Nicht schon wieder Champagner! - The Ex-Debutante
überraschte. »Was meinst du?«
»Hast du Ben jemals verführt?«
»Eh - nein.«
»Savannah, wir leben nicht mehr in den Fünfzigerjahren.«
Obwohl ich meiner Schwester anmerkte, dass sie beleidigt protestierten wollte, verzichtete sie darauf, weil sie sich viel zu sehr für Janice’ Tipps interessierte. »Heißt das - ich soll mich in einen durchsichtigen Sari wickeln und ihm die Tür öffnen, wenn er abends nach Hause kommt?«
Darüber musste ich lachen. Sorry.
Janice und Savannah starrten mich missbilligend an. »Moment mal«, verteidigte ich mich, »sie lebt im selben Haus wie ihre Mutter, ihr Bruder, ihre Schwägerin, vier Kinder - und jetzt ich. Also würde es etwas seltsam wirken, wenn sie in einem durchsichtigen Sari die Tür öffnet.«
»Stimmt«, bestätigte Janice. »Aber es wäre der richtige Ansatz. Du musst eben andere Mittel und Wege finden, um dein Ziel zu erreichen, Savannah. Sicher ist es schwierig, inmitten so vieler Leute erotische Gefühle zu entwickeln«, gab sie zu. »Okay, am besten geht ihr aus und betrinkt euch. Und wenn Ben vom Tisch aufsteht, folgst du ihm.«
»Wenn er aufsteht?«, fragte meine Schwester verwirrt.
»Ja. Wenn er rausgeht, um eine Zigarette zu rauchen.«
»Er raucht nicht.«
»Dann begleite ihn, wenn er zur Bar geht und noch was trinken will.«
»Darum kümmern sich die Kellner.«
Janice stöhnte ungeduldig. »Heiliger Himmel, dann geh ihm eben zur Herrentoilette nach!«
»Unmöglich! Das kann ich nicht!«
»Doch.« Gleichmütig zuckte Janice die Achseln. »Das kannst du. Wenn dich ein anderer Mann da drin sieht, verschwindet er, sobald er merkt, dass du nicht auf ihn wartest.«
»Offenbar hast du einschlägige Erfahrungen gesammelt«, warf ich ein.
»Nun …« Janice lächelte teuflisch. »Sagen wir mal,
dein Bruder wird die Herrentoilette vom Bubba’s BBQ an der Sixth Street in Austin niemals vergessen.«
Savannah und ich verdrehten die Augen. »Oh!«
Im Zusammenhang mit meinem Bruder wollte ich nicht an Sex denken. Trotzdem musste ich schon wieder lachen. »Savannah wird ihrem Mann niemals in eine Herrentoilette folgen«, prophezeite ich. »Allein schon wegen des Gestanks.«
»Dann soll sie sich eben eine gepflegte Herrentoilette aussuchen. Oder so was Ähnliches. Damit’s irgendwie abartig wirkt. Keine Ahnung, warum, aber die Männer sind ganz verrückt nach abartigem Sex.«
»Also, mein Ben nicht«, betonte Savannah.
Janice seufzte. »Versuch’s einfach mal. Ich wette, er wird dich in eine WC-Kabine zerren, und dann wirst du gar nicht mehr merken, wo du bist.«
Diesmal errötete Savannah. Aber ich las in ihren blauvioletten Augen, dass sie bereits eine Verführung plante.
Ich glaube ganz fest an Grenzen. Die muss man festlegen. Andere Leute müssen sie respektieren. Und ich achte stets darauf, dass niemand meine Grenzen überschreitet und meine perfekt geordnete Welt durcheinanderbringt.
In Boston war das ganz einfach. Um sechs Uhr aufstehen, um sechs Uhr fünfundvierzig ins Fitnesscenter, um neun ins Büro, um zehn ins Gerichtsgebäude, Arbeit bis lange nach Sonnenuntergang, Abendessen in meiner winzigen Küche mit Phillip, Diskussionen über unsere jeweiligen Fälle, bei Kerzenlicht und gutem Rotwein. Dieses
Leben liebte ich, ein ruhiges, einfaches Leben. Wenn es schneite, wickelte ich mich in eine Decke und las ein Buch. Und im Sommer, der einem texanischen Frühling glich, genoss ich die Picknicks am Charles River.
Ich hatte mir in Boston ein Leben aufgebaut, das meiner Karriere nützte und mir außerhalb der Anwaltskanzlei inneren Frieden schenkte. In Willow Creek war es viel mühsamer, meine Grenzen zu sichern. Niemand aus meiner alten Welt schien meine Überzeugung zu teilen, es wäre notwendig, für eine geordnete Welt innerhalb gewisser Grenzen zu sorgen.
Aber ich war ein entschlossener Soldat und zeichnete immer wieder Linien in den Sand, mit der Beharrlichkeit des legendären Generals Patton mit seiner Panzerdivision im Zweiten Weltkrieg, bei der Schlacht von Bulge. Da meine Schwester allerdings über abartige Erotik reden wollte und meine Nichte meinen sorgsam vorbereiteten Debütantinnenball nutzte, um einen Pfahl ins leidenschaftliche feministische Herz ihrer Mutter zu bohren, hoffte ich inständig, ich wäre nicht General Custer am Little Big Horn.
Der erste Sonntag im März - der Tag, an dem die Namen der Debütantinnen bekanntgegeben werden sollten - rückte immer näher. Und so führten mich meine kriegerische
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