Nicht schon wieder ein Vampir! (German Edition)
entgangen. »Wovon redest du eigentlich, Parrish?«
Er zuckte mit den Schultern. »Ich bin in deinen Augen anscheinend nicht der Typ für eine lange, glückliche Beziehung. Du hast ja nicht mal genug Vertrauen, um dich von mir beißen zu lassen. Hattest du noch nie!«
Aha. Ich hatte mich schon gefragt, wann er mir wieder mit diesem alten Argument kam. Nach unserem coitus interruptus hatte ich eigentlich schon früher damit gerechnet. »Das hat mit Vertrauen gar nichts zu tun! Wenn ich Blut spenden wollte, ginge ich zum Roten Kreuz.«
Sein Blick fiel auf den Fleck auf meiner Schulter. »Aber Sebastian hat dich irgendwie überredet.«
»Er hat sich Freiheiten bei uns herausgenommen«, fuhr ich ihn an. »Krieg dich wieder ein!«
Die Mischung aus Entsetzen und Verblüffung in Parrishs Gesicht veranlasste mich dazu, in Gedanken noch einmal zu wiederholen, was ich gerade gesagt hatte. Vermutlich hatte das »bei uns« ein bisschen verrückt geklungen, aber ich verstand beim besten Willen nicht, warum er mich ansah, als hätte ich ihn zu Tode erschreckt.
»Was?«, fragte ich.
Parrish hörte nicht auf, mich fassungslos anzustarren. Normale Menschen zu verschrecken, war eine Sache, doch ich hätte nie erwartet, einmal so entgeistert von einem Vampir angesehen zu werden. Dann fiel es mir schlagartig wieder ein: Parrish war Lilith noch nie begegnet.
»Oh«, sagte ich rasch, »habe ich ›bei uns‹ gesagt? Ich meinte natürlich ›bei mir‹.«
Er grinste etwas schmallippig, was mir schon viel besser gefiel als der erschrockene Gesichtsausdruck vorher. »Verstehe. Dann war es nur eine Art freudscher Versprecher, dass du mit zwei Stimmen gesprochen hast?«
Mit zwei Stimmen? Hatte SIE durch mich gesprochen? »Wie unheimlich.«
»Kann man wohl sagen.«
An dieser Stelle hätte ich ihm einfach die Geschichte erzählen sollen, wie ich in jener Nacht auf den Stoßtrupp des Vatikans getroffen war und Lilith aus dem Himmel herunter- oder aus der Hölle heraufgeholt hatte; je nachdem, wie man es sah. Doch ich starrte ihn nur stumm an, weil ich gar nicht wusste, wo ich anfangen sollte.
Parrish hatte keine Sekunde gezögert, als ich ihn um Hilfe beim Transport von ein paar schweren Sachen gebeten hatte, bei denen es sich, wie er hatte feststellen müssen, um Leichen handelte. Er hatte mir sogar geraten, sie mit der Mistgabel zu durchlöchern, damit die Gase, die bei der Verwesung entstanden, entweichen konnten. Er hätte mir auch die kalte Schulter zeigen können – besonders, da ich mich erst zwei Tage zuvor von ihm getrennt hatte –, aber er war wie ein Fels in der Brandung für mich gewesen; ein Fachmann in Sachen Mord, auf den ich mich verlassen konnte.
Bestimmt hatte er vermutet, dass ich magische Hilfe gehabt hatte, doch er hatte mir meine Geheimnisse gelassen. Er hatte keine Fragen gestellt; nicht einmal, als er die Messgewänder gesehen hatte … und das, was ich getan hatte.
Später hatte ich einer kleinen Meldung im Lokalteil des Star Tribune entnommen, dass der Sitz des Zirkels abgebrannt war, und ich hatte immer den Verdacht gehegt, dass Parrish etwas damit zu tun hatte. Ich hatte mich nicht dazu durchringen können, meine Freundinnen still und heimlich zu begraben. Es war mir wichtig gewesen, dass ihre Familien sie beerdigen konnten. Deshalb hatte ich darauf bestanden, sie dort liegen zu lassen, wo ich sie gefunden hatte. Parrish hatte als Gegenargument die polizeilichen Ermittlungen angeführt und gemeint, dass es der Wicca-Gemeinschaft nicht guttue, wenn sich die Sensationspresse wochenlang über diesen augenscheinlichen Massenmord mit okkultistischem Hintergrund ausließ, aber ich hatte so hysterisch angefangen zu heulen, dass er schließlich klein beigegeben hatte.
Nun saß Parrish auf der Couch und wartete geduldig darauf, dass ich etwas sagte, während er mich aufmerksam mit seinen hellblauen Augen studierte. An seiner Unterlippe war ein winziger Blutfleck, den ich mit dem Daumen wegwischte. »Was diese Nacht damals angeht …«, begann ich. »Hast du dich nie gefragt, wie ich das überhaupt gemacht habe? So viele Agenten zu töten, meine ich.«
Er rieb sich den Nasenrücken. »Ihnen wurde die Kehle herausgerissen.«
»Du hast gedacht, ich hätte es getan?«
»Du hast es getan, Garnet.«
»Mein Körper«, korrigierte ich. »Lilith hat sie getötet. Ich … habe Lilith gechannelt.«
Parrish nickte und schien nicht im Geringsten überrascht zu sein. Er strich sich die Haare hinter die Ohren und
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