Nicht schon wieder Liebe
neun Kunden zu bedienen, die heute Abend hier sind.« Dann verblasste ihr Lächeln schlagartig, und sie blickte ihm wieder in die Augen. »Und selbst wenn Sie vor lauter Arbeit nicht mehr gewusst hätten, wo Ihnen der Kopf steht ... nun ja, das würde mir zwar sehr Leid tun, aber ich hatte heute Abend trotzdem etwas Wichtigeres zu tun.«
»Ach ja? Sie hatten wohl ein heißes Date mit Ihrer Maniküre oder so was?«
»Nein, Cooper, das war der wichtige Termin, den ich eigentlich für gestern eingeplant hatte. Heute war ich damit beschäftigt, mit der Lehrerin und dem Schulleiter meiner Nichte zu sprechen und Lizzy nach Hause zu holen und sie wieder in ihrem eigenen Zimmer unterzubringen. Sie ist in letzter Zeit so viel herumgeschubst worden, dass es für ein ganzes Bataillon kleiner Mädchen reichen würde, und ich wollte nicht aus dem Haus gehen und sie allein lassen, kaum dass wir ihre Sachen eingeräumt hatten. Und deshalb bin ich noch dageblieben und habe etwas Zeit mit ihr verbracht. Und als Mrs. Martelucchi gekommen ist, habe ich noch mehr Zeit damit verbracht, dafür zu sorgen, dass Lizzy sich in ihrer Gesellschaft wohl fühlt, weil sie nämlich die Frau ist, die sich um sie kümmern wird, wenn ich arbeiten muss.«
»Mrs. Martelucchi? Die ältere Dame, die ein Stück weiter die Straße hinunter wohnt? Die mit den vielen Katzen?«
»Ja. Sie ist keineswegs unfähig, nur weil sie ein Haus voller Katzen hat, wissen Sie. Sie ist einfach nur einsam. Ihr Sohn ist im Golfkrieg ums Leben gekommen, er war der letzte Familienangehörige, den sie noch hatte. Marissa hatte sie mir empfohlen, und sie hatte Recht. Mrs. Martelucchi ist freundlich und nett, so zuverlässig wie eine Schweizer Uhr, und sie wird Lizzy liebevoll bemuttern. Und, offen gesagt, Cooper, Lizzy könnte es gut vertragen, mal ein bisschen bemuttert zu werden. Sie könnte auch ein bisschen mehr Fleisch auf den Rippen vertragen, und Mrs. Martelucchi macht ganz zufällig das beste Chicken Parmesan der Welt.« Sie schob sich eine Haarsträhne hinters Ohr, die ihr über die Wange gerutscht war. »Alles das stand heute bei mir auf dem Plan.«
»Hey!«, rief ein Mann an einem Tisch neben der Jukebox. »Kann uns hier wohl endlich mal jemand bedienen?«
Veronica schnappte sich ihre Geldkassette, zählte rasch das Wechselgeld im Inneren, legte sie auf ihr Tablett, zog es vom Tresen und stützte es an der Hüfte ab. »Wir unterhalten uns später weiter darüber.« Sie schob sich an Coop vorbei, ging um das Ende der Theke herum und eilte quer durch den Raum.
Er beobachtete ihren leichten Hüftschwung, während sie sich einen Weg zwischen den größtenteils leeren Tischen hindurch bahnte und auf den ungeduldigen Mann und seine Kumpane zusteuerte. Als sie sich über den Tisch beugte, um die leeren Gläser einzusammeln und den vollen Aschenbecher gegen einen sauberen von ihrem Tablett auszutauschen, musste Coop sich widerwillig eingestehen, dass er noch immer nicht so recht wusste, was er eigentlich von ihr halten sollte. Jedes Mal, wenn er glaubte, er hätte sie sauber eingeordnet, sagte oder tat sie etwas, was seine Einschätzung von ihr völlig über den Haufen warf. Er erwartete immer wieder eine Kopie ihrer Schwester, stattdessen schien sie eine ganz eigenständige und vollkommen andere Persönlichkeit zu sein.
Die Art, wie sie mit den Männern an dem Ecktisch umging, bestätigte seine Vermutung. Nach allem, was man so hörte, hatte Crystal ein aufreizendes Verhalten Marke »Kommt doch her und packt mich, Jungs!« an den Tag gelegt, wenn sie in der Bar gearbeitet hatte. Veronicas Benehmen dagegen war eher von der Sorte »Lass deine Pfoten von mir, Sportsfreund, sonst geb ich dir eins zwischen die Hörner!«
Coop hoffte nur, dass sie nicht mit ihrem Trinkgeld rechnete, wenn es darum ging, die Pacht für den Laden zu bezahlen.
Und er hätte zu gerne gewusst, was zum Teufel sie eigentlich beruflich machte. Sie hatte ihre Besorgnis um Lizzy so überzeugend vorgebracht, dass er ihr beinahe geglaubt hätte. Wahrscheinlich hätte er ihr das sogar voll und ganz abgekauft, wenn sie sich dazu herabgelassen hätte, nicht erst gestern in der Stadt aufzukreuzen. Wahrscheinlich war die Frau in ihrem außerfossilischen Leben Verkäuferin, und zwar eine mit beachtlicher Überzeugungskunst.
Er war sich jedoch nicht bewusst, wie groß seine Neugier tatsächlich war, bis Veronica mit der Bestellung zum Tresen zurückkehrte und er sich fragen hörte: »Was machen Sie
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