Nicht schon wieder Champagner! - The Ex-Debutante
fühlte.
»Hör auf damit«, würgte ich hervor.
»Womit?«
Zitternd hob ich einen Finger und zeigte auf sein Gesicht (verstecktes Fett, also wirklich). »Damit.«
»Ich habe doch gar nichts getan.«
»Was auch immer … Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest …«
»Natürlich.«
Ich wollte mich abwenden.
»Aber hilf mir zuerst, das zu verstehen«, bat er und stellte seine Kaffeetasse beiseite.
»Was denn?«, seufzte ich.
Eigentlich sah er so aus, als wüsste er selber nicht, was er meinte, und vielleicht interessierte ihn die Antwort auch gar nicht.
»Hör mal, keine freundschaftlichen Kontakte, okay?«, sagte ich, obwohl ich merkte, wie lächerlich das klang.
Prompt warf er den Kopf in den Nacken und lachte schallend. »Aber solche Kontakte können großen Spaß machen.« Er trat sogar näher zu mir, und da kam der alte Jack zum Vorschein, an den ich gewöhnt war. Gefährlich und wild, ja - allerdings nicht skrupellos …
Wie Zuckerwatte auf dem Jahrmarkt verklebte der Gedanke daran, welchen Spaß wir miteinander genießen könnten, mein Gehirn.
»Kein Spaß …« Beinahe schnürten diese Worte meine
Kehle zu. Eine weitere Komplikation während meines ohnehin schon schwierigen Aufenthalts in Willow Creek würde ich wirklich nicht brauchen.
»Komm schon!« Seine Lippen zuckten. »Nur ein kleines bisschen Spaß. Um alter Zeiten willen.«
»Nein. Kein Spaß.« Um meinem Protest Nachdruck zu verleihen, klopfte ich mit einer Fußspitze auf den Boden. »Zwischen uns gibt es Grenzen.«
Nun erlosch sein Grinsen. »Ach, du und deine Grenzen! Die sollte man manchmal wirklich überschreiten.« Er fluchte und zog mich an sich, unter meinen erhobenen Armen. In einer Hand hielt ich die Kaffeetasse, in der anderen den Donut. Dann küsste er mich.
Damit meine ich keinen flüchtigen Kuss auf die Wange. Nein, dieser überwältigende, besitzergreifende Kuss verschloss mir den Mund und benebelte meinen Verstand. Ich erschauerte, meine Grenzen lösten sich auf.
Einige Sekunden lang stand ich stocksteif da und fühlte, wie mein verräterischer Körper dahinschmolz. Immer leidenschaftlicher küsste er mich. Vielleicht stöhnte ich sogar.
Als er den Kopf hob (glücklicherweise ließ er mich nicht los, sonst wäre ich vielleicht zusammengebrochen), flüsterte er: »Wann wirst du endlich einsehen, dass das Leben nur Spaß macht, wenn’s chaotisch wird?«
Die Schritte, die sich näherten, hörte ich kaum. Jack schon, denn bevor er zurücktrat, hielt er mich fest, bis ich mein Gleichgewicht wiederfand. Dafür war ich ihm dankbar.
»Mr. Blair, Mr. Foley wird Sie jetzt empfangen.«
»Danke, Adele«, sagte er. Dabei schaute er mich immer noch an, und sein entnervendes Grinsen kehrte zurück. »Je chaotischer, desto besser.«
Ehe ich darauf reagieren konnte, ging er davon. Nicht dass mir eine passende Antwort eingefallen wäre. Auch in meinem Gehirn tobte das Feuerwerk, das er in meinem Körper entfesselt hatte, und ich verspürte den Impuls, ihm nachzulaufen und ihn zu ohrfeigen … Okay, in Wirklichkeit wollte ich an seine Brust sinken und ihn anflehen, mein Verlangen sofort zu stillen, mitten in diesem riesigen rosa Marmorpenis. Stattdessen - und darauf bin ich mächtig stolz - verdrängte ich meine verwerflichen Gedanken, hob eine Fußspitze und zog erneut meine Grenzen, diesmal viel energischer. Die Empfangsdame starrte mich an, als überlegte sie, ob sie die Sicherheitsbeamten rufen sollte.
8
In den nächsten drei Tagen zerbrach ich mir den Kopf. Wo sollte ich sieben Debütantinnen hernehmen? An meine Besprechung mit Isabel Foley erinnere ich mich nur vage. Aber ich entsinne mich, dass ich immer noch irgendwas von »Grenzen« murmelte, als ich aus ihrem Büro geführt wurde (Jack ließ sich nirgends blicken). Bedauernd hatte Isabel erklärt, das Debüt ihrer Tochter würde in New York stattfinden. Wie ich bald herausfand, arrangierten die Neureichen von Willow Creek (nachdem
die Crème de la Crème sie ein Jahrhundert lang geschnitten hatte) die Debüts ihrer Töchter in New York oder Paris, wo sie mit Hollywood-Leuten und verblassten Rockstars feierten.
Glücklicherweise hatten Janice und ich in der Willow-Creek-Stadtbibliothek diverse Ausgaben der Willow Creek Times und der Texas Monthly durchgeblättert und fünfzehn Namen gefunden. Reiche Familien, wenn auch ohne ehrwürdige Tradition. Von neuer Hoffnung erfüllt, vereinbarte ich Termine.
Mindestens einmal pro Tag rief Phillip an. Seine Stimme klang
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