Nicht schon wieder Liebe
aus dem Sinn, das ist meine Devise. Gott, Rissa, Lizzy ist gerade mal sechs Jahre alt, und trotzdem ist sie zehnmal reifer und erwachsener als ich.«
»Ganz zu schweigen davon, dass sie nicht annähernd so melodramatisch ist wie du«, gab Marissa trocken zurück. Sie stieß Veronicas Fuß mit ihrer Schuhspitze an. »Nun hör endlich auf, dir solche Vorwürfe zu machen! Zugegeben, du hast ein schwieriges Gespräch länger hinausgezögert, als du es hättest tun sollen, aber davon geht doch nicht gleich die Welt unter. Lass ihr eine Woche oder so Zeit, damit sie sich an ihrem neuen Zimmer freuen kann, und dann setz dich zu einer offenen Aussprache mit ihr zusammen. Das ist die Hauptregel für Eltern, weißt du. Wenn du einen Fehler gemacht hast, wartest du ganz einfach den richtigen Moment für ein klärendes Gespräch ab, und dann gibst du dein Bestes, um das Problem aus der Welt zu schaffen. Du kannst nur dann etwas wirklich Schlimmes anrichten, wenn du aufhörst, dich zu bemühen.«
Veronica fühlte wieder ein Fünkchen Hoffnung aufkeimen. »Du hast Recht - ich weiß, dass du Recht hast. Aber trotzdem graust mir davor, Lizzy sagen zu müssen, dass wir wegziehen. Sie wird alles andere als froh darüber sein, Dessa und Riley verlassen zu müssen - und nicht nur ihre besten Freunde, sondern auch die Stadt, in der sie von Geburt an gelebt hat.« Sie starrte ihre Freundin an, während sie ihre Gedanken zu ordnen versuchte, Trotzdem, für eine Sechsjährige ist sie ausgesprochen vernünftig, und der Umzug hat ja auch definitiv seine Vorteile. Zumindest wird in Seattle nicht jeder Hans und Franz über ihre Eltern Bescheid wissen, und das bedeutet, dass ihr in der neuen Schule niemand deswegen das Leben schwer machen wird. Und sie ist so ein Schatz, dass sie ganz bestimmt neue Freunde finden wird, aber bis es so weit ist, könnten wir ja übers Wochenende hierher zurückkommen, um ihr den Übergang leichter zu machen. Und wenn ich ihr sage, dass wir in meiner Wohnung in Seattle ein ebenso schönes Zimmer für sie herrichten, wird das ja vielleicht auch ein bisschen helfen, den Schmerz zu lindern.«
»Genau. Und es ist ja nicht so, dass du das Haus schon verkauft hättest, die Veränderung steht also nicht unmittelbar bevor. Und was ihr Zimmer betrifft - du kannst ihr ja versprechen, dass du ihr neues Zimmer in Seattle exakt genauso einrichten wirst wie dieses hier, wenn es denn unbedingt sein muss. Es gibt zum Beispiel kein Gesetz, das dir verbieten würde, diese wunderschöne Kommode mitzunehmen.« Marissa lächelte sanft. »Übrigens, das Rosenknospenmuster hast du wirklich prima hingekriegt.«
Veronica starrte ihre Freundin gerührt an. »Ach, Gott, Rissa, danke.« Sie wussten beide, dass sie nicht Marissas Kompliment über ihr Talent im Umgang mit der Zeichenschablone meinte.
»Nichts zu danken! So, und jetzt brauche ich deinen fachmännischen Rat. Das Dekorationskomitee kommt nämlich morgen zusammen, und Kody hat gesagt, wenn wir die Eisskulpturen draußen aufstellen würden, könnten wir sie wahrscheinlich lange genug kalt halten, dass sie das gesamte Winterfest über erkennbar bleiben, aber das drinnen im Saal zu versuchen würde zu kostspielig werden.«
»O Gott - Kody!« Veronica setzte sich mit einem Ruck auf. »An die Sache mit Kody hatte ich überhaupt nicht mehr gedacht! Habt ihr beide gestern Abend, nachdem ihr die Bar verlassen habt, wilden, heißen Sex gehabt?« Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. »Was rede ich denn da? Natürlich hattet ihr Sex. War Kody gut? Wirst du ihn wieder sehen?«
»Ja; Gott, ja; und ja - obwohl wir für das Letztere noch keine konkreten Pläne gemacht haben.«
»Ich nehme an, du hast nicht vor, dich ein bisschen ausführlicher über diesen ›Gott, ja‹-Teil zu äußern, wie?« Veronica zog fragend eine Braue hoch, dann grinste sie, als Marissa verschlossen blieb. »Nicht? Na schön, dann eben nicht, aber du musst wissen, dass ich dich glühend beneide. Haben die Kinder ihn schon kennen gelernt?«
»Nein. Er ist heute Morgen gegangen, bevor sie nach Hause zurückgekommen sind. Es ist mir zwar schwer gefallen, ihn gehen zu lassen, aber es musste sein. Männer, die über Nacht bleiben, sind eigentlich nicht so meine Sache, und, ehrlich gesagt, ich möchte auch nicht, dass Kody der Mann ist, der diese Tradition über den Haufen wirft - zumindest dann nicht, wenn meine Kinder zu Hause schlafen.« Bei dem Grinsen, das sie Veronica zuwarf, vertieften sich die Grübchen
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