Nicht schon wieder Liebe
Veronica, während ihr Blick auf den Nippesgegenständen ruhte, die Lizzy sich aus der Sammlung ihrer Mutter ausgesucht hatte.
»Das Zimmer ist wun-der-schön geworden! Es ist sogar noch schöner als mein Zimmer in Daddys Haus! Ich will hier nie im Leben wieder ausziehen!«
Veronicas Magen zog sich zu einem Knoten zusammen. O Gott, was hatte sie da bloß angerichtet? Sie hatte zwar schon befürchtet, dass sie in dieser neuen Mutterrolle, die sie übernommen hatte, Mist bauen würde, aber dass das so schnell passieren würde oder dass sie derart großen Mist bauen würde, darauf war sie nun wirklich nicht gefasst gewesen.
Sie hatte lediglich etwas für Lizzy tun wollen, das ihr Freude machte und ihr das Gefühl vermittelte, dass sie ihrer Tante etwas bedeutete. Nun ja, die gute Nachricht war, dass ihr das anscheinend gelungen war. Die schlechte Nachricht hingegen - und das, was sie vorher überhaupt nicht berücksichtigt hatte - war, wie ihrer Nichte wohl zu Mute sein würde, wenn sie, Veronica, das »Zu verkaufen«-Schild an die Haustür hängte. Wie würde Lizzy reagieren, wenn sie ihr auftrug, ihre Sachen zu packen, weil sie in eine andere Stadt zogen und das Haus zurückließen, einschließlich des Zimmers, in dessen Renovierung und Neugestaltung Lizzy gerade eben noch so viel Mühe und Begeisterung investiert hatte?
Verdammt. Verdammt, verdammt, verdammt.
Was hatte sie sich eigentlich dabei gedacht? Hatte sie allen Ernstes geglaubt, wenn sie ihre Nichte nicht mit der Realität ihrer Situation konfrontierte, würde sich das Problem irgendwie von selbst oder ganz einfach in Wohlgefallen auflösen? Sie hatte in einer Traumwelt gelebt, ganz offensichtlich.
Und schlimmer noch, sie neigte noch immer dazu, das Problem zu verdrängen, denn sie war selbst jetzt noch zu feige, um es Lizzy zu sagen. Sie konnte es einfach nicht über sich bringen, dem Kind eine so herbe Enttäuschung zu bereiten, während Lizzy noch immer so voller Freude und Begeisterung war über das, was sie an diesem Tag vollbracht hatten.
Und daher tat Veronica das Nächstbeste. Sie rief Marissa an und sagte nur ein einziges, aus tiefster Seele kommendes Wort. »Hilfe!«
Am anderen Ende der Leitung herrschte eine Sekunde lang Schweigen. Dann fragte Marissa ruhig: »Wie schlimm ist es?«
»Ach, Gott.« Veronica lachte gepresst. »So schlimm, wie es überhaupt nur sein kann. Diesmal habe ich wirklich etwas Schreckliches angerichtet.«
»Ich bin sofort bei dir. Kinder!«, hörte Veronica Marissa rufen. »Helft mir mal eben, meine Autoschlüssel zu finden. Wir fahren zu -« Damit war die Verbindung unterbrochen.
Veronica legte wieder auf und starrte zum Vorderfenster hinaus, beobachtete bedrückt eine leere Coladose, die der Wind eine menschenleere Baker Street entlangrollen ließ. Zum Glück war heute Sonntag. Die Bar war geschlossen, eine Tatsache, für die Veronica ausgesprochen dankbar war, denn sie glaubte ehrlich gesagt nicht, dass sie es ertragen könnte, heute Abend ins Tonk hinüberzugehen. Nicht, wenn sie völlig am Boden zerstört war, weil sie eine so -
»Du bist keine lausige Mutter!«, sagte Marissa wenig später. »Du hast dir über diesen Aspekt der Sache bloß nicht genug Gedanken gemacht.«
Die Kinder waren nach oben gegangen, um Lizzys Zimmer zu bewundern, Coop war zum Glück entweder ausgegangen oder oben in seiner Dachwohnung, und die beiden Frauen hatten es sich auf dem Sofa im Wohnzimmer bequem gemacht. Veronica zog ihre Beine hoch, schlang die Arme um ihre Knie und stützte ihr Kinn darauf, als sie ihre Freundin ansah. »Genug Gedanken? Ich habe mir überhaupt keine Gedanken darüber gemacht! Und ich bin eine erbärmlich schlechte Mutter. Ich habe mir nicht einmal die Mühe gemacht, mich mit Lizzy hinzusetzen und mit ihr über Crystal und Eddie zu sprechen.« Sie packte eine Hand voll ihrer Haare und zerrte daran.
»Lass das! Ich kann das nicht mit ansehen, da läuft es mir kalt den Rücken herunter.« Marissa beugte sich vor und zog Veronicas Hand weg. »Herrgott noch mal, du wirst dir noch die Haare mitsamt den Wurzeln ausreißen!«
»Ich sollte sie auch einfach mit den Wurzeln ausreißen! Ich wusste, dass die schrecklichen Dinge, die in ihrem Leben passiert sind, nicht spurlos an ihr vorübergegangen sein können, dass sie tief im Inneren sehr darunter leiden muss, aber ich habe den Umstand, dass Lizzy nie geweint oder gejammert hat, für bare Münze genommen und einfach den Kopf in den Sand gesteckt. Aus den Augen,
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