Cowboy. An dem Tag habe ich etwas gelernt; heute könnte mir das nicht mehr passieren.«
    »Wie wär’s, wenn wir draußen warteten?« schlug Virgil vor.
    Acht Minuten später kam Gene Autry sporenklirrend zu ihnen heraus; die Absätze seiner Cowboystiefel klapperten über den Beton. Virgil musterte ihn, und das Herz ging ihm auf; wenn das nicht half, dann half nichts auf der Welt. »Bin eben zwanzig Jahre jünger geworden«, sagte er.
    Autry sah ihn verschmitzt an. »Sie mögen vielleicht nicht der beste Detektiv sein, den Pasadena hat, obwohl ich das fast glaube, aber Sie sind ein verdammt guter Psychologe. Gehen wir.«
    Ted Bowsfield lenkte den Elektrokarren über die Rampe hinunter; Gene Autry saß neben ihm, Virgil hielt sich hinten fest. Als sie unten ankamen, war das Pferd noch nicht eingetroffen. Sie stiegen vom

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